Elbenschswert
gleich ob er ihn wieder hat
oder nicht.«
Die Bitternis und Feindseligkeit in ihrer Stimme verwirrte Lancelot. Er konnte sie sich nicht erklären.
Schließlich war es noch nicht lange her, dass Gwinneth
selbst ihm unter Tränen gesagt hatte, er hätte nicht wiederkommen dürfen. Aber das war vor jener Nacht im
Wald gewesen. Bevor sie wusste, wer er wirklich war.
»Ich werde zurückkommen, so schnell ich nur kann«,
versprach er. »Dieser Dieb kann noch nicht allzu weit
sein. Er weiß nicht, dass wir ihn suchen. Und du bist hier
in Sicherheit, keine Sorge. Artus und all seine Ritter werden ihr Leben opfern um dich zu beschützen.«
»Und wer sagt, dass ich das will?«, fragte Gwinneth.
Lancelot konnte sehen, dass sie nur noch mit Mühe die
Tränen zurückhielt. Er hatte das Gefühl, dass sie etwas
wusste, was ihm noch verborgen war. Und dass sie fast
daran erstickte, es ihm nicht sagen zu können.
»Was ist los mit dir?«, fragte er.
Es dauerte eine geraume Weile, bis Gwinneth antwortete. Dann klang ihre Stimme wieder vollkommen beherrscht. »Ich habe nachgedacht«, sagte sie. »Du hattest
Recht, weißt du? Ich … kann Artus nicht heiraten.«
Lancelot fuhr zusammen, als hätte ihm jemand einen
Dolch zwischen die Schulterblätter gestoßen. »Was?«
»Ich kann es nicht«, wiederholte Gwinneth. »Ich gehöre
zu dir, Dulac.«
Vielleicht war es das, was ihn am meisten erschütterte.
Dass sie ihn nicht Lancelot nannte, sondern Dulac. Sie
sprach nicht mit dem schon jetzt sagenumwobenen Helden, nicht mit dem strahlenden Ritter, dem unbesiegbaren
Schwertkämpfer und ebenbürtigen Gegner Morgaines und
ihrer Dämonenkrieger. Sie sprach mit dem einfachen Jungen, den sie damals in Tanders Gasthaus kennen gelernt
hatte, und das war es, was ihre Worte so schrecklich
machte.
Warum jetzt?, dachte Lancelot. Warum ausgerechnet
jetzt? Warum hatten sie dieses Gespräch nicht gestern führen können, bevor er mit Artus gesprochen hatte? Bevor
Artus ihn überzeugte, dass er Recht hatte, was Camelot
und seine Menschen und vielleicht das Schicksal ganz
Britanniens anging? Warum ausgerechnet jetzt?
»Gwinneth, du … du weißt nicht, was du sagst«, murmelte er. Seine Stimme drohte ihm den Dienst zu versagen. Seine Augen fühlten sich plötzlich heiß an und ohne
es zu merken schloss er die Hände so fest, dass Wolf erschrocken auf jaulte und er ihn hastig auf den Boden setzte. Der Hund lief ein paar Schritte davon, blieb stehen und
sah ihn vorwurfsvoll und verwirrt zugleich an.
»Gwinneth, du –«
Gwinneth griff nach seiner Hand, führte sie an ihr Gesicht und berührte sie mit der Wange. Obwohl Lancelots
Finger in den dicken, gepanzerter Handschuhen steckten,
glaubte er zu spüren, wie samtig weich ihre Haut war und
wie schnell ihr Herz schlug. »Ich kann es nicht«, flüsterte
sie. »Ich … ich werde mit Artus sprechen. Ich bin sicher,
dass er mich versteht. Er wird begreifen, was ich meine.
So grausam kann er nicht sein.«
Aber er hat es doch längst begriffen, dachte Lancelot
traurig. Artus hatte es von der ersten Sekunde an gewusst,
vielleicht bevor er, Dulac, es auch nur selbst gespürt hatte.
Es tat ihm unendlich weh, aber er löste seine Hand mit
sanfter Gewalt aus der Gwinneths und schüttelte den
Kopf. »Bitte tu das nicht«, sagte er. »Es würde Artus das
Herz brechen.«
In Gwinneths Augen blitzte es auf. »Und wer fragt mich,
ob mein Herz bricht?«, entgegnete er fast feindselig. Ihre
Augen füllten sich mit Tränen, aber Lancelot war nicht
sicher, ob es Tränen des Schmerzes oder der Wut waren.
Oder beides. »Es ist nicht fair«, sagte sie. »Es ist einfach
nicht richtig , mir zu zeigen, wie es sein könnte, nur um es
mir gleich wieder wegzunehmen!«
Lancelot spürte, dass sie sich ihm wieder nähern wollte,
und trat vorsichtshalber einen weiteren halben Schritt zurück, sodass er aus dem Schatten heraus war und jeder, der
auf dem Hof stand und in seine Richtung blickte, sehen
konnte, dass er mit jemandem sprach, aber nicht, mit wem.
Das Sonnenlicht war sein Schutz, nicht vor Gwinneth,
sondern vielmehr vor sich selbst. »Ich werde mit Artus
reden«, versprach er. »Sobald ich zurück bin. Vielleicht
finden wir einen Weg. Du hast Recht. Artus ist ein vernünftiger Mann und er ist nicht grausam. Aber sage ihm
nichts, solange ich fort bin.«
Gwinneth schwieg. Tränen liefen über ihr Gesicht und
Lancelot kam sich schäbig bei diesen Worten vor, von
denen sie beide wussten, dass
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