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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Beine. Er kniete neben der Frau nieder und sah die beiden Gefangenen starr an. Seine Hände lagen reglos auf seinen Knien. »Warum willst du das tun, Sonnenlied?«, fragte er nach einer Weile mit melodischer dunkler Stimme.
    »Sie gehören zu ihr«, erwiderte die Frau. »Ich habe keine Zweifel an der Geschichte, die sie uns erzählt haben. Und die Kinder haben bestätigt, dass er« – sie deutete auf den aufmerksam lauschenden Izayan – »der Gras’dau ihres Stammes ist. Außerdem werden sie nicht zu fliehen versuchen, solange wir ihre Skralls haben.«
    Der Elb äußerte sich nicht. Er neigte den Kopf ein wenig, als würde er einer unhörbaren Stimme lauschen. »Binde sie los«, sagte er dann und stand auf, um zu seinem unterbrochenen Tun zurückzukehren.
    Die Frau beugte sich vor und löste Lluigolfs Fesseln. Sie bedeutete ihm, das Gleiche mit Izayan zu tun, und hockte sich wieder auf ihre Fersen. Ihre Hände mit den mondfarbenen Nägeln baumelten entspannt vor ihren Knien.
    »Warum seid ihr hier?«, fragte sie.
    Lluigolf rieb sich die Handgelenke und streckte sich, dass die Gelenke knackten. »Wir haben die Kinder befreit«, antwortete er mürrisch.
    Die Elbin lachte, und ihre weißen Zähne blitzten. »Du bist ulkig«, sagte sie. Lluigolf lächelte ein wenig verkniffen zurück.
    »Ich bin müde, ich bin hungrig und ich bin äußerst schlecht gelaunt«, sagte er. »Was habt ihr mit uns vor?«
    Der Schweigsame, der bis jetzt in dem Topf mit dem stark riechenden Gebräu herumgerührt hatte, rief: »Sonnenlied!« Sie stand auf. »Ich werde mich jetzt um deine Gefährtin kümmern. Und ihr bekommt etwas zu essen, mein übellauniger Freund.«
    Sie ging fort in dem weit ausgreifenden Schritt, der diese Elben anscheinend auszeichnete. Lluigolf spuckte aus und erhob sich. »Ich sehe nach Rutaaura. Ich will wissen, was sie mit ihr anstellen.«
    Izayans Hand berührte sein Bein. »Lass sie gewähren«, sagte der Gras’dau ruhig. »Sie sind Heiler, allesamt. Ihre Kräfte sind groß und ihre Fähigkeiten übersteigen alles, was du dir vorstellen kannst.«
    »Aber ja«, murmelte Lluigolf. »Und bei Sonnenaufgang fliegen sie ein bisschen am Himmel herum, und notfalls können sie auch übers Wasser laufen.« Er klopfte dem Sandläufer auf die Schulter und schlenderte dann zu dem offenen Zelt hinüber, in dem die beiden Elben neben Rutaaura knieten. Der Schweigsame hatte den grünlichbraunen Brei aus dem Kessel in ein dünnes Leinentuch geschüttet und faltete es sorgfältig zu einem Päckchen. Die Elbin Sonnenlied richtete Rutaaura halb auf, sodass der andere ihr das Breipäckchen in den Nacken legen konnte. Er fixierte es locker mit einem zweiten Streifen Stoff, und beide ließen die Bewusstlose sanft wieder auf die Decke gleiten.
    Lluigolf ging zögernd zu ihnen und nahm Rutaauras Hand. Sie lag kühl und schlaff in seinem Griff. Er sah Sonnenlied und ihren Begleiter fragend an.
    »Du solltest dich nicht sorgen«, sagte die Elbin. »Sie hat einen bösen Schlag abbekommen, aber sie ist bald wieder auf den Beinen.«
    »Aber sie wird üble Kopfschmerzen haben, wenn wir nichts weiter tun«, fügte der Schweigsame hinzu und legte seine große Hand auf Rutaauras Stirn. »Ich würde mich gerne darum kümmern.«
    Die Elbin nickte und stand auf. »Ich lasse dich allein, Regenläufer«, sagte sie und sah Lluigolf an.
    »Er kann bleiben«, sagte der andere. »Wenn er ruhig ist.« Lluigolf nickte und legte eine Hand vor seinen Mund. Der Elb lächelte knapp und wandte sich Rutaaura zu.
    »Wie ist ihr Name?«, fragte er.
    »Rutaaura«, sagte Lluigolf.
    »Das ist einer von ihren Namen«, sagte Regenläufer abfällig. »Aber sie sieht aus wie eins von Mondauges Kindern.« Er ließ seine Hand auf ihrer Stirn und legte die andere auf Rutaauras Schulter, sodass er leicht ihren Hals berührte. Der Blick seiner gelben Vogelaugen ging ins Leere, und sein Atem wurde so flach, dass er ihn anzuhalten schien.
    Lluigolf ließ sich auf seinen untergeschlagenen Beinen nieder und betrachtete den Elben mit Staunen. Die einzige Dunkle Elbin, die er kannte, war Rutaaura, und er hatte angenommen, dass alle Dunklen mehr oder weniger so aussähen wie sie. Jetzt stellte er fest, dass sie so unterschiedlich waren wie Bäume. Die Frau, Sonnenlied, war kleiner als Rutaaura und breiter gebaut. Sie hatte kräftige Arme und Schultern und ein rundes Gesicht und ähnelte damit den bäuerlichen Elben, die am Rande des Wandernden Hains in ihren Dörfern lebten. Ihre Haut

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