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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Mann und ließ sich vor ihm auf ein Knie
sinken.
»Was ist passiert?«, fragte er. »Wer seid Ihr? Redet!«
Der Mann musste erst einige Male keuchend nach Atem
ringen, ehe er überhaupt wieder sprechen konnte. »Ihr seid
verraten worden«, sagte er mit leiser, brechender Stimme.
»Dieser Mann da –« Er deutete mit einer blutbesudelten,
zitternden Hand auf den Bischof von York, der vor dem
Altar stand und die Szene mit unbewegtem Gesicht verfolgte. »Er ist nicht der, für den Ihr ihn haltet«, flüsterte er.
»Was soll das heißen?«, fragte Artus und Lancelot beging den vielleicht größten Fehler seines Lebens, denn er
ließ Gwinneths Arm los und eilte mit schnellen Schritten
an Artus’ Seite.
»Ich gehöre … zur Leibwache des Bischofs«, murmelte
der Verwundete. Seine Kraft reichte nicht mehr aus, ihn
aufrecht zu halten. Sein Arm knickte unter ihm weg und er
fiel schwer auf die harten Bodenfliesen. Mit einer Stimme,
die so leise war, dass man sie kaum noch hören konnte,
fuhr er fort: »Wir sind überfallen worden, Herr. Schon vor
zwei Tagen.«
»Überfallen?«, fragte Artus ungläubig. »Wo? Von
wem?«
»Pikten«, antwortete der Sterbende. »Sie haben fast alle
erschlagen, auch den Bischof. Mich haben sie für tot
gehalten und liegen lassen. Ich bin hergekommen, so
schnell ich konnte, aber meine Kraft … hat nicht ausgereicht.«
»Den Bischof? Erschlagen?« Artus schüttelte heftig den
Kopf. »Aber das kann doch nicht –«
Er brach ab. Langsam richtete er sich wieder auf, drehte
sich zu Lancelot und dann zu dem Mann im roten Gewand
des Bischofs herum und starrte ihn aus misstrauisch zusammengekniffenen Augen an. Es war unheimlich still
geworden. Obwohl der Fremde die letzten Sätze fast nur
noch gehaucht hatte, hatte jedermann in der Kirche sie
vernommen.
»Ist das wahr?«, fragte Artus.
Der Mann, der sich für den Bischof von York ausgegeben hatte, zuckte leicht mit den Schultern und lächelte
dünn. »Ich fürchte, ja, Euer Majestät«, sagte er.
Artus erbleichte. »Was soll das heißen?«
Das Lächeln des vermeintlichen Bischofs blieb. »Genau
das, was Euch dieser dumme, tapfere Mann dort berichtet
hat«, sagte er und breitete die Hände aus. »Er ist ein wenig
zu früh gekommen. Aber es ändert nichts.«
»Es ändert nichts daran, dass Ihr Euch wünschen werdet,
niemals geboren zu sein«, sagte Artus. »Ihr arbeitet für die
Barbaren? Ihr habt wirklich geglaubt, Ihr könntet hierher
kommen, die Stelle des Bischofs einnehmen und uns alle
zum Narren machen, ohne mit dem Leben dafür bezahlen
zu müssen?« Er schüttelte den Kopf. »So dumm könnt Ihr
nicht sein.«
»Verzeiht, Majestät«, antwortete der vermeintliche Bischof spöttisch. »Aber wenn es hier einen Narren gibt, so
seid Ihr es. Ihr hättet meine Königin nicht herausfordern
sollen.«
Bei den letzten Worten nahm seine Stimme einen sonderbaren Klang an und er breitete die Hände aus wie um
zu beten oder vielleicht auch um Vergebung zu bitten,
aber plötzlich erschien zwischen seinen Fingern etwas wie
rauchige Schwärze. Wo gerade noch Licht gewesen war,
ballten sich Dunkelheit und Schatten zusammen und dann
war es, als fliehe der Tag selbst vor der Gestalt im blutfarbenen Rot. Eine lautlose, rasend schnelle Woge aus Dunkelheit flutete durch den Raum, ließ die Luft zu Eis erstarren und erfüllte nicht nur Lancelots Herz mit einer Furcht,
gegen die er machtlos war. Er taumelte zurück, Artus fiel
mit einem keuchenden Schrei auf die Knie und auch die
Gäste in den hölzernen Sitzbänken rechts und links des
Mittelganges schlugen entsetzt die Hände vors Gesicht
oder duckten sich und Gwinneth stieß einen Schrei aus,
fuhr auf der Stelle herum und wollte fortlaufen.
Es war zu spät.
Lancelot fand niemals Worte, um wirklich zu beschreiben, was geschah. Vielleicht war das, was rings um Gwinneth und den Altar herum plötzlich in der Luft entstand,
am ehesten noch mit einem Spinnennetz zu vergleichen,
doch einem Netz, das aus nichts anderem als geronnener
Dunkelheit bestand, als hätte die Schwärze selbst Substanz
gewonnen, in der sich Gwinneth hoffnungslos verstrickte,
während sie zugleich unbarmherzig auf den Altar zu gezerrt wurde.
Dann plötzlich war auch dieser verschwunden, und wo
das lebensgroße Kruzifix und die Rückwand der Kapelle
sein sollten, da blickten sie mit einem Male in einen düsteren, aus schwarzem Stein gemauerten Saal, dessen Decke
von gewaltigen spitzen Bögen getragen wurde

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