Elchmus (German Edition)
belesene Welt geschafft!).
Die Sonne strahlt und erleuchtet heute nicht nur seine Wohnung, so als wolle sie sagen, Kate und William machen alles richtig.
Die Abbey gibt ihr Schönstes, will ihr altes Gemäuer doch schöne Geschichten erzählen und St. Pauls hat der königlichen Familie schon mal Pech gebracht. Strahlt daher im schönsten Glanz in seinen alten Gemäuern „Ich freu mich drauf. Ich bin ein guter Einfluss. Wer hier heiratet, will nie wieder neu anfangen oder gar Single sein“ , flüstert es den Menschenmassen zu. Die neuen Camper kommen. Wo sind die alten Dauercamper eigentlich hin? Manche kommen nur mit Plastiktüten. Andere mit Notfallregenponchos und Wellies, trotz angenehmer Außentemperaturen. Wieder andere mit roten Wollfanschals und Union Jack-Tüchern in Bettlakengröße.
Kate und William sind überall, sogar auf Kotztüten für die Royal-Hasser. Der Platz rund um die Abbey sieht nicht so aus, als empfinge er noch viel mehr neue Camper. Aber hier heiratet schließlich nicht täglich eine Bürgerliche einen Prinzen. Majestätisch trotzt die Abbey dem sommerlichen Wind. Fängt den Schweiß mit ihren Gemäuern ab. Alle wollen dabei sein. Am liebsten drinnen. Das geht aber leider nur mit Einladung.
Holger will auch endlich ein richtiges zu Hause. Am liebsten mit einer eigenen Familie.
Hüte bei den Frauen sind heute Pflicht. Hüte sind wie Schuhe. Wer kein schönes Gesicht hat, kann es unter dem Hut ein wenig verstecken. Schöne Kulisse schaffen. In allen erdenklichen Farben und Formen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ohne Hut geht in England bei Feierlichkeiten nichts. Hüte können den Hackfressen die Show stehlen. Wenn es denn sein muss. Vielleicht gehen deswegen so viele zum Damentag in Ascot, zur Henley Regatta oder nach Wimbledon oder auch heute zur Royal Wedding. Hutaustrag-Tag. Showtime.
Gute Sonntagskleidung hat heutzutage keiner mehr. Auch er trägt heute einen Hut. Sieht damit besser aus als Larry Hagmann und wenigstens genauso gut wie Charlie Chaplin. Hüte geben den Weg zur Abbey an. Ein Transparent auf einem Bettlaken ziert William und Kate. Wirkt irgendwie nicht so pompös, wie es wahrscheinlich hätte wirken sollen, unter diesen ganzen Hüten. Ralf und Elke schleichen ebenfalls in neuen Charity-Klamotten vor ihm her. In ihm geht die Sonne auf, wenn er die beiden so sieht.
So langsam gehen sie unter in der Menschenmenge. Hier werden alle Sprachen gesprochen. Erstaunlich viele attraktive Frauen laufen hier rum. Er wird aber bis St. Ives mit seiner eigenen Brautschau warten. Hat kein Bock auf Fernbeziehung und Poppen nur am Wochenende. Und ist bestimmt ziemlich alleine mit solchen Gedanken heute. Es wird irgendwie echt nirgends Englisch gesprochen. Das hört er jetzt eindeutig besser als noch vorm Sprachkurs.
Er schwitzt in seinem Anzug. Public Viewing. Kennt er vom Fußball. Das Wort klingt englisch, das Konzept scheint es aber nicht zu sein. Vergeblich sucht er an jeder Ecke Großleinwände. Die einzige gibt es im Hyde Park und der ist weit weg vom eigentlichen Ort des Geschehens.
Früh gekommen zu sein lohnt sich daher. Immerhin schwitzt er wie beim Mengenbad in Deutschland. Und das auch ohne Fußball in der zweiten Reihe. Heute allerdings ohne Bier. Er versucht sich auf die Trauung zu konzentrieren, die Euphorie der Leute auf sich zu übertragen. Schafft es aber irgendwie nicht.
Ralf und Elke helfen in ihrer Verliebtheit auch nicht gerade dabei. Er ist das dritte Rad am Fahrrad. War noch gar nicht auf der Hunderennbahn bei den „Dogs in Romford“. Er spricht mit sich selber, verabschiedet sich von seinem alten Leben in Gedanken. Der neue junge Fotograf am Künstlerhimmel. Er kennt sich zwar mit Autos aus, und will nicht mehr nur über die Runden kommen. Er will auch im Blitzlichtgewitter stehen. Er grinst, als er an sein altes Leben denkt. Er will auch mal eine Frau anrufen und sagen „Du Schatz, heute komme ich ein bisschen später.“ Ohne eine Affäre irgendwo anders zeitgleich am Laufen zu haben. Halt ganz normal sein.
Ralf nickt vor seinen Augen in der ersten Reihe. Offenbar sind Elke und er sich mal wieder einig. Er stellt seine düsteren Gedanken ab und sagt neidlos „Gut seht ihr aus, ihr zwei!“
Von ihren Plätzen sieht man, wie die Busse immer mehr Prominente ausspucken und die Kirche immer voller wird. Hin und wieder kommen lustige Kommentare aus der Menge.
Holger kann sich nun doch ein wenig auf das Event einlassen. Denn er hat die Hüte
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