Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Geschichte von dem Wolf erzählt hatte, fehlte eigentlich gar nicht mehr viel, um dieses Geheimnis vollends zu lüften.
„ Ich kann mit Tieren sprechen. Also nur in Gedanken und durch das Vermitteln von Gefühlen. So wie sie meine Gefühle verstehen, verstehe ich ihre. Und am leichtesten fällt es mir bei Vögeln. Ich weiß auch nicht warum. - Wieso die Fische das eben gemacht haben, kann ich dir nicht sagen. Ich war ohnmächtig. Ich habe sie nicht herbeigerufen, zumindest nicht bewusst. Vielleicht haben sie die große Angst gespürt, die ich um dich hatte. - Maél, weißt du, was mir die ganze Zeit nicht aus dem Kopf geht? Diese riesige, furchterregende Gestalt hat deinen Namen gerufen. Wie konnte sie ihn kennen?“, fragte Elea ängstlich in seine Halsbeuge hinein. „Später. Wir reden jetzt über dich. – Also du kannst mit Tieren sprechen. Daher deine Weigerung Tiere zu töten – wenn man mal von den zwölf Fischen absieht, die von deinen Pfeilen durchbohrt wurden. Gut. Das leuchtet mir ein. Und seit wann hast du diese Gabe schon?“
„ Das weiß ich auch nicht mehr so genau. Ich glaube, das begann etwa zur gleichen Zeit, als meine Haare nachts zu leuchten anfingen.“
„ Und wann war das? Wie alt warst du da?“
„ Ich war dreizehn.“
„ Hat ein besonderes Ereignis das Leuchten deiner Haare ausgelöst?“
„ Meine Güte. Ja. Das hat es. Du musst aber auch alles haargenau bis ins kleinste Detail wissen.“ Sie schaute vorwurfvoll zu ihm hoch, was ihn jedoch völlig unbeeindruckt ließ. „Ja, und? Ich höre!“ Elea schnaubte geräuschvoll. „Mit meiner ersten Mondblutung begannen meine Haare nachts zu leuchten. War die Antwort jetzt ausführlich genug oder willst du noch mehr Einzelheiten wissen?“ Maél konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, was Elea natürlich nicht entging. „Ich sehe schon. Dein Plan mit der Ablenkung geht auf.“
„ Was hat es mit dem Stein auf sich?“, fragte Maél weiter.
„ Über ihn habe ich dir bereits alles erzählt, was ich weiß. Das mit dem Leuchten ist heute Nacht zum ersten Mal passiert. Ich hatte geschlafen und plötzlich war mir, als verbrenne meine Haut. Erst dachte ich, ich träumte. Doch es war kein Traum. Ich spürte auf einmal dieses Brennen. Als ich ihn unter meinen Kleidern hervorholte, sah ich dann, dass er ebenso wie meine Haare rot glühte, nur viel stärker und in diesem steten Pulsieren. Er war es auch, der mir den Weg zu dir gezeigt hat. Sobald ich mich in deine Richtung bewegte, wurde das Leuchten stärker und das Pulsieren schneller.“ Maél hatte der jungen Frau aufmerksam zugehört. Er dachte über ihre Worte nach. Dabei spürte er, dass ihre Haut wieder deutlich kühler war als seine. Er rieb vorsichtig mit seinen Händen ihren Rücken und fühlte die von Wundschorf bedeckten Spuren der Peitschenhiebe mit seinen sensiblen Fingerspitzen nach. Seine Hände glitten weiter ihre Wirbelsäule hinab bis zum Ansatz ihres Gesäßes. Jäh hielt er in seiner Bewegung inne und begann von neuem ihre Wirbelsäule abzutasten – diesmal jedoch etwas hektischer. „Verdammt! Was hast du da auf deinem Rücken?“, fragte er beunruhigt und drehte sie auf den Bauch. Elea konnte hören, wie er die Luft scharf einzog. „Was ist denn mit ihm? Du machst mir Angst. Jetzt sag schon!“
„ Unter deiner Haut, entlang deiner Wirbelsäule sind lauter kleine Höcker gewachsen. Wann ist das denn geschehen? Vorhin, als ich deinen Rücken massiert habe, sind sie mir gar nicht aufgefallen.“ Elea sprang panisch auf und drehte ihren Kopf so weit es irgendwie ging nach hinten, um einen Blick auf ihren offensichtlich nun auch missgestalteten Rücken werfen zu können. Gleichzeitig tastete sie ihn ab.
Er hat recht! Himmel – es stimmt also doch!
Sie blieb plötzlich stehen und ließ ihre Arme an ihrer Seite hinunterhängen. Resigniert blickte sie Maél an und ließ zu, dass er sie wieder zu sich hinunterzog und sie behutsam an sich drückte. Sie atmete ein paar Mal tief durch, dann sprudelte es aus ihr heraus. „Das habe ich alles dieser verfluchten Prophezeiung zu verdanken. Ich habe bis zuletzt immer noch die Hoffnung gehabt, dass es nur ein Irrtum ist, dass nicht ich die Auserwählte bin, sondern jemand anderes. Aber das jetzt - mit diesen Höckern - und dass sich meine Haare erneut verändern...“ Maél wurde sofort hellhörig. Die Wörter
Prophezeiung
und
Auserwählte
versetzten ihn in Alarmzustand. Er drückte sie etwas von sich weg, um ihr Gesicht zu
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