Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
Schlüsselrolle.«
Illurien, genauer gesagt der Teil des Schattenmahrs, der von ihr Besitz ergriffen hatte, war sich nicht sicher, was er von den Entwicklungen der letzten Stunden halten und wie er darauf reagieren sollte. Der Fall Zarkhaduls stellte einen großen Sieg dar, auch wenn die Mine von den Zwergen evakuiert worden war, doch die Niederlage von König Kalmar und seine Gefangennahme bedeuteten einen schweren Rückschlag.
Hinzu kam noch Gelinians unerwartete Ankunft, die er nicht einzuordnen vermochte, aber auf jeden Fall kam sie ihm äußerst ungelegen. Am besten wäre es, wenn sie mitsamt ihrer Gefolgschaft möglichst rasch wieder in das ohnehin dem Untergang geweihte goldene Tal zurückkehrte, denn auch ihre einflussreichen Begleiter stellten eine Gefahr für Illuriens Autorität dar.
Als ein nach möglichst allumfassender Macht strebendes Wesen, das nur Gehorsam und bedingungslose Unterordnung kannte, war ihm die Struktur im Zusammenleben der Elben noch immer fremd. Auf der einen Seite sprachen sie Illurien respektvoll mit Herrin an und beugten sich zumeist freiwillig ihren Entscheidungen, doch aus unbegreiflichen Gründen hatte sie dies niemals genutzt, um wirkliche Macht auszuüben und die Herrschaft zu ergreifen. Statt Widerstände einfach hinwegzufegen, musste sie so stets fürchten, dass andere sich gegen sie auflehnten und ihre Beschlüsse infrage stellten, eine völlig bizarre Situation. Je mehr Ansehen jemand genoss, desto größer wurde die Gefahr freilich noch; schon allein deshalb hätte Khraátam selbst niemals zugelassen, dass andere neben ihm zu so großem Einfluss gelangt wären.
Nun jedoch befanden sich zahlreiche andere mächtige Elbenfürsten hier, und da sein Denken stets in Kategorien der Macht ablief, konnte er sich kaum vorstellen, dass es sich um einen Zufall handelte. Da sie keine direkte Befehlsgewalt besaß, war Illuriens Position bei den Kriegern und Magiern, die sie mit zum Schattengebirge genommen hatte, angreifbar. Man tat zwar, was sie verlangte, doch die meisten erkannten keinen Sinn in diesem Krieg und missbilligten die von ihr eingesetzten Mittel. Gerade durch den Dauereinsatz von zerstörerischer Magie in den letzten Tagen hatte sie ihre Macht zwar ein wenig gefestigt, doch war sie dennoch nach wie vor angreifbar.
Wenn es zu einer Machtprobe käme, er wüsste nicht, wem sie gehorchen würden, Illurien oder den anderen Elbenfürsten.
Die größte Gefahr aber ging zweifellos von Gelinian aus. Der Mahr war entgegen seiner Behauptung äußerst froh gewesen, dass sie bei der Abreise aus dem goldenen Tal nicht anwesend gewesen war. Als Illuriens Tochter hatte sie nicht nur eine herausragende Stellung inne, sondern kannte ihre Mutter vor allem so genau, dass ihr sicherlich alle Abweichungen in ihrem Verhalten auffallen würden.
Wenn es ihm wenigstens endlich gelingen würde, den Willen der echten Illurien zu brechen! Aber sie war innerlich stark und unbeugsam, viel stärker als alle anderen Elben, mit denen es der Schattenmahr in dieser Zeitepoche bislang zu tun bekommen hatte. Lhiuvan, Pelariol und die anderen, die er unter seinen Willen gezwungen hatte – keiner von ihnen hatte eine solche Kraft besessen, sich ihm zu widersetzen.
Auch von Illurien hatte er Besitz ergreifen können, nicht zuletzt, weil er sie völlig überrascht hatte. Sie besaß keinerlei Kontrolle mehr über ihren Körper, und auch auf einen Teil ihrer Erinnerungen konnte er zugreifen, aber nicht auf alle. Wenn er jemanden sah, wusste er, wer es war, aber es gab viele Erinnerungen, gerade solche privater Natur, die die Elbin vor ihm verbarg, und er war nicht stark genug, ihren Widerstand zu brechen.
Ob Gelinian bereits Verdacht geschöpft hatte? Vermutlich nicht, sonst hätte sie sich anders verhalten. Die Erschöpfung hatte der Mahr ihr nicht vorzuspielen brauchen. Die Zerstörung des Tors von Zarkhadul hatte extrem viel Kraft gekostet, nicht nur von Illurien, sondern auch von ihm selbst. Selbst wenn Gelinian gespürt hatte, dass etwas nicht wie sonst gewesen war, musste ihr das eine hinreichende Erklärung dafür bieten.
Anders jedoch sähe es bei einem weiteren Zusammentreffen aus. Dazu durfte es unter keinen Umständen kommen.
Der Schattenmahr überlegte, ob er nicht einfach davonreiten sollte, der Armee aus der Vergangenheit entgegen, um sich so bald wie möglich wieder mit dem leibhaftigen Khraátam zu vereinen. Seine ursprüngliche Aufgabe war bedeutungslos geworden, da keine Notwendigkeit
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