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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hätte sich niemand die Arbeit gemacht, den Leuten hier ihren rechtmäßigen Besitz zurückzubringen, nachdem das Diebesgut
aussortiert worden war. Er konnte sich eine dementsprechende sarkastische Bemerkung nicht verkneifen, die aber
bei den Männern, denen sie galt, nicht das Mindeste fruchtete. Niemand widersprach ihm, aber er konnte den Soldaten ansehen, dass sie überhaupt nicht verstanden, wovon er
redete.
Der Gral befand sich nicht auf dem Wagen. Auch damit
hatte Lancelot gerechnet. Bei allen bösen Überraschungen,
die das Schicksal bisher für sie bereit gehalten hatte, würde es kaum so gnädig sein, sie sofort ans Ziel zu führen.
Vielleicht würde das gar nicht geschehen. Die Spur des
Hehlers verlor sich praktisch schon hier in Stanton. Zwar
hatte er gut einem Dutzend seiner Kunden erzählt, wohin
er von hier aus ziehen wollte, das Problem war nur, er
hatte jedem einen anderen Ort genannt – einem sogar Camelot.
»Das bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass wir
aufgeben können.« Sir Braiden fasste in Worte, was sowohl Parzifal als auch Lancelot empfanden, als sie spät in
der Nacht noch im Gasthaus zusammensaßen und die einfache Mahlzeit verspeisten, die ihnen der Wirt aufgetragen
hatte.
Ebenso wie Parzifal saß auch Sir Braiden ganz am anderen Ende des Tisches, an dem sie Platz genommen hatten.
Er war sehr lang, zugleich aber auch der einzige, über den
die Gaststube überhaupt verfügte, und Lancelot war klar,
dass die beiden Ritter nicht zufällig einen so großen Abstand zu ihm hielten. Aber was beschwerte er sich? Er
hatte den beiden bewusst den ganzen Tag über keine Gelegenheit gegeben, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln. Einer der Gründe, warum er ein so scharfes Tempo
angeschlagen hatte, war genau dieser: Er wollte nicht mit
ihnen reden. Weder mit Parzifal noch mit Braiden, noch
mit sonst irgendjemandem – obwohl die beiden unzweifelhaft zu jenen in Camelot gehörten, denen er noch am
meisten trauen konnte.
»Wir können nicht mit leeren Händen zu Artus zurückkehren«, sagte er schließlich lahm.
Parzifal nickte zustimmend, aber Sir Braiden schüttelte
heftig den Kopf und nahm einen Schluck von dem dünnen,
mit Wasser gestreckten Wein, den ihnen der Wirt gebracht
hatte.
»Dieser Hehler hat ein Dutzend verschiedener Ziele angegeben«, erinnerte er. »Einige davon sind eine Wochenreise entfernt. Selbst wenn wir genug wären um sie alle
aufzusuchen, wüssten wir nicht einmal, ob er wirklich zu
irgendeinem dieser Orte gefahren ist.« Er trank einen weiteren Schluck, sah Lancelot nachdenklich an und fragte
dann: »Was ist so wichtig an ein paar alten Töpfen, dass
Artus einen solchen Aufwand betreibt um sie zurückzubekommen?«
Genau vor dieser Frage hatte Lancelot Angst gehabt. Er
hob die Schultern und biss ein Stück vom Brot ab um Zeit
zu gewinnen. »Der König von Camelot lässt sich nun einmal nicht gerne bestehlen.«
»Unsinn!«, versetzte Braiden. »Und selbst wenn es so
wäre …« Er lachte bitter und hob den rechten Arm, der
nicht in einer Hand, sondern in einem Stumpf endete.
Seit der Schlacht am Cromlech, in der er die Hand verloren hatte, war so viel Zeit vergangen, dass sich Lancelot
und auch alle anderen Ritter schon an den Anblick gewöhnt hatten und er ihnen gar nicht mehr auffiel, und auch
Braiden hatte es sich zu Eigen gemacht, seine Behinderung einfach zu überspielen.
Lancelot wusste jedoch, dass er insgeheim sehr darunter
litt und sich für einen Krüppel und völlig nutzlos hielt.
»Ich würde noch verstehen, dass er jemanden wie mich
schickt oder ein paar der jungen Soldaten … aber die beiden tapfersten Ritter Camelots?« Er schüttelte heftig den
Kopf. »Nein!«
Lancelot hielt seinem Blick gelassen stand und zuckte
betont gleichmütig mit den Achseln. »Es tut mir Leid, Sir
Braiden, aber ich weiß nicht, was hinter Artus’ Stirn vorgeht«, behauptete er.
Braiden sah ganz so aus, als wolle er ihn auslachen.
»Wenn es jemand weiß, dann doch wohl Ihr.«
»In diesem Falle offensichtlich nicht«, antwortete Lancelot. Er legte bewusst eine Spur von Ungeduld in seine
Stimme, um Braiden auf diese Weise klar zu machen, dass
er nicht weiter über das Thema reden wollte.
Natürlich würde sich der ältere Tafelritter nicht davon
abbringen lassen, wenn er es wirklich wollte, aber sowohl
er als auch Parzifal waren zu erschöpft um noch lange
weiterzureden.
Braiden seufzte nur tief. »Was schlagt Ihr also vor?«
»Wir teilen

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