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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Dann zog sie Trurre in eine rippenbrechende Umarmung und schob ihn von sich. »Also gut, ich riskiere meinen Kopf und bringe dich zu ihm. Aber sei friedlich und so höflich, wie du nur kannst. Und benimm dich einmal in deinem Leben wie ein ganz gewöhnlicher Zwerg, versprich mir das. Unser König ist dieser Tage äußerst schlecht gelaunt.«
    »Ist der alte Groffin Steinbrecher das nicht immer?«, murmelte Trurre.
    Torill schlug ihm fest auf den Arm und sah ihn dann kritisch an. »Du hast eine Wäsche nötig. Hast du noch ein frisches Hemd? Außerdem solltest du deine Axt zur Audienz mitnehmen.« Ihre braunen Augen blickten besorgt. »Du hast doch deine Axt noch, oder?«
    »Ich habe sie noch. Unser Vater gab sie mir, als ich alt genug war, sie tragen zu können«, erwiderte Trurre steif. »Sie ist in meinem Gepäck.«
    »Und bei Orrins Bart, lass das Ding hier«, fuhr Torill mit einem angewiderten Blick auf Trurres Stock fort. »Er wird fuchsteufelswild, wenn du mit diesem Stock in der Hand bei ihm auftauchst.«
    Der Zwerg knurrte eine Bestätigung und begann, sich zu entkleiden. Torill verdrehte die Augen und ging zur Tür.
    »Ich hole dich gleich ab«, sagte sie im Hinausgehen. »Frühstück?«, rief Trurre flehend, aber sie schloss wortlos die Tür.
    Frisch gewaschen, Haare und Bart ordentlich gekämmt und geflochten, in ein sauberes Hemd gekleidet, stand Trurre später am Morgen neben Torill vor dem großen Portal der Kronhalle. Seine Führerin zupfte nervös an seiner Joppe herum, und Trurre rückte unbehaglich die Axt in seinem Gürtel zurecht. Seine Hände vermissten den vertrauten Stab.
    Er holte tief Luft. »Wer ist bei ihm?«, fragte er leise. Torill verzog das Gesicht. »Eirik Hammerstirn«, sagte sie. »Ich bin immer noch des Königs erste Beraterin, aber Eirik hat sich in den letzten Umläufen sehr geschickt unentbehrlich gemacht. Ich fürchte, er will mich ablösen.«
    Trurre knirschte mit den Zähnen. »Der intrigante Grubenmolch Eirik Hammerstirn. Ich habe dich vor ihm gewarnt!«
    Torill zuckte mit den Schultern. »Er schmeichelt Groffin, er kriecht ihm, höflich ausgedrückt, in den Hintern – und er sorgt dafür, dass die Küche ständig auf Hochtouren arbeitet und die Brauer gut zu tun haben.«
    Trurre stöhnte. »Ich verstehe«, sagte er. Dann straffte er seine Schultern und nickte der Zwergin zu.
    Torill hob die Faust und pochte gegen das eisenbeschlagene Portal. Der Schlag rollte donnernd durch die Vorhalle.
    Schritte klirrten auf dem Steinboden, dann schwang einer der Türflügel auf. Die Wache erkannte Torill, schenkte Trurre einen erstaunten Blick und gab dann mit einem Nicken den Weg frei.
    Die Kronhalle war so riesig, dass Trurre sich jedes Mal wünschte, er hätte sein Pony dabei, um sie zu durchqueren. Mächtige Säulen stützten das Dach, das sich so hoch über ihren Köpfen befand, dass er seinen Kopf in den Nacken legen musste, um es zu sehen. Die Säulen waren aus Granit und mit kunstfertig verschlungenen Ornamenten verziert, wie sie nur Zwergensteinmetze so meisterlich schaffen konnten. Die Wände der Halle waren mit dicken Teppichen behängt, die die Akustik in diesem riesigen Raum aus Stein etwas erträglicher machten. Es war kalt und dunkel, und durch die Luken oben unter dem Dach pfiff eisig der Wind. Vögel schwirrten durch sie herein und wieder hinaus und saßen auf den mächtigen Eichenbalken.
    Ganz hinten, an einer Seitenwand, brannte ein Feuer in einem riesigen Kamin. Am Kopf der Halle stand auf mehreren Stufen der steinerne Thronsessel der Zwergenkönige, ebenso kunstvoll behauen wie die Säulen der Halle und mit Intarsien aus Gold und anderen Edelmetallen verziert. Wachen in voller Rüstung flankierten den Thron, und auf seinen Stufen standen einige der Noblen in schmucken Gewändern und wandten den Neuankömmlingen ihre Gesichter zu.
    Trurre fühlte, wie ihm etwas flau im Magen wurde, als er sich dem Thron näherte. Er senkte den Blick, beugte seine Knie und berührte ehrerbietig seine Axt.
    »Groffin Steinbrecher, unser König, ich führe Trurre Silberzunge vor deinen Thron. Er bringt wichtige Kunde aus den Tieflanden«, verkündete Torill mit klingender Stimme.
    Die Stille dauerte beinahe zu lange für Trurres angespannte Nerven.
    Dann erklang des Zwergenkönigs grollender Bass: »Ich bin nicht froh darüber, dass du ihn hergebracht hast, Torill. Aber nun ist er einmal hier, also soll er auch sagen, was er zu sagen hat. Erhebe dich, Trurre, Schandfleck unseres Volkes

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