Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
Runden Meeres gelangen wollten. Die drei Handvoll Häuser, die das Dorf Schönweiler bildeten, lagen in der weiten, fruchtbaren Ebene der Mark Raakus, die getüpfelt war von kleinen Gehöften, gemustert von Viehweiden, Weizen- und Maisfeldern und kreuz und quer durchzogen von zahlreichen Wasserläufen, die dafür sorgten, dass die Felder niemals Gefahr liefen zu verdorren, auch wenn der Sommer noch so heiß und trocken daherkam.
    Aber jetzt war der Winter gerade vorüber, und die ersten schüchternen Anzeichen des Frühlings zeigten sich in den grünen Spitzen, die aus der schweren dunklen Erde lugten. Ein kalter, immer noch nach Schnee riechender Wind blies von den Bergen herunter und ließ die zarten Knospen an den Büschen erschauern.
    Trurre Silberzunge, der gerade sein stämmiges Bergpony dem Stallburschen übergab und mit seinem geschulterten Packen, ebenso staubbedeckt und von der Reise zerknautscht wie er selbst, den Schankraum des Schwarzen Einhorns betrat, hätte wohl überall sonst in den Dörfern der Gemarkung für ordentliches Aufsehen gesorgt. Hier, im Schwarzen Einhorn , drehten sich zwar einige Gäste zu dem Eintretenden um, wandten sich aber, da er kein Bekannter war, auch gleich darauf wieder ab.
    Der Zwerg stapfte zum Schanktisch, ließ sein Gepäck zu Boden fallen, dass eine Wolke aus Staub und Stroh aufstieg, lehnte seinen knotigen Stock an den Tresen und kletterte auf einen für solche Fälle bereitstehenden niedrigen Hocker. »Ein Humpen von deinem besten Selbstgebrauten, Wirt«, orderte er. »Meine Kehle ist so staubig wie dein Fußboden.«
    »Kommt sofort, mein Wertester«, erklang die Antwort. Der Wirt, ein Mensch aus dem Hochland, wie man an dem rötlichen Haar und der sommersprossigen Haut erkennen konnte, drehte den Zapfhahn auf und hielt einen hölzernen Humpen darunter. Das Bier schäumte aus dem Hahn und gluckerte verlockend in das Gefäß.
    Trurre warf eine Münze auf den Schanktisch, ergriff mit beiden Händen den Humpen und trank ihn in einem Zug halb leer. Dann grunzte er zufrieden, wischte sich den Mund und drehte sich herum, um an den Tresen gelehnt die Anwesenden zu mustern. Er suchte jemanden, und als er ihn nicht in der Menge fand, drehte er sich wieder zurück, leerte den Humpen bis zur Neige und gab dem Wirt ein Zeichen, ihn wieder aufzufüllen.
    »Was hast du zu essen?«, fragte er, nachdem er einen weiteren, diesmal kleineren Schluck zu sich genommen hatte.
    Der Wirt trocknete seine sommersprossigen Hände ab und hob sie, um sorgfältig an den Fingern abzuzählen: »Feinen Elbenschmaus, aber den wirst du wohl nicht mögen«, – Trurre schüttelte angewidert den Kopf – »dann einen Eintopf mit Grütze, Kartoffeln und frischem Speck, Spießbraten vom Schwein, gewürzten Kohl und natürlich einen kalten Imbiss nach Wunsch: Brot, Schinken, Käse, Speck, geräucherte Wurst, Honig …«
    »Ah, gut, danke«, unterbrach ihn der Zwerg. »Bring mir Brot und eine dicke Scheibe vom Spießbraten. Und dann eine Ecke Käse und noch ein Bier. Ach ja, den Kohl nehme ich auch. Kocht den immer noch deine Frau?«
    Der Wirt nickte und schickte einen Jungen, der nahebei unter ordentlichem Gespritze schmutzige Krüge in einen Zuber mit Spülwasser tunkte, mit der Bestellung in die Küche.
    »Kommst du von den Totenbergen oder bist du auf dem Weg dahin?«, fragte der Wirt später, als er die Platte mit Essen zu einem freien Tisch trug.
    »Weder noch«, erwiderte Trurre. Er kletterte auf die Bank und verzog das Gesicht. »Hast du noch was für meinen Hintern …«
    »Kommt sofort, mein Wertester«, erwiderte der Wirt. Er griff unter die Bank und holte ein außerordentlich dickes Kissen hervor.
    »Danke«, murmelte sein Gast. Nachdem er sich mit einem zufriedenen Seufzer das Kissen untergeschoben hatte, ließ er seinen schweren Lodenumhang von den Schultern gleiten und knöpfte die dunkelgraue Joppe auf, unter der ein hübsches weißleinenes Hemd mit geschnürtem Halsausschnitt zum Vorschein kam. In diesen stopfte er jetzt ein rotkariertes Sacktuch, griff sein Messer und stach es voller Vorfreude in die dampfende Scheibe Braten, die in dicker, duftender Soße schwamm.
    »Na, mal wieder beim Essen?«, erklang eine Stimme, als er gerade den letzten Rest Soße mit einer Scheibe Brot auswischte. Er ließ sich nicht stören, stopfte das Brot in seinen Mund, kaute seelenruhig und schluckte es hinunter, ehe er auffordernd auf die Bank klopfte. »Ich dachte, ich verkürze mir die Wartezeit«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher