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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie nichts als eine Lüge waren. Artus’ Entschluss stand fest und er musste feststehen,
denn wenn das stimmte, was er Lancelot in der vergangenen Nacht erzählt hatte, dann hatte er niemals eine andere
Wahl gehabt, als auf jemanden wie Gwinneth zu warten.
Vielleicht nicht einmal auf jemanden wie sie , sondern genau auf sie . Möglicherweise war alles noch viel komplizierter, als Lancelot bisher klar gewesen war. Wenn König
Uther Artus’ Pflegevater gewesen war, dann musste er
auch gewusst haben, wer sein Adoptivsohn in Wirklichkeit
war, und mit Sicherheit auch, wer Gwinneth war. Vielleicht waren sie einander seit Jahren versprochen gewesen,
lange bevor der kleine Küchenjunge Dulac überhaupt
wusste, dass es Gwinneth gab.
Er wartete noch einige Augenblicke vergeblich auf eine
Antwort, dann drehte er sich mit einem Ruck herum und
ging zu dem wartenden Einhorn. Ohne noch einmal zu
Gwinneth zurückzublicken, schwang er sich in den Sattel
und sprengte los. Erst unter dem Burgtor blieb er wieder
stehen und hielt noch einmal nach ihr Ausschau und er
hatte die Bewegung kaum vollendet, da wünschte er sich
schon, es nicht getan zu haben.
Die beiden anderen Tiere und auch die Packpferde waren erschrocken zur Seite gewichen, als er ohne Vorwarnung losgesprengt war, sodass er das weit geöffnete Stalltor genau sehen konnte. Gwinneth war herausgetreten und
blickte reglos in seine Richtung. Nach ein paar Momenten
hob sie die Hand und fuhr sich damit über die Augen, als
wische sie die Tränen fort.
In Lancelots Kehle saß plötzlich ein harter, bitterer Kloß,
an dem er fast zu ersticken drohte. Mit einer spürbaren
körperlichen Anstrengung riss er sich vom Anblick Gwinneths los. Dabei glitt sein Blick über den Turm und das
Fenster, hinter dem Gwinneths Gemach lag.
Auch dieses Fenster war nicht mehr leer. Fast nur als
Schatten, für Lancelots Augen aber deutlich zu erkennen,
stand Artus dort oben und blickte auf den Hof herab.
Obwohl sie fast einen halben Tag später als geplant aufgebrochen waren, erreichten sie Stanton mit dem letzten
Licht der Dämmerung. Lancelot war geritten wie der Teufel und hatte weder auf seine Begleiter noch auf die Packpferde irgendeine Rücksicht genommen und sowohl Parzifal als auch Sir Braiden hatten das von ihm vorgelegte
scharfe Tempo klaglos mitgehalten. Selbst mit den Packtieren erlebte Lancelot eine Überraschung.
Sie erwiesen sich nicht nur als zäh und ausdauernd genug, ohne Probleme mit ihnen Schritt zu halten, sondern
brauchten auch keinerlei Anleitung. Sie folgten Lancelot
und den beiden Tafelrittern wie gelehrige Hunde, die darauf abgerichtet waren, immer nahe bei ihrem Rudelführer
zu bleiben.
Die Mühe erwies sich jedoch als vergebens. Alles, was
sie in Stanton antrafen, waren verängstigte Bürger und die
Mitglieder des Suchtrupps, den Artus schon in der vergangenen Nacht losgeschickt hatte und die in der Wahl ihrer
Methoden offenbar nicht besonders zimperlich gewesen
waren. Keiner der eingeschüchterten Männer und Frauen
in dem kleinen Ort wagte es, sich offiziell bei Lancelot
oder den beiden anderen Rittern zu beschweren, aber es
gehörte nicht viel Fantasie dazu, sich die Art und Weise
auszumalen, in der die Soldaten aus Camelot die Menschen hier befragt hatten.
Marcus den Einäugigen hatten sie nicht gefunden.
Lancelot hatte auch nicht damit gerechnet. Es war viel
zu lange her. Männer wie der fahrende Händler, Hehler
und Tagedieb und was immer er sonst noch sein mochte,
pflegten nicht lange an einem Ort zu bleiben und auch
keine allzu deutlichen Spuren zu hinterlassen.
Immerhin hatten die Soldaten in Erfahrung gebracht,
dass er tatsächlich hier gewesen war und auch einen Teil
seiner Ware bereits verkauft hatte. Selbstverständlich hatten sie alles, was auch nur im Entferntesten im Verdacht
stand, vom Wagen des Hehlers zu stammen, konfisziert
und bereits auf einen Wagen verladen, um es nach Camelot zurückzubringen, und Lancelot selbst übernahm es, das
vermeintliche Diebesgut in Augenschein zu nehmen.
Er brauchte fast eine Stunde für diese Aufgabe. Der Wagen war so hoch beladen, dass vermutlich kein Topf, keine
Pfanne und kein Messer in Stanton zurückgeblieben waren, und Lancelot erkannte nur sehr wenig davon wieder.
Das meiste war wohl legaler Besitz der guten Menschen
hier, sodass sich Lancelot zu fragen begann, wo eigentlich
der Unterschied zwischen Marcus dem Einäugigen und
den Soldaten aus Camelot lag; ganz gewiss

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