Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
verteilten. Zu Jadoras Freude begann Roghan doch noch ein Gespräch mit ihm. Belana füllte ihren Kelch mit Wein und trank ihn in einem Zug leer. Sie saß stumm an der Seite von König Roghan, der ihr immer wieder böse Blicke zuwarf. Finlay nahm schließlich mit deutlichem Unwillen gegenüber Maél Platz, der ihn mit grimmigem Gesichtsausdruck musterte. Endlich vernahmen die Anwesenden Schritte vom Gang herkommend, die Maél schon eine Zeit lang vor ihnen gehört hatte. Es waren die Schritte von zwei Personen.
Elea folgte dem Zauberer stumm mit zusammengebissenen Zähnen. Sie umschloss mit beiden Händen ihren Stab, als würde er ihr für das, was jetzt auf sie zukam, die nötige Kraft geben. Was würde sie nun in der Thronhalle erwarten? Vielmehr wer würde sie dort erwarten? Sie hoffte inständig, dass Maél nicht anwesend war. Er kannte sie schon gut genug, um auf den ersten Blick zu erkennen, dass mit ihr etwas nicht stimmen würde. Falls er tatsächlich an dem Abschiedsessen teilnehmen sollte, dann musste er es einfach schaffen, seinen Hass und seine Wut auf Darrach hinunterzuschlucken.
Eleas Hoffnung löste sich ins Nichts auf, und zwar bereits in dem Moment, als sie, noch bevor sie den ersten Fuß in die Thronhalle setzte, an Darrach vorbei als erstes Maél erblickte, der an einer langen Tafel saß. Er starrte direkt auf sie, das konnte sie mehr spüren als sehen. Sie atmete nochmal tief durch, zog die Bluse vorsichtig noch etwas höher über die Brandwunde und versuchte, den unaufhörlich pochenden Schmerz auf ihrem Brustbein auszublenden. Als sie sich der Tafel näherten, zwang sie sich zu einem unverfänglichen Gesichtsausdruck, dem ihre qualvollen Schmerzen nicht anzusehen waren. Sie spürte nicht nur Maéls Blick auf sich ruhen, sondern alle Anwesenden musterten sie aus mehr oder weniger besorgten Augen. Belana gab Elea ein Zeichen sich zwischen ihr und Finlay zu setzen. Während Darrach sich bei Roghan für die Verspätung entschuldigte, nutzte Finlay die Gelegenheit, Elea zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Elea gelang es, sich ein Lächeln abzuringen und versicherte ihm, dass alles bestens sei. Finlay und Belana konnte sie damit täuschen, vorerst zumindest. Beide atmeten hörbar erleichtert durch und widmeten sich dem Essen, das die Diener nach und nach in Schüsseln und auf Platten auftrugen. Als Elea jedoch Jadora grüßend zunickte, musste sie in seinem Gesicht eine tiefe Sorgenfalte auf der Stirn entdecken. Oje! Wenn ich ihm schon nichts vormachen konnte, dann Maél schon gar nicht. Da Darrach und Roghan sich angeregt unterhielten, wagte sie einen Blick in Maéls Richtung, dessen Augen unverwandt auf ihr ruhten und jede ihrer Bewegungen verfolgten. Sie blickte ihm in sein schwarzes und blaues Auge und versuchte sich in einem kalten, abschätzigen Gesichtsausdruck, der ihr aber nicht einmal annähernd gelang. Maél erwiderte für einen kurzen Moment ihren Blick so unbeeindruckt wie möglich. Dann schaufelte er sich lustlos Kartoffeln und Gemüse auf seinen Teller. Erst jetzt fielen Elea die vielen Speisen auf dem Tisch auf. Latente Übelkeit überkam sie. Ihre Hände unklammerten den Stab immer noch. Sie hoffte, dass niemand sie in ein Gespräch verwickeln würde. Zu einem entspannten Plaudern war sie überhaupt nicht in der Lage.
Als sie die mit Wasser gefüllten Kristallkaraffen entdeckte, verspürte sie mit einem Mal unglaublich großen Durst. Sie legte ihren Stab neben ihren Teller und streckte ihre Hand nach der Karaffe aus. Bereits bei dieser kleinen Bewegung nahm der unerträgliche heiße Wundschmerz noch mehr zu. Elea stellte mit Schrecken fest, dass ihre Hand zitterte. Sie griff schnell nach der Karaffe und schaute sich um. Niemand schien es bemerkt zu haben – außer einer Person, natürlich. Maél starrte wie versteinert auf ihre Hand. Rasch konzentrierte sie sich wieder auf die Karaffe und ihren Kelch. Sie begann, ganz vorsichtig Wasser hinein zu gießen. Als sie das Plätschern des Wassers hörte, wie es langsam in das Gefäß floss, konnte sie sich kaum zurückhalten, das kalte, kühlende Nass einfach über ihre Brust zu schütten. Sie führte den Kelch an ihre Lippen, schloss die Augen und trank. Jeden einzelnen Schluck Wasser ließ sie mit der Vorstellung ihre Kehle hinunterlaufen, dass er von innen die Verbrennung lindern würde. Sie war so in dieser imaginären Linderung ihres Schmerzes vertieft, dass sie gar nicht hörte, wie Darrach sie mit ihrem Namen ansprach. Erst
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