Elbenschswert
er erleichtert, als Artus schließlich aufstand und erklärte, dass sie das Gespräch später am Tag
fortsetzen würden; schließlich habe er wie alle anderen
noch eine Menge mit den Vorbereitungen für den morgigen Tag zu tun und es sei auch ein wichtiger Gast auf der
Burg, um den er sich kümmern müsse. Der Bischof hatte
sich zwar in eines der Gästezimmer zurückgezogen, um
sich von den Strapazen der Reise und vor allem von den
Schrecken der zurückliegenden Stunden zu erholen, aber
ihn so lange warten zu lassen, grenzte fast an eine Beleidigung – und nichts lag Artus ferner, als einen so hohen Kirchenfürsten zu beleidigen. Die Ritter entfernten sich einer
nach dem anderen, doch als auch Lancelot gehen wollte,
machte Artus ihm ein verstohlenes Zeichen mit der Hand
zu bleiben.
»Ich danke Euch«, sagte er, nachdem sie allein waren
und er die Tür hinter dem letzten Ritter geschlossen hatte.
Lancelot war verwirrt, aber auch ein bisschen alarmiert.
Als Dulac, der Küchenjunge, hatte er seit über zehn Jahren
Dienst hier auf Camelot getan und er wusste, dass Artus
nie irgendwelche Geheimnisse vor seinen Rittern gehabt
hatte, sondern manchmal – vor allem nach einer durchzechten Nacht – mehr ausgeplaudert hatte, als gut war.
Nun aber hatte er das sichere Gefühl, dass das, was Artus
ihm zu sagen hatte, nur für seine Ohren bestimmt war.
»Ich wollte noch einmal allein mit Euch reden, Sir Lancelot«, sagte Artus und schon der Ton, in dem er begann,
bestätigte Lancelots Verdacht.
»Herr?«
Artus schüttelte den Kopf. »Wir sind unter uns, Lancelot. Noch dazu an einem Ort, an dem es so etwas wie
Herrn und Untergebene nicht geben sollte.« Er deutete auf
die Tafel, machte aber keine Anstalten, sich wieder zu
setzen, sondern fuhr nach einem kurzen Zögern fort:
»Was ist zwischen Euch und Sir Mandrake?«
»Die Gefangenen –«
Artus unterbrach ihn mit einem Kopfschütteln. »Davon
rede ich nicht«, sagte er. »Ihr habt völlig richtig gehandelt.
Ich weiß nicht, was in Sir Mandrake gefahren ist, auf solch
eine Idee zu kommen. Es muss die Sorge um die Sicherheit des Reiches sein, die seine Sinne verwirrt hat.« Er
schüttelte abermals den Kopf. »Ich glaube, Ihr wisst, wovon ich rede. Etwas ist zwischen euch. Etwas, das nicht
gut ist.«
»Ich weiß es nicht«, sagte Lancelot – was genau genommen eine halbe Lüge war. Er wusste sehr wohl, dass
der grauhaarige Tafelritter ihm nicht traute, ihn auf Schritt
und Tritt beobachtete und zumindest ahnte, dass zwischen
ihm und Gwinneth mehr als Freundschaft war.
Aber er kannte den Grund dieser Abneigung nicht.
»Es kann nicht nur daran liegen, dass Ihr ihn damals
verwundet habt«, fuhr Artus fort. »Ich kenne Sir Mandrake. Er ist ein stolzer Mann, der nicht gern eine Niederlage
zugibt, aber ihm ist auch klar, dass man nicht jeden Kampf
gewinnen kann. Was also ist es dann?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Lancelot erneut und diesmal
war die Antwort ehrlich.
Artus dachte einige Augenblicke schweigend nach und
begann langsam und mit gemessenen Schritten im Zimmer
auf und ab zu gehen. »Ich möchte Euch um etwas bitten,
Lancelot«, sagte er nach einer Weile, ohne stehen zu bleiben oder ihn auch nur anzusehen.
»Was immer Ihr wünscht.«
»Ich werde auch noch mit Sir Mandrake reden, aber vor
allem bitte ich Euch«, sagte er. »Schon weil ich Euch trotz
allem für den Vernünftigeren von beiden halte.«
Das war ein erstaunliches Eingeständnis, fand Lancelot.
Immerhin war Mandrake alt genug, um sein Vater zu sein.
»Morgen ist der Tag meiner Hochzeit«, fuhr Artus fort.
»Was immer auch danach geschehen wird – ich bitte
Euch, für diesen einen Tag Frieden mit Sir Mandrake zu
schließen. Morgen soll ein Tag der Freude sein. Für alle
Menschen in Camelot, aber auch für uns und vor allem für
Lady Gwinneth.« Er blieb stehen und sah Lancelot fast
flehend an. »Wollt Ihr mir das versprechen?«
Lancelot war verwirrt. »Natürlich«, sagte er. Wieso äußerte Artus eine solche Bitte? Die Feindschaft zwischen
Mandrake und Lancelot war kein Geheimnis und sie war
nicht neu. Trotzdem musste Artus nicht mit einem offenen
Kampf zwischen ihm und dem Tafelritter rechnen. Es gab
da wohl noch etwas, wovon Lancelot nichts wusste.
»Selbstverständlich«, sagte er noch einmal. »Nichts läge
mir ferner, als Euch Eure Hochzeitsfeier zu verderben.«
»Und Gwinneth zur Witwe zu machen, noch bevor sie
richtig mein Weib geworden ist«, fügte Artus
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