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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einredete, es wäre Respekt.
    Lancelot hatte lange genug unter den normalen Bürgern
Camelots gelebt um zu wissen, dass es niemanden hier
gab, der Artus und seine Ritter nicht achtete und verehrte,
dass sie aber dennoch nicht unbedingt beliebt waren. Das
waren die Herrschenden nie, ganz egal was sie für ihr
Volk taten und wie gütig sie auch sein mochten.
    In Gedanken versunken achtete er nicht auf seine Schritte und rempelte einen Mann an, der schwer beladen unter
einem Stapel Bretter seinen Weg kreuzte und ihm nicht
mehr rechtzeitig ausweichen konnte. Der unglückselige
Bauarbeiter fiel hin und seine Last verteilte sich mit einem
gewaltigen Krachen auf dem Boden. Es war ganz eindeutig Lancelots Schuld gewesen und er setzte instinktiv dazu
an, den Arm auszustrecken um dem Gestürzten aufzuhelfen, aber dann begegnete er seinem Blick. Der Sturz war
nicht schwer gewesen. Der Mann hatte sich nicht verletzt.
Vermutlich nicht einmal wirklich wehgetan, aber seine
Augen waren groß vor Angst, ja, beinahe Panik. In der
ersten Sekunde verwirrte Lancelot dieser Anblick, aber
dann begriff er, dass sein Gegenüber fest damit rechnete,
bestraft oder zumindest gescholten zu werden. Und das
Schlimmste war: Für einen Moment lag es ihm wirklich
auf der Zunge, den Mann anzufahren, dass er gefälligst auf
seine Schritte achten sollte. Lancelot schluckte die Worte
hinunter und ging weiter, aber er spürte ein neuerliches
Schaudern. Es war erschreckend, wie schnell man nicht
nur die Seiten wechseln, sondern sich auch ein anderes
Denken zu Eigen machen konnte; vor allen Dingen das
derer, die man zuvor verachtet hatte.
    Als er bei den Ställen ankam, fand er nicht nur sein Einhorn und die beiden Pferde der Tafelritter gesattelt vor,
sondern dazu noch drei beladene Packtiere, deren Anblick
ihm deutliches Unbehagen bereitete. Es waren kräftige,
schnelle Pferde, aber Artus hatte keinen Zweifel daran
gelassen, wie dringend ihre Mission war, und mit drei
Packtieren im Geleit würden sie sicherlich nicht sehr rasch
vorwärts kommen. Vielleicht würde es auch gar nicht nötig sein, überlegte er. Die Männer, die Artus losgeschickt
hatte um nach dem Hehler zu suchen, mussten jetzt bereits
in Stanton angelangt sein.
    Mit ein wenig Glück hatten sie ihn bereits gefunden oder
zumindest seine Spur aufgenommen.
Er ging um das Einhorn herum und wollte sich in den
Sattel schwingen, als hinter ihm ein vertrautes Bellen erklang. Lancelot verhielt mitten in der Bewegung und drehte sich herum. Wolf kam aus dem offen stehenden Tor des
Pferdestalles geflitzt und sprang kläffend an ihm hoch,
und als Lancelot sich zu ihm hinabbeugte, trat eine
schlanke Frauengestalt aus dem Schatten des Tores heraus
und gleich darauf wieder zurück. Lancelot hob den kleinen
Hund auf die Arme, und als er sich aufrichtete, sah er sich
rasch nach allen Richtungen um.
Der Hof war zwar voller Menschen, aber niemand schien
ihn zu beachten. So schnell, wie es gerade noch ging ohne
aufzufallen, trat er in den Stall ein. Warme Schatten und
der Geruch nach Heu und dampfenden Pferdekörpern hüllten ihn ein, aber er gewahrte auch einen hellen Schemen
gleich neben der Tür, dort, wo die Schatten am tiefsten
waren. Noch einmal drehte er sich im Kreis und überzeugte sich davon, dass außer ihm niemand im Stall war, dann
ging er mit zwei schnellen Schritten zu Gwinneth hin.
»Du hättest nicht kommen sollen«, meinte er.
Gwinneth machte eine Kopfbewegung auf den kleinen
Hund in Lancelots Armen. »Ich konnte ihn nicht davon
abhalten, sich von dir zu verabschieden«, sagte sie.
Lancelot blieb ernst. »Du ihn nicht oder er dich nicht?«
Gwinneths Lächeln erlosch. »Wohin reitest du?«, fragte
sie. Gleichzeitig machte sie einen halben Schritt auf ihn zu
und blieb mitten in der Bewegung stehen, als Lancelot
erschrocken zurückwich. Sie wirkte verletzt.
»Du hast Artus gehört«, antwortete er. »Wir müssen
Merlins magisches Gefäß wieder finden.«
»Er schickt dich fort«, meinte Gwinneth.
»Ja. Aber ich glaube, es ist wirklich wichtig.«
»Für Camelot? Oder für Artus?«
Lancelot schüttelte den Kopf. »Du tust ihm unrecht«,
sagte er. »Du weißt, mit wem wir es zu tun haben. Und
wozu sie fähig ist. Ohne Merlins Magie –«
»Merlins Magie?« Gwinneth lachte böse. »Es ist ein alter Becher, mehr nicht. Das Gefäß spielt keine Rolle. Es
war die Kraft des Druiden, auf die Artus’ Macht sich
stützt. Nichts wird sich ändern,

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