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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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festzustellen, dass sie wieder nicht an dem Ort sind, an dem die Gerüchte sie vermutet haben!«
    Ruta hob die Hand. »Ich denke darüber nach«, sagte sie bestimmt. »Lluis, du wartest hier weiter auf den Kapitän. Ich rechne nicht mehr mit ihm, aber wenn er doch noch auftauchen sollte, frag ihn gleich auch nach der Süd-Passage und ob er ein Schiff kennt, das in der nächsten Zeit die Taywwa -Küste anläuft.«
    Lluigolf knurrte missvergnügt. »Ich weiß nicht, was ich schlimmer fände – den Sandigen Ozean per Schiff oder auf einem von diesem schuppigen Biestern zu überqueren …«
    »Aber ich weiß, was schlimmer wäre«, erwiderte Rutaaura. »Wenn wir es zu Fuß und ohne Führer versuchen müssten.« Sie wandte sich an Tamayout. »Dein Lager ist vor dem Südtor?« Der Sandläufer nickte mit neuer Hoffnung im Blick. »Du hast Ware mit, die du verkaufen sollst, richtig?« Wieder nickte der junge Mann.
    »Gut. Geh und kümmere dich um deine Tiere. Schlaf. Morgen bringe ich dich zu dem Mann, der dir deine Ware abkauft … Ich suche ihn gleich noch auf.« Sie stand auf. »Lluis, falls ich heute nicht mehr hierher zurückkomme, treffe ich dich morgen gegen Mittag am Südtor.«
    Der stämmige Mann nickte. Er zog den speckigen Tabaksbeutel aus der Tasche und begann seine Pfeife zu stopfen. Der junge Sandläufer sah ihm fasziniert zu, bis Rutaaura ihm einen Stoß gab und ihn zur Tür schob.
    »Pass gut auf dich auf«, stieß Lluigolf scheinbar unbekümmert zwischen zwei Qualmwölkchen hervor. Er lehnte sich gegen die Wand und streckte die Beine aus, auf den ersten Blick nur ein Seemann mehr, der sich hier bis zum Auslaufen seines Schiffes die Zeit vertrieb, trank, rauchte und den Geschichten lauschte. Seine ernsthafte Besorgnis verhehlte er hinter halb geschlossenen Lidern – sie wäre nur Rutaaura aufgefallen, und die ging soeben mit Tamayout in die Nacht hinaus.

Andronee Mondauge, Verborgenes Licht
    D ann ging Jannas im Zorn, ohne ein Wort an seine weinende Mutter zu richten, und warf die Tür hinter sich zu. Sie aber rief ihm nach und flehte, er möge zurückkehren, er möge nicht hinausstürmen in die finstere Nacht. Aber er hörte nicht, denn sein Zorn machte ihn blind gegen die Vernunft und taub für die Sorge seiner Mutter.
    Er lief durch die Nacht, und sein Schatten folgte ihm. Die Reisende stand hoch über ihm am Himmel und beleuchtete seinen Weg, aber Wolken zogen auf und verbargen ihr Gesicht. Es ward finster um ihn, aber er wandte sich nicht um. Sein Zorn trieb ihn unaufhaltsam weiter fort von seinem Heim und seinen Eltern, seinem Volk, und nur sein Schatten folgte ihm …

8
    O lkodan saß auf der Veranda vor seinem Haus. Auf seinen Knien lag vergessen das Stück Lindenholz, aus dem er ein Spielzeugpferd für seinen Sohn hatte schnitzen wollen.
    Sein nachdenklicher Blick ruhte auf Trurre, der bis zu den Knien im hohen Gras der Wiese stand und mit kräftigen Bürstenstrichen sein wohlig grunzendes Pony striegelte.
    Der Zwerg hatte sich am gestrigen Abend als angenehmer Gast gezeigt. Es war recht spät geworden, weil die beiden Männer noch bis in die Nacht zusammengesessen hatten. Trurre hatte Olkodan mit Geschichten unterhalten, die er auf seinen Reisen erlebt hatte. Anscheinend war er viel in der Welt herumgekommen, und das wunderte Olkodan. Wusste doch jedes Elbenkind, dass das streitbare Volk der Zwerge seine Höhlen und Stollen nur selten und ungern verließ – außer, wenn es darum ging, Krieg zu führen.
    Dieser Zwerg war anders als die Zwerge in den Erzählungen. Er war nicht mürrisch und wortkarg, sondern gab sich offen und gut gelaunt. Er schleppte nicht ständig eine Axt oder einen Streithammer mit sich herum, und er erzählte spannend von fremden Regionen und Völkern, von Gasthäusern, Märkten und großen Städten, statt seinen Zuhörer mit der Schilderung von Minen, Erzen, Schmiedearbeit, Gesteinssorten und Felsformationen zu langweilen.
    Olkodan biss grüblerisch auf seinen Daumennagel. Warum hatte er Trurre geholfen? Er kannte weder ihn noch seine Absichten, und er konnte sich nicht sicher sein, dass dieser wortgewandte, höfliche Zwerg nicht insgeheim Böses gegen die Elben im Schilde führte.
    Trurre sah ihn an, als hätte er seine Gedanken vernommen, und winkte ihm mit dem Striegel zu. Olkodan hob die Hand und winkte zurück, doch seine Miene blieb nachdenklich.
    Der Zwerg gab seinem Pony einen Klaps, das Tier schnaubte und begann zu grasen. Trurre stiefelte durch das Gras und

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