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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einem
schweren Verband verborgen, der aus mindestens vier
oder fünf Lagen Stoff bestehen musste, aber zum Teil
schon wieder durchgeblutet war. Gwinneth saß auf einem
Hocker neben dem Bett und hielt mit beiden Händen Galahads Rechte. Sie sah unendlich hilflos und verloren aus
und man konnte deutlich erkennen, dass sie geweint hatte.
Artus war mit zwei, drei schnellen Schritten an Galahads
Krankenlager, blickte einen Moment lang fast ausdruckslos auf ihn herab und drehte sich dann mit einem Ruck
herum. »Geht hinaus!«, sagte er. »Alle! Außer Lancelot
und Lady Gwinneth.«
Parzifal und Gawain tauschten einen verwirrten Blick
und Gwinneths Zofen entfernten sich rasch – wenn auch
erst, nachdem ihre Herrin mit einem fast unmerklichen
Nicken Artus’ Befehl bestätigt hatte. Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, legte Artus den Riegel vor,
bevor er erneut an Galahads Bett trat. Für endlose Augenblicke sah er ihn nur an, ehe er sich mit einem schweren
Atemzug an Lancelot wandte. »Ich danke Euch, dass Ihr
nichts gesagt habt, Sir Lancelot«, sagte er.
Gwinneth sah fragend auf und auch Lancelot blickte den
König nachdenklich an, erwiderte aber nichts.
»Nun habt Ihr gesehen, wozu meine Schwester willens
und in der Lage ist.«
»Morgaine?«, hauchte Gwinneth. »Das war ihr Werk?«
Artus nickte. »Ihre Krieger haben Mordred befreit«, sagte er.
»Aber wie?«, murmelte Gwinneth. »Ich meine, wie ist es
ihr gelungen, hier einzudringen? Die Burg wird Tag und
Nacht bewacht!«
»Auf demselben Wege, auf dem sie Euch entführt hat«,
antwortete Artus. Er sah Gwinneth mit unergründlichem
Ausdruck an, dann drehte er sich ganz zu Lancelot um.
»Aus diesem Anlass muss ich Euch auch bitten, weiterhin
Stillschweigen über das zu bewahren, was Ihr gerade gesehen habt, Sir Lancelot«, sagte er.
»Wüssten meine Ritter, dass sie über die Macht gebietet,
überall und an jedem Ort zugleich aufzutauchen, wäre die
Wirkung auf ihren Kampfesmut verheerend.«
Lancelot konnte dieses Argument nachvollziehen, aber
er fragte sich auch, wie um alles in der Welt Artus erklären wollte, was dort unten geschehen war. Und da gab es
noch einen Punkt. »Sie haben es doch bereits gesehen«,
wandte er ein. »Morgaine hat Lady Gwinneth vor aller
Augen entführt.«
»Das war etwas anderes.« Artus schüttelte den Kopf.
»Einer ihrer Druiden war anwesend und hatte das Tor für
sie geöffnet. Zumindest ist es das, was alle glauben.«
»Aber es ist nicht die Wahrheit«, vermutete Lancelot.
Es dauerte einen Moment, bis Artus mit einem Kopfschütteln antwortete. »Nein«, gestand er.
»Aber haben wir dann überhaupt eine Aussicht, diesen
Kampf zu gewinnen?«, murmelte Lancelot. »Ich meine,
wie soll man sich gegen einen Gegner verteidigen, der
nach Belieben kommen und gehen kann und den keine
Mauern und keine Gitterstäbe aufhalten?«
»Damit niemand genau diese Frage stellt, habe ich Euch
um Euer Stillschweigen gebeten«, sagte Artus, ohne seine
Frage zu beantworten. »Und es ist nicht ganz so schlimm,
wie es Euch im Moment erscheinen mag, mein Freund.
Morgaine Le Faye ist eine mächtige Zauberin, aber einen
Weg durch die Schatten zu öffnen hat mit Sicherheit auch
sie all ihre Kraft gekostet. Es wird lange dauern, bis sie
sich weit genug erholt hat, um es noch einmal zu tun, und
sie wäre niemals stark genug, eine ganze Armee hierher zu
schicken.«
Wozu auch?, dachte Lancelot schaudernd. Er musste an
den Kampf bei den Verliesen denken und daran, wie mühelos der schwarze Krieger Galahad besiegt hatte, und ein
Schauer lief über seinen Rücken. Ein Dutzend dieser
Männer allein wäre wahrscheinlich genug, Camelot zu
nehmen.
Artus gab sich einen sichtbaren Ruck. »Umso wichtiger
ist es jetzt«, sagte er, »den Gral wieder in unseren Besitz
zu bringen. Er war der Quell von Merlins Zauberkraft. Mit
ihm allein in unserem Besitz hätten wir vermutlich schon
die Stärke, Morgaine zu widerstehen. Ich möchte, dass Ihr
sofort aufbrecht. Nehmt so viele Männer mit, wie Ihr benötigt. Ganz egal, was es kostet und was Ihr dafür tun
müsst, bringt ihn zurück. Und tut es schnell!«
Er wartete sichtlich darauf, dass Lancelot sofort auf dem
Absatz kehrtmachte und ging, um seinen Befehl auszuführen, aber Lancelot trat stattdessen noch näher an das Bett
heran und sah besorgt auf das Gesicht des bewusstlosen
Tafelritters hinab.
»Ihr müsst etwas für ihn tun«, sagte Gwinneth leise.
»Der Arzt meint, er

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