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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gebraucht um zu sehen, dass es nicht von Menschenhand geschaffen worden war. Die beiden Pfeiler, die
den riesigen Türsturz trugen, hatten die Form aufgerichteter, schlangengleicher Drachen, deren weit aufgerissene
Mäuler nach jedem zu schnappen schienen, der es wagte,
ihnen zu nahe zu kommen, und der schwarze Quader über
dem Tor, der größer und mit Sicherheit schwerer war als
die gewaltigen Menhire des Cromlech, war mit denselben
unheimlichen Runen und Symbolen übersät, die er schon
mehrmals gesehen hatte. Eine gespenstische körperlose
Kälte wehte ihm aus dem offen stehenden Tor entgegen
und der Raum dahinter war zwar von einer Anzahl heftig
blakender Fackeln erhellt, erschien ihm aber trotzdem wie
ein Refugium der Nacht, in dem weder Licht noch Leben
Bestand haben konnte.
Lancelot trat durch das Tor, sah sich hastig um und stellte erleichtert fest, dass er allein war. Die Halle war größer
als der gewaltigste Saal, den es in ganz Camelot gab, aber
vollkommen leer. An ihrem anderen Ende führte eine geschwungene Treppe nach oben und es gab zahlreiche Türen, die in andere Teile des Gebäudes führten, aber niemand war da, der den Eingang bewachte.
Lancelot wich in den noch tieferen Schatten neben der
Tür zurück und überlegte einen Moment lang angestrengt,
wohin er sich nun wenden sollte. Er hatte Malagon nie
erforscht und kannte nur seinen Innenhof und das Kellergewölbe, über das er hierher gekommen war, aber er nahm
an, dass seine Aufteilung der Camelots ähnelte; wie der
der meisten anderen Burgen übrigens auch. Das würde
bedeuten, dass sich der Thronsaal oberhalb dieser Treppe
befand, mit einem freien Blick über den gesamten Innenhof und das Land hinter der Mauer. Er vermied es bewusst, sich die Frage zu stellen, was er tun sollte, wenn er
Morgaine Le Faye und Gwinneth tatsächlich dort oben
vorfand. Die Antwort hätte ihm wahrscheinlich nicht gefallen.
Stattdessen lief er los und rannte durch die Halle und
dann immer zwei, drei Stufen auf einmal nehmend die
Treppe hinauf. Sie war so hoch, dass er oben angekommen
erst einen Moment stehen bleiben und wieder nach Luft
ringen musste. Seine Knie zitterten, sodass er sich auf das
schwarze Treppengeländer stützte, um neue Kraft zu
sammeln, und er stellte bedrückt fest, dass es doch einige
Unterschiede zu Camelot gab. Vor ihm lag ein finsterer
Säulengang, der sich in beide Richtungen so weit zu
erstrecken schien, wie sein Blick reichte, und von dem
zahlreiche andere Gänge und Türen abzweigten. Schließlich entschied er sich für die größte Tür, ganz am Ende des
Ganges zur Linken; ein gewaltiges Doppeltor aus schwarzem Eisen, das mit den hier anscheinend allgegenwärtigen
Runen und magischen Symbolen übersät war. Er hatte
noch nicht die Hälfte der Strecke zurückgelegt, als er
Schritte hörte. Mit einem erschrockenen Satz brachte er
sich hinter einer der mannsdicken Steinsäulen in Sicherheit, die die Spitzbögen der Decke trugen, und spähte vorsichtig hinter seiner Deckung hervor. Eine ganze Abteilung in schwarzes Eisen gehüllter Elbenkrieger näherte
sich. Sie gingen schnell und mit militärischer Präzision
und keiner von ihnen lachte oder machte einen Scherz. Als
sie auf das Tor am Ende des Ganges zutraten, setzten sie
ihre Helme auf und der eine oder andere nahm eine noch
straffere Haltung ein. Lancelots Vermutung war anscheinend richtig gewesen. Hinter diesem Tor musste sich der
Thronsaal befinden.
Was ihn zu der nächsten unangenehmen Frage brachte:
Wie um alles in der Welt sollte er dort hineingelangen?
Lancelot blieb hinter seiner Deckung, sah sich aber aufmerksam um. Die Festung befand sich auch im Inneren in
keinem deutlich besseren Zustand als außen. Bisher war es
ihm nicht aufgefallen, aber viele der gewaltigen Spitzbögen, die die Decke trugen, waren beschädigt, einige sogar
ganz zusammengebrochen, und der Boden war auch hier
mit Steintrümmern und Geröll übersät.
Allerdings waren die Beschädigungen nicht so schlimm,
ihm einen Weg in den Saal hinter der schwarzen Eisentür
zu ermöglichen. Und es war ganz und gar ausgeschlossen,
dass er sie öffnen und hindurchtreten konnte ohne bemerkt
zu werden.
Hinter ihm erscholl das Geräusch einer Tür, die in uralten, quietschenden Angeln geöffnet wurde, rötlicher Fakkelschein fiel zu ihm heraus und malte seinen Schatten
überdeutlich und groß quer über den Gang, dann hörte er
eine erstaunte Stimme, die etwas rief, und fuhr

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