Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
hier, der dem geheimnisvollen Silbernen Ritter
nicht mit Misstrauen, sondern mit echter Freundschaft
begegnete.
Lancelot erwiderte seine Umarmung und ließ es auch zu,
dass Parzifal ihm ein paar Mal so kräftig auf die Schultern
schlug, dass ihm die Luft wegblieb, ehe er sich mit sanfter
Gewalt von ihm löste und einen Schritt zurücktrat. Er
wandte sich zu dem Kirchenfürsten um und deutete eine
Verbeugung an. »Euer Exzellenz.«
»Sir Lancelot.« Der Bischof erwiderte sein Nicken und
streckte die rechte Hand aus, wobei er den Handrücken
nach oben drehte. Seine Hand war noch immer schwer von
Ringen, was überhaupt nicht zu seinem veränderten bescheidenen Äußeren passte. Lancelot starrte die Hand einen Moment lang verständnislos an, ehe er überhaupt begriff, was der Bischof von ihm erwartete.
Er griff nach seiner Hand und berührte sie flüchtig mit
den Lippen und der Bischof zog den Arm mit allen Anzeichen von Zufriedenheit zurück.
»Ich bin gekommen, um mich noch einmal und in aller
Form bei Euch zu bedanken, Sir Lancelot«, sagte er. »Ich
muss um Vergebung bitten, dass ich es vorhin verabsäumt
habe. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, hatte ich mich
schon darauf vorbereitet, meinem Schöpfer gegenüberzutreten.«
Lancelot sah dem kahlköpfigen Mann aufmerksam in die
Augen. Der Bischof lächelte und seine Worte klangen
durchaus ehrlich, und doch … wie schon am Morgen, als
er ihn das erste Mal gesehen hatte, spürte Lancelot etwas,
was an dem Mann nicht stimmte. Er konnte das Gefühl
jetzt so wenig in Worte fassen wie zuvor, aber es war noch
deutlicher geworden.
Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er sein Gegenüber anstarrte. Lancelot zwang sich zu einem Lächeln und sagte:
»Das verstehe ich gut, Exzellenz. Ich hatte auch Angst.«
»Ihr?« Der Bischof klang leicht überrascht. »Ein Ritter
von Eurem Ruf? Das ist schwer vorstellbar.«
»Ein Ritter, der keine Furcht kennt, wird zumeist nicht
alt genug, um sich einen Ruf zu erringen«, sagte Parzifal,
bevor Lancelot noch antworten konnte. Er warf Lancelot
einen raschen warnenden Blick zu und räusperte sich
dann. »Ich will nicht drängen, Euer Exzellenz, aber …«
»Ja, ja, ich weiß.« Der Bischof seufzte leise. »Unsere
Zeit ist knapp bemessen. Wie schön das Leben doch wäre,
hätte Gott der Herr dem Tag einige Stunden mehr gegeben, nicht wahr?« Er lächelte. »Aber dann würden wir ihn
sehr wahrscheinlich nur mit noch mehr Arbeit voll stopfen.«
Lancelot sah verwirrt vom Bischof zu Parzifal und wieder zurück.
»König Artus hat mich unterrichtet, dass Ihr bei der
Trauung morgen der Brautführer sein werdet«, sagte der
Bischof. »Es wäre mir lieb, wenn wir die Zeremonie vorher absprechen könnten, damit es keine Probleme gibt.
Immerhin werden viele Gäste von hohem Stand erwartet.«
Warum nicht?, dachte Lancelot. Er hatte sich ohnehin
schon gefragt, was er den ganzen Tag über tun sollte.
Ihm stand der Sinn nicht danach, den anderen Rittern zu
begegnen und mit ihnen in der Erinnerung an Abenteuer
zu schwelgen, die er gar nicht erlebt hatte.
»Vielleicht gehen wir hinunter in die Kapelle, in der die
Trauung stattfinden wird«, schlug Parzifal vor. »Der Bischof wollte sie sowieso sehen.«
    Die kleine Kapelle lag nicht nur außerhalb der Burg, sondern außerhalb der Stadt, und Lancelot konnte sich lebhaft
vorstellen, was Sir Mandrake und die anderen Ritter gesagt hatten, als sie von Artus’ Wahl erfuhren.
    Lancelot konnte ihn durchaus verstehen. Es gab eine
Anzahl Kirchen in Camelot, die viel größer und prachtvoller waren als diese einfache Kapelle, aber sie war es, die
Artus aufsuchte, wenn er allein sein wollte oder Kummer
hatte. Und zu ihr gehörte der bescheidene Friedhof, auf
dem all die Tafelritter ruhten, die im Kampf für Artus und
das Land auf dem Schlachtfeld gefallen waren. Darüber
hinaus hatte Merlin ihm einmal erzählt, dass sie das älteste
Gebäude weit und breit war.
    Lange bevor die Burg und die Stadt gegründet worden
waren, hatte es diese Kapelle gegeben, einen heiligen Ort
auf heiligem Boden. Aber die Kapelle und der Friedhof
waren nicht nur ein Ort voller Erinnerungen, sie waren
auch praktisch nicht zu verteidigen. Wenn die Pikten von
der bevorstehenden Hochzeit wussten – und sie wussten es
ganz bestimmt – und vielleicht einen Überfall planten,
dann bot sich dieser Platz geradezu an. Selbstverständlich
würde Artus geeignete Vorkehrungen treffen, aber innerhalb der

Weitere Kostenlose Bücher