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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sagte sie. »Der Heiler ist reisebereit?«
    Der Sandläufer senkte die Lider, als hätte sie ihn gescholten, und schwieg lange. Dann wandte er ihr sein dunkles Gesicht zu und sah sie direkt an. Das war unter Fremden unüblich, und Rutaaura erwiderte den Blick erstaunt und erwartungsvoll. 
    » Durq’kka «, sagte er entschlossen und sprach sie damit respektvoll als ranghöheres Mitglied seines Volkes an. Ein Bruder erbittet deine Hilfe.
    Die Form der Bitte ließ ihr keine Wahl. » MhranQ’r’randu «, gab Rutaaura zögernd die rituelle Antwort. Die Schwester hört dich und wird tun, was in ihren Kräften steht.
    Sie meinte zu spüren, wie der Boden sich unter ihr bewegte. Was immer der junge Sandläufer jetzt von ihr verlangte – ihre Ehre und ihr Wort banden sie. Rutaaura blickte sich suchend um. 
    Lluigolf, der gegen den Tresen gelehnt dagestanden und sich mit einem Matrosen unterhalten hatte, fing ihren Blick auf, klopfte dem Seemann kräftig auf die Schulter und kam mit seinem Bierkrug in der Hand auf sie zu. 
    »Wie nennen dich deine Schwestern?«, fragte Rutaaura.
    »Die Mütter gaben mir den Namen Tamayout«, sagte er und warf dem herannahenden Lluigolf einen misstrauischen Blick zu.
    »Tamayout«, sagte Rutaaura mit leiser Verzweiflung in der Stimme, »mein Stamm nennt mich Arassou. Und das ist mein geschworener Gefährte L’xu’ghol. Er ist mein Ohr und meine Zunge.«
    Das Missfallen wich nicht aus der Miene des jungen Mannes. Er hatte sich halb erhoben, und seine mit blaugefärbten Narben bedeckte Hand lag am silbernen Griff eines Dolches, der in seiner Schärpe steckte.
    Lluigolf blieb stehen und sah den Sandläufer mit leisem Spott in den dunkelgrauen Augen an. » Syan’daau «, grüßte er höflich. »Mehr als das kann ich in eurer halsentzündenden Sprache leider nicht sagen, aber vielleicht hilft es dir, dich ein wenig zu entspannen, mein unruhiger Freund.«
    »Lluis«, sagte Ruta mahnend. »Das ist Tamayout. Er hat mich um Beistand gebeten.«
    Lluigolf verdrehte die Augen. »Heiliger Katzendreck«, murmelte er leise. »Das hat uns gerade noch gefehlt.«
    Tamayout umfasste den Dolchgriff fester und sah Rutaaura mit zusammengezogenen Brauen an. »Er soll gehen«, sagte er stockend in der Sprache der Menschen. »Er Mauermann, Fußkriecher. Er kein Taywwa !«
    »Richtig, mein Junge, das bin ich nicht«, sagte Lluigolf und zog mit einem Fuß einen Hocker heran, auf dem er sich niederließ. »Aber wenn du Hilfe von meiner Gefährtin willst, hast du mich gleich mit eingekauft.«
    Der Sandläufer blieb stehen und sah Rutaaura anklagend an.
    Sie legte eine Hand auf Lluigolfs Arm und gab ihm einen stummen Wink. Er wandte den Kopf ab und seufzte. »Bitte, Lluis«, sagte sie eindringlich.
    Er drehte mit zusammengekniffenen Lippen den Kopf seitwärts und strich kurz seine langen, lockigen Haare von der Schläfe, um dem Sandläufer sein Ohr zu zeigen. Der junge Sandläufer starrte zuerst ihn ungläubig an und dann Rutaaura. Sie zuckte nur mit den Achseln und zupfte eine Strähne ihres hellen Haars aus dem Turban.
    Der Sandläufer keuchte und machte Anstalten, sich auf die Knie zu werfen, aber Lluigolf hielt ihn eisern am Ellbogen fest, während Ruta ihren Turban wieder zurechtzog.
    »Gut, dann wäre das ja geklärt«, knurrte der stämmige Mann und schob den verwirrten Sandläufer auf die Bank zu.
    Tamayout ließ kein Auge von Rutaaura, als er sich hinsetzte. »Ich erflehe deine Vergebung«, sagte er heiser. »Ich wusste nicht, wer du bist, als ich dich um Beistand bat.« Er schlug beschämt mit der narbenbedeckten Hand auf seine Brust, in seinen dunklen Wimpern hingen Tränen. »Du bist nicht verpflichtet, einem einfachen Taywwa’na’cho zu helfen. Dein Stamm ist gesegnet. Deine Füße sollen nie den heißen Sand berühren müssen, das Wasser begleite dich auf all deinen Wegen …«
    Rutaaura schenkte dem breiten Grinsen Lluigolfs keine Beachtung. Sie beugte sich vor und nahm die Hand des verzweifelten Jungen in ihre dunklen Hände. »Tamayout«, sagte sie eindringlich. »Ich habe versprochen, dass ich dir helfe – du musst mir jetzt nur sagen, was ich für dich tun soll.«
    Er wagte nicht, sie anzublicken und starrte auf ihre Hände nieder, deren Haut sogar noch dunkler war als die seine. » Saayaa «, begann er stockend, »der Heiler, den ich für meine J’Xchan holen sollte, ist nicht mehr in den Mauern. Ich habe die Mauern-Frau nicht verstanden, die dort jetzt lebt, sie spricht nicht meine

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