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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Schicht von weißer Farbe und Puder, die ihr auf dem Gesicht klebte und die jetzt schon erbärmlich juckte.
    Sie streckte ihrem bleichen Spiegelbild die Zunge heraus und richtete sich ächzend wieder auf. Dann stieg sie balancierend in die dicksohligen Hakiitas , krümmte ihre dünnbestrumpften Zehen, bis sie in den richtigen Schlaufen saßen, und wünschte sich aus tiefstem Herzen zurück in ihr eigenes Haus. Was machte sie eigentlich hier? Warum hatten eine dürre Bitte ihrer Schwester und ein paar vage geäußerte Vermutungen ausgereicht, dass sie alles stehen ließ, zum Sommerpalast reiste und sich nun sogar völlig gegen ihre eigenen Wünsche und Überzeugungen wieder an den Hof begab? Sie musste verrückt geworden sein.
    Jemand klatschte vor ihrer Tür leise und höflich in die Hände und unterbrach ihre Gedanken. Iviidis verdrehte die Augen. Ihr Vater hatte darauf bestanden, ihr als verheirateter Frau das volle Zeremoniell angedeihen zu lassen, und deshalb stand jetzt eine Eskorte vor der Tür, um sie zur Hohen Halle zu geleiten.
    »Komm herein«, rief sie und konnte nicht verhindern, dass sie gereizt klang.
    Der Vorhang teilte sich, und eine junge Gardistin trat ein. Sie blinzelte verblüfft, als sie Iviidis in ihrer höfischen Kostümierung sah, bemühte sich aber augenblicklich wieder um eine neutrale Miene und salutierte formell.
    Iviidis nickte ihr zu und unterdrückte ein Seufzen. Ihr Vater schien ihr Erscheinen bei Hofe äußerst ernst zu nehmen, wenn er als ihre offizielle Eskorte sogar eine Gardistin angefordert hatte. Die Elbensoldatin steckte in einer dunkelblauen Paradeuniform mit silbernen Tressen, silberbesticktem Stehkragen, reich verziertem Gehänge und einem schneeweißen Umhang, dessen Faltenwurf von der linken Schulter bis zum Stiefelrand fiel, und schien sich in ihrer Aufmachung ähnlich unwohl zu fühlen wie Glautas’ Tochter.
    »Wie ist dein Name?«, fragte Iviidis.
    »Broneete,  han-Ttai «, erwiderte die Gardistin steif.
    »Ich bin fertig, Broneete. Würdest du bitte kurz meinen Fächer halten? Ich glaube, mein Kshi löst sich gerade wieder auf.«
    Die Gardistin nahm den Fächer entgegen und wandte taktvoll den Blick ab, während Iviidis in den Tiefen ihrer Gewänder nach einem sich lockernden Band fahndete.
    »So«, sagte Iviidis ein wenig atemlos. »Mit ein bisschen Glück hält alles zusammen, bis ich wieder zu Hause bin.« Sie verzog das Gesicht und spürte, wie ein wenig Puder auf ihren Kragen rieselte.
    Die Gardisten biss sich auf die Wange, um nicht zu lächeln. Sie raffte den Vorhang für Iviidis zur Seite und hielt sich dann neben ihr, natürlich mit der vorgeschriebenen Armlänge Abstand. Iviidis hatte Mühe, in den starren Hakiitas auszuschreiten, und fand erst langsam wieder in den gleitenden Schritt, den dieses unbequeme Schuhwerk erforderte.
    Vor der Tür wartete schon eine Sänfte auf sie. Dankbar nahm sie Broneetes Hilfe beim Einsteigen an. Der hölzerne, mit Seide bezogene Sitz mit der baldachinüberspannten Rückenlehne wurde von seinen Trägern hochgehoben und setzte sich schwankend in Bewegung.
    »Du gehörst zu Kommandeur Horakins Leuten?«, fragt Iviidis nach einer Weile, in der Broneete schweigend neben der Sänfte hergegangen war.
    Die Gardistin bewegte den Kopf mit einer elbentypischen Geste, die gleichzeitig Zustimmung und Verneinung bedeutete. »Ich bin gerade zur persönlichen Leibwache des Obersten Tenttai versetzt worden«, erwiderte sie. »Aber vorher war ich Kommandeur Horakin unterstellt, das ist richtig, han-Ttai .«
    »Ich war nicht hier, als es passiert ist. Es muss schrecklich gewesen sein.« Iviidis wartete eine Weile, aber als Broneete nichts darauf erwiderte, fuhr sie fort: »Man erzählt sich, dass Horakin von den Dunklen geholt wurde.«
    Die Gardistin schob eine braune Haarsträhne zurück, die der leichte Wind aus ihrem Zopf gelöst hatte, und blickte starr nach vorne. »So sagt man, han-Ttai «, antwortete sie.
    Iviidis musterte sie neugierig. Die junge Elbin war ungewöhnlich dunkelhaarig, was auf eine nicht allzu vornehme Herkunft hinwies. Aber sie hatte es immerhin zu Horakins Garde und danach zur Leibgarde ihres Vaters geschafft, und das war ein Beweis dafür, dass sie über Verstand und Durchsetzungsvermögen verfügen musste.
    »Und du, was denkst du darüber?«, führte Iviidis die Befragung fort. Es begann ihr Spaß zu machen, die Gardistin ein wenig aus der Reserve zu locken.
    »Ich bin nur eine einfache Soldatin, han-Ttai , Denken

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