Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
würde es nicht tun? Ich würde ohne zu zögern mein
Leben opfern, wenn es nur um mich ginge. Ich würde das
Königreich, den Thron und alles, was sie haben will, hergeben, um Gwinneths Leben zu retten.«
»Worum geht es dann?«, fragte Lancelot. »Ich verstehe
das nicht.«
»Um die Menschen dort draußen.« Artus deutete zum
Fenster. »Um all die Männer und Frauen, die unter unserem Schutz leben. Die sich darauf verlassen, dass wir sie
behüten, für ihre Sicherheit garantieren und die ihrer Kinder und Kindeskinder. Wenn der König von Camelot anfängt sich erpressen zu lassen, dann ist es um das Reich
geschehen. Selbst wenn Morgaine Wort hielte, was, wenn
der Nächste kommt und eine Forderung stellt, die ich nicht
ablehnen kann? Stärke, Lancelot, ist das Einzige, was zwischen Camelot und der Barbarei steht. Hören wir auf Stärke zu zeigen, dann besiegeln wir unseren eigenen Untergang.«
Lancelot wollte widersprechen, aber dann beließ er es
bei einem Stirnrunzeln und schwieg. Nicht nur, weil er
ganz genau spürte, wie sinnlos es war, weiter mit Artus
diskutieren zu wollen. Der König hatte seine Entscheidung
längst getroffen, schon bevor sie alle hier heraufgekommen waren, und nichts auf der Welt würde ihn in diesem
Entschluss wanken lassen. Und das Schlimme war: Er
hatte Recht. Menschen durften sich erpressen lassen, Könige nicht.
Artus seufzte, fuhr sich noch einmal mit beiden Händen
über das Gesicht und setzte dann dazu an, etwas zu sagen,
doch in diesem Moment wurde an der Tür geklopft. Artus
hatte ausdrücklichen Befehl gegeben, dass niemand sie zu
stören hatte, ganz egal, warum. Dennoch machte er eine
auffordernde Kopfbewegung, worauf einer der Ritter,
Leodegranz, aufstand und mit schnellen Schritten zur Tür
ging. Lancelot sah, wie er kurz mit einem Soldaten sprach,
der draußen auf dem Flur stand und immer wieder nervöse
Blicke in den Raum hineinwarf, dann nickte Leodegranz,
schloss die Tür wieder und drehte sich herum.
»Ich fürchte, es gibt noch weitere schlimme Neuigkeiten«, sagte er ernst.
»So?«, fragte Artus müde. »Sprecht! Ich wüsste nicht,
was noch Schlimmeres kommen könnte.«
Leodegranz’ Gesichtsausdruck wurde düster und er zögerte auch merklich, bevor er antwortete. »Der Bote, der
uns vor dem angeblichen Bischof gewarnt hat, ist aus seiner Ohnmacht erwacht«, sagte er. »Er berichtet, dass er
auf dem Weg hierher eine große Anzahl Pikten gesehen
hat, die sich offensichtlich im Westen sammeln.«
»In den Wäldern westlich von Carringham, vermute
ich«, sagte Mandrake und nickte. »Genau dort würde ich
meine Truppen auch sammeln, wenn ich einen Angriff auf
Camelot plante.«
»Eine große Anzahl?« Artus seufzte erneut. »Was genau
versteht Ihr darunter?«
Leodegranz schwieg einen Moment. »Mindestens fünfhundert, wenn nicht mehr«, sagte er dann.
Artus zeigte keine sichtbare Reaktion, aber auf Mandrakes Stirn bildete sich plötzlich eine steile Falte. »Das ist
mehr als das Doppelte dessen, was wir an Männern aufbringen können – wenn wir jedem ein Schwert in die Hand
drücken, der auch nur weiß, an welchem Ende man es
hält.«
»Seit wann hat uns die Anzahl unserer Gegner je abgeschreckt?«, erkundigte sich Sir Galahad.
Darauf antwortete Mandrake nicht, aber er warf Artus
einen seltsamen Blick zu – den Artus auf dieselbe sonderbare Weise erwiderte –, dass aus Lancelots Verdacht Gewissheit wurde. Es gab noch etwas. Etwas, das er und
vermutlich die meisten hier im Raum noch nicht wussten,
aber das mindestens so schlimm war wie das, dessen Zeugen sie vorhin geworden waren. Vielleicht schlimmer.
Dennoch sagte Artus nach einer Weile: »Sir Galahad hat
Recht. Die Größe eines Heeres besagt gar nichts.«
Er straffte sich. »Schickt Späher aus. Sie sollen das piktische Heer auskundschaften und auch in alle anderen
Richtungen die Augen offen halten. Und mobilisiert das
Heer. Ich will heute Abend genau wissen, wie viele Männer wir unter Waffen haben und in welchem Zustand sie
sich befinden.« Er stand auf. »Wir dürfen nicht vergessen,
dass wir eine Menge hoher Gäste beherbergen. Für ihre
Sicherheit muss gesorgt werden. Sir Galahad, Ihr werdet
fünfzig Eurer besten Männer aussuchen, die unsere Gäste
sicher bis zur Landesgrenze geleiten.«
»Fünfzig?«, entfuhr es Mandrake. Er blickte Artus an,
als zweifle er an seinem Verstand. »Aber das ist –«
»Ich weiß, es sind mehr, als wir uns leisten können«, unterbrach ihn

Weitere Kostenlose Bücher