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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und in dem
etwas wie ein riesiger schwarzer Thron stand; ein abstoßendes Gebilde aus erstarrter Lava, die die Form bizarrer
Ungeheuer und geifernder Dämonenköpfe angenommen
hatte. Und auf diesem Thron, in ein Kleid von so dunklem
Rot gehüllt, dass es schon fast wieder schwarz zu sein
schien, saß niemand anderes als Morgaine Le Faye!
»Morgaine!«, schrie Artus. Seine Hand fuhr zu seinem
Schwert und riss die Waffe aus ihrer weißen Lederscheide
und auch Lancelot griff dorthin, wo er normalerweise das
Schwert trug, aber seine Finger griffen auch diesmal nur
ins Leere.
Die Waffe hätte ihm auch nichts genutzt. Die unheimliche Gestalt auf dem schwarzen Lavathron machte eine
herrische Handbewegung und plötzlich war es, als fauche
ein unsichtbarer, eisiger Sturmwind durch die Kapelle.
Lancelot und Artus wurden von den Füßen gerissen und
davongewirbelt und selbst die schweren hölzernen Gebetsstühle knirschten hörbar. Mehr als ein Gast verlor den Halt
und stürzte und die beiden Wächter rechts und links neben
der Tür, die als Einzige außer Artus bewaffnet waren,
wurden ebenfalls wie von einer unsichtbaren Hand gepackt und mit solcher Gewalt gegen die Wand gepresst,
dass sie nicht mehr imstande waren, auch nur einen Finger
zu rühren. Das Unheimlichste daran aber war, dass sich all
dies in vollkommener Lautlosigkeit abspielte. Alles, was
Lancelot hörte, war das Pochen seines eigenen rasenden
Herzens.
»Es freut mich, dass du mich wenigstens noch wieder
erkennst, Artus«, sagte die Gestalt auf dem Lavathron. Sie
beugte sich leicht vor und ließ ein leises Lachen hören.
»Immerhin ist es lange her, dass wir uns gesehen haben,
nicht wahr? Aber ich denke, das wird sich jetzt ändern. Es
ist an der Zeit, dass wir die alten Familienbande wieder
auffrischen.«
Artus stemmte sich in die Höhe und wollte nach dem
Schwert greifen, das er fallen gelassen hatte, aber Morgaine wiederholte ihre Handbewegung und das Schwert wirbelte davon und schlug mit einem lauten Krachen gegen
die geschlossene Tür der Kapelle.
»Was willst du?«, fragte Artus. »Hör auf damit! Verschwinde, Hexe!«
Morgaine schüttelte den Kopf. »Es schmerzt mich, dass
du so über deine eigene Verwandte sprichst, geliebter
Bruder«, sagte sie. »Und was ich will? Ich glaube, das
weißt du ganz genau. Du hast etwas, das mir gehört. Mordred, meinen Sohn! Gib ihn frei und du bekommst deine
hübsche, junge Braut zurück.«
»Niemals!«, sagte Artus. »Du wirst Gwinneth kein Haar
krümmen oder –«
»Oder?«, fragte Morgaine spöttisch. Sie beugte sich
noch weiter vor. »Ich erwarte, dass du Mordred bis zum
nächsten Sonnenaufgang auf freien Fuß setzt. Wenn nicht,
siehst du Gwinneth nie wieder und ich verspreche dir, dass
sie den Tag verfluchen wird, an dem sie deinen Namen
das erste Mal gehört hat.«
»Nein!«, schrie Artus. »Das wagst du nicht!«
Doch Morgaine Le Faye hörte seine Worte vermutlich
schon gar nicht mehr. Ebenso schnell und lautlos, wie es
begonnen hatte, war es vorbei. Die unheimliche Dunkelheit jenseits des Altars flammte noch einmal auf wie eine
Explosion aus schwarzem Licht, zog sich dann rasend
schnell und lautlos zurück – und war verschwunden.
Und mit ihr der Thronsaal, Morgaine Le Faye, der
Mann, den sie für den Bischof von York gehalten hatten –
und Gwinneth.
    »Nein! Niemals!« Artus schlug so wuchtig mit der geballten Faust auf den Tisch, dass die Becher und Teller darauf
hüpften und Lancelot sich nicht gewundert hätte, wäre die
massive Platte aus Eichenholz in zwei Teile zerbrochen.
Mit der anderen Hand ergriff Artus den Weinbecher, aus
dem er gerade getrunken hatte, und schleuderte ihn gegen
die Wand, wo er zerschellte. »Ich werde mich niemals auf
diese Erpressung einlassen!«

Niemand sagte etwas. Die meisten Ritter, die an der langen Tafel in Artus’ Thronsaal Platz genommen hatten,
senkten hastig die Blicke, wenn Artus in ihre Richtung
sah, so, als hätten sie Angst, dass sich sein Zorn über ihnen entladen würde. Und selbst die, die seinem Blick
standhielten, wirkten eher wie verängstigte Kinder.
    Schließlich war es Sir Mandrake, der das immer bedrükkender werdende Schweigen brach, indem er sich räusperte.
    »Verzeiht, Artus«, sagte er, »aber wir sollten vielleicht
wenigstens über Morgaines Forderung –«
»Nein!«, fiel ihm Artus erneut ins Wort. Seine Augen
blitzten. »Der König von Camelot kann sich nicht erpressen lassen!«
»Auch nicht, wenn es

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