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Elbenschswert

Titel: Elbenschswert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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resultierte, nicht
aus Geiz, und diesen Unterschied konnte man tatsächlich
sehen. Hätte Lancelot damals, in dem anderen Leben, das
er gelebt hatte, die Wahl gehabt, so hätte er dieses Gasthaus hundertmal vorgezogen.
Er ging zur Rückseite des Gebäudes und betrat den aus
einfachen Brettern errichteten Stall, in dem ihre Tiere untergebracht waren. Das Einhorn begrüßte ihn mit einem
leisen Schnauben, als hätte es genau gewusst, dass er
kommen würde, und auf ihn gewartet. Lancelot ging zu
dem Tier hin, das sich in einem separaten Verschlag ganz
am Ende des Stalles befand, um sich neben ihm zum
Schlafen niederzulegen.
Er hatte es kaum getan, da spürte er, dass er nicht mehr
allein war.
Sein erster Impuls war, aufzuspringen und sich umzusehen, aber er unterdrückte ihn, bewegte sich stattdessen nur
leicht und ganz auf die Art eines Menschen, der schon fast
hinübergedämmert war und nur nach einer etwas bequemeren Stellung suchte, und griff dabei nach dem Schwert.
Die Klinge vibrierte ganz leicht unter seinen Fingern. Hätte er noch einen Beweis gebraucht um nicht an einen bösen Streich zu glauben, den ihm seine überreizten Nerven
spielten, so hätte er ihn jetzt gehabt.
Das Elbenschwert spürte die Gefahr so deutlich wie er.
Lancelot lauschte. Er hörte das Hämmern seines eigenen
Herzens, die gedämpften Geräusche, die die schlafenden
Pferde verursachten, selbst das Rascheln von Mäusen im
Stroh, aber ansonsten nichts. Wenn da jemand war, dann
nicht im Stall.
Vorsichtig stand Lancelot auf, zog das Schwert aus der
Scheide und fuhr mit der anderen Hand über den Hals des
Einhorns, damit es kein verräterisches Geräusch machte.
So leise, wie er nur konnte, schlich er zur Tür und spähte
durch die breiten Ritzen der Bretterwand hinaus. Auch
draußen schien alles ruhig zu sein und er konnte nur bewegungslose Schatten erkennen. Und dennoch spürte er
mit jedem Moment mehr, dass er belauert und angestarrt
wurde.
Kurzerhand schob Lancelot die Tür gerade weit genug
auf, um hindurchschlüpfen zu können, und registrierte
verärgert das Quietschen der uralten, vermutlich noch nie
geölten Angeln, das ihm vorhin nicht aufgefallen war. Er
sah sich noch einmal aufmerksam um, steuerte das nächste
Gebäude an und huschte in seinen Schatten, so schnell er
nur konnte. Das Gefühl der Bedrohung war jetzt ganz intensiv. Das Schwert in seiner Hand schien nicht mehr zu
vibrieren, sondern zu pulsieren wie ein kleines eisernes
Herz, das in rasender Vorfreude schlug. Er spürte seine
Gier und er wusste mit unerschütterlicher Sicherheit, dass
es gleich zum Kampf kommen und der Blutdurst der magischen Klinge gestillt werden würde.
Aber wer sollte ihn hier angreifen? Sie befanden sich eine Tagesreise von Camelot entfernt, aber sicher im Herzen
des Reiches. Selbst die Patrouillen, die die Pikten immer
frecher über das Land sandten, würden es sich zweimal
überlegen, hier anzugreifen und noch dazu ein Ziel, das
den Aufwand nicht lohnte. Die Menschen hier waren so
arm, dass sie einfach nichts hatten, was man ihnen stehlen
konnte.
»Sir Lancelot!«
Lancelot fuhr erschrocken zusammen und sah sich in alle Richtungen um. Niemand war da. Der Ort lag völlig
reglos schlafend da, eine Ansammlung von Schatten.
Aber er hatte die Stimme ganz deutlich gehört.
Und im nächsten Moment vernahm er sie wieder. »Sir
Lancelot! Ich bin hier!«
Lancelot fuhr abermals herum und diesmal war ihm
nicht nur die Richtung klar, aus der das gehetzte Flüstern
kam, sondern er sah auch etwas. Im ersten Moment nur
einen Schemen, dann die schwarze Silhouette eines Menschen. Es war etwas Bekanntes daran, das ihn umso mehr
irritierte, weil er es nicht einordnen konnte, es war kein
angenehmes Gefühl der Vertrautheit.
Einen Augenblick später wusste er, wieso ihm dieser unheimliche Schatten so vertraut vorkam. Er hatte ihn schon
einmal gesehen – am Morgen nach dem Kampf gegen die
Pikten, den er verloren hatte. Ganz wie jetzt hatte er nur
einen Umriss erkannt, einen Menschen, der etwas wie eine
Mönchskutte mit einer weit ins Gesicht gezogenen Kapuze
trug, und damals wie heute war es dasselbe unheimliche
Gefühl, aus gnadenlosen Augen angestarrt zu werden, mit
denen ein Raubtier seine Beute musterte.
»Kommt hierher!«, fuhr die flüsternde Stimme fort. Sie
hatte jenen gehetzten Unterton, der es unmöglich machte,
zu sagen, ob sie einem Mann oder einer Frau gehörte. Und
obwohl alles in Lancelot wusste , dass

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