Elbenschswert
huschte hinter der
Säule hervor und schloss sich dem kleinen Trupp an. Er
war davon überzeugt, dass mindestens die Hälfte der
Männer im nächsten Moment herumwirbeln und ihn pakken würde, aber das Unglaubliche geschah: Niemand
schien ihn bemerkt zu haben. Der Trupp bewegte sich weiter, erreichte die Tür und die beiden Hälften des schwarzen Eisentores schwangen lautlos nach innen, um sie einzulassen.
Lancelot trat als Letzter hindurch und erkannte, dass seine Vermutung richtig gewesen war. Sie befanden sich im
Thronsaal der schwarzen Festung, der mindestens fünfmal
so groß war wie der Camelots und in dem es außer einer
Anzahl steinerner Tische und ebenfalls aus Stein gehauener Stühle auch den bizarren Lavathron gab, den sie gesehen hatten, als Morgaine Le Faye Gwinneth entführte.
Sie saß darauf. Sie trug immer noch das Kleid aus tiefdunklem Rot, aber auf ihrem schwarzen Haar funkelte nun
ein Diadem aus ebenfalls schwarzen Edelsteinen, das die
Form zweier ineinander geschlungener Schlangen hatte
und sich zu bewegen schien, je nachdem wie das Licht
darauf fiel.
Und neben ihr, mit einer dünnen schwarzen Kette, die
sich um ihre Hüfte wand, an einen eisernen Ring in der
Wand gefesselt, genau wie der schreckliche Hund unten
auf dem Hof, stand Gwinneth.
Um ein Haar hätte er sich verraten, als er sie sah.
Gwinneth sah schrecklich aus. Ihr weißes Hochzeitskleid
war verschmutzt und zerrissen, wahrscheinlich hatte sie
sich heftig gewehrt, als man sie hierher geschleppt hatte,
und ihr Gesicht war noch blasser geworden. Dunkle,
schwere Ringe lagen unter ihren Augen und er sah ihr an,
dass sie geweint hatte. Was hatten diese Ungeheuer ihr
angetan? Lancelots Hand wollte sich selbstständig machen
und nach dem schwarzen Schwert greifen, das er an der
Seite trug, aber er hielt die Bewegung im letzten Moment
zurück und zwang sich, ruhig hinter der Abteilung Elbenkrieger herzuschreiten, die sich dem Thron näherte.
Hilflosigkeit und Wut vermischten sich zu einem Gefühl, das ihn am liebsten hätte aufschreien lassen. Er war
Gwinneth so nahe und doch gab es absolut nichts, was er
für sie tun konnte. Plötzlich wurde ihm klar, was für ein
Wahnsinn es gewesen war, überhaupt hierher zu kommen.
Wie hatte er vergessen können, dass Morgaine Le Faye
bisher stets gespürt hatte, wenn er in ihrer Nähe war? Sie
musste ihn einfach erkennen, auch unter dem schwarzen
Helm mit dem geschlossenen Visier. Und selbst wenn dies
nicht so gewesen wäre, wurde ihm plötzlich klar, was für
eine lächerliche Figur er in der gestohlenen Rüstung bot.
Sie war ihm um mehrere Nummern zu groß. Die Beinkleider und das Wams schlotterten um seine Glieder und die
Metallteile klirrten bei jedem Schritt, den er machte. Seine
Hand kroch wieder zum Schwert und diesmal schloss sie
sich um den Griff. Auch wenn er es nur um einen halben
Atemzug überleben würde, er war entschlossen, die Herrscherin dieser schwarzen Festung, die so viel Unglück
über Artus und ganz Britannien gebracht hatte, mit sich in
den Tod zu reißen, sollte er entdeckt werden.
Die Abteilung hielt vor dem Lavaturm an und Morgaine
Le Faye machte eine auffordernde Geste zu dem vordersten Mann. »Berichte!«
Wieso sprach sie plötzlich Englisch? Bisher hatten sich
die Elben stets in ihrer eigenen Zunge unterhalten, der er
nicht mächtig war. Konnte es sein, überlegte Lancelot
verwirrt, dass Morgaine die Sprache ihres eigenen Volkes
nicht beherrschte? Das war lächerlich.
»Die Kundschafter sind zurück, Herrin«, antwortete der
Elb. Auch er sprach plötzlich die Sprache Britanniens,
nicht die der Elfenwelt. »Es ist so gekommen, wie Ihr vorhergesagt habt: Die Truppen aus Camelot greifen in diesem Moment das piktische Heer an.«
Ein verächtliches Lächeln erschien auf Morgaines Lippen. »Was für eine Überraschung«, meinte sie spöttisch.
»Mein geschätzter Bruder ist doch immer wieder für strategische Geniestreiche gut.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich
hätte etwas mehr Einfallsreichtum erwartet.«
»Sollen wir –«, begann der Elbenkrieger, wurde aber sofort von Morgaine unterbrochen:
»Wir werden genau das tun, was ich befohlen habe,
nämlich gar nichts«, sagte sie. Ihr Blick heftete sich für
einen Moment auf den Helm des Mannes vor ihr und begann dann, scheinbar nachdenklich, über die geschlossenen Visiere der anderen zu tasten. Lancelots Herz schlug
ein wenig schneller, als er an der Reihe war, doch Morgaine wandte
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