Elbentod: Die Zwerge von Elan-Dhor 3 (German Edition)
Gelinians Tod rasch bemerkt werden, was ihr sehr gelegen kam. Sie würde Tarkalan als einen abtrünnigen Verräter noch in dieser Nacht bestrafen und verlangen, dass die Neuankömmlinge gleich am nächsten Morgen zum goldenen Tal zurückkehrten, um den Leichnam ihrer Tochter dort in ihrer Heimat mit allen Ehren zu verbrennen.
In sicherem Abstand schlich der Elb an dem Feuer vorbei. Immer undeutlicher konnte Illurien nun empfangen, was er wahrnahm, aber das spielte keine Rolle. Sie wurden beide vom gleichen Geist beherrscht, und auch ohne dass sie miteinander verbunden waren, würde er ebenso handeln, wie sie selbst es täte.
In Gelinians Zelt brannte noch Licht. Eine Kerzenflamme warf ihren huschenden Schein von innen gegen die Stoffwände, doch auch nachdem er einige Minuten gelauscht hatte, blieb alles ruhig. Tarkalan riskierte es, vorsichtig zwischen den Bahnen vor dem Eingang hindurchzuspähen. Die junge Elbin war allein und schlief tief und fest auf ihrem Lager. Die Kerze hatte sie wohl nur vor Erschöpfung zu löschen vergessen.
Er zog seinen Dolch, dann huschte er lautlos ins Zelt hinein. Von diesem Moment an brach Illuriens Verbindung mit ihm völlig ab. Das echte Bewusstsein der Elbenherrin bäumte sich erneut voller Verzweiflung auf. Die Angst um ihre Tochter verlieh ihr dabei noch einmal ungeheure Kräfte, doch nach der Verschmelzung mit den anderen war der Schattenmahr nun stark genug, sie mühelos niederzuringen.
Nur wenige Minuten später entstand im Lager Aufregung. Schreie und laute Rufe erklangen.
»Gelinian ist tot! Gelinian ist ermordet worden!«, konnte der Schattenmahr bis zu seinem Zelt vernehmen. Dieses Problem war beseitigt.
Er lächelte grimmig und machte sich bereit, die leidende Mutter zu spielen, sobald man Illurien die Nachricht vom Tod ihrer Tochter überbrachte.
18
DIE VERSCHWÖRUNG
Thalinuels Geschichte,
Januar 11658 alter Zeitrechnung der Elben
In den Tagen nach der großen Versammlung geschah nichts Außergewöhnliches mehr. Molakans Behauptung, dass niemand sich mehr den Mauern Tal’Orins nähern könnte, bewahrheitete sich. Jeder königliche Krieger, der es versuchte, starb ohne erkennbare Ursache, sobald er ihnen näher als ein knappes Dutzend Meter kam.
Auch der Versuch, von außerhalb des tödlichen Ringes Pfeile auf die Verteidiger auf den Mauern abzuschießen, scheiterte. Jedes Geschoss zerfiel zu Staub, sobald es sich den Mauern näherte.
Lotharons Magier fanden keinerlei Möglichkeit, dies zu verhindern oder die Krieger zu schützen, und so hatten die Angriffe bald ein Ende, zumindest vorläufig.
Da sie nun mehr Zeit hatte, hing Thalinuel wieder verstärkt ihren Gedanken nach. Wenn sie durch Tal’Orin streifte, führte ihr Weg sie des Öfteren zu den Ställen und damit auch in die Nähe des kleinen Gebäudes, das dahinter verborgen lag. Auch jetzt noch stand stets eine Wache davor, die mittlerweile sogar aus zwei Kriegern bestand. Fenster gab es keine, doch als sie einmal auf das Dach eines Stalles kletterte, konnte sie mehrere kleine Oberlichter im Dach des Gebäudes entdecken.
Sie war nach wie vor neugierig, was sich so Wichtiges darin befinden mochte, dass kaum jemand Zutritt dazu hatte, aber die Frage erschien ihr nicht mehr so dringend wie noch vor kurzer Zeit.
Andere Ereignisse weckten ihre Aufmerksamkeit. Sie wurde von Tag zu Tag unruhiger und rastloser, konnte sich kaum noch auf etwas konzentrieren. Immer mehr fühlte sie sich von den Mauern Tal’Orins erdrückt und kam sich wie eine Gefangene vor.
Anfangs glaubte sie noch, es läge an der für Elben so unangenehmen Umgebung und daran, dass sie genau wie die anderen tatsächlich hier eingeschlossen war, denn die Belagerung dauerte auch weiterhin an.
Aber das war es nicht allein. Es dauerte eine Weile, doch schließlich begriff sie, dass ihr die Angriffe der königlichen Truppen fehlten. So verrückt es auch klang, sie war regelrecht süchtig danach geworden, sich in der Schlacht zu beweisen, anderen im Kampf gegenüberzutreten und – ja, und auch danach, sie zu töten.
Der Gedanke erschreckte sie, aber es hatte keinen Sinn, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen. So hatte sie noch niemals empfunden, auch nicht, nachdem sie früher in den Kampf gezogen war. Das Töten war ihr immer als eine widerliche Notwendigkeit des Kriegshandwerks erschienen, doch jetzt sehnte sie es geradezu herbei. Schon bei der Vorstellung, die Klinge mit einem Feind zu kreuzen und ihm den glänzenden Stahl in den Leib
Weitere Kostenlose Bücher