Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Demütigungen, die er mir zugefügt hat, auf wundersame Weise wiedergutzumachen? Da bin ich aber gespannt, wie er das schaffen will.“ Sie warf Maél einen spöttischen Blick zu, der ihm mit ausdruckslosem Gesicht standhielt. „Dann sollten wir ihm vielleicht wirklich gleich hier und jetzt die Gelegenheit geben, seine Wandlung unter Beweis zu stellen.“ Belana und Finlay fehlten angesichts Eleas gerade stattgefundenen Stimmungswandels die Worte. In ihren Augen war nur Unverständnis zu lesen. Jadora verfiel wieder in sein typisches, nervöses Räuspern, während Darrachs Lächeln im Gesicht gefror. Endlich zeigte Maél eine Reaktion. Auf seinem Gesicht breitete sich ein spöttisches Lächeln aus, als er sprach. „Ich werde mein Bestes geben, um Euch wohlbehalten und unversehrt zu Eurem Zimmer zu geleiten. Und falls ich heute durch meine erste Prüfung falle, dann werde ich auf unserer bevorstehenden Reise noch genügend Gelegenheiten haben, mich zu bewähren. Meint Ihr nicht auch, Elea?“ Maél war klar, dass er mit dieser sarkastischen Äußerung wahrscheinlich Darrachs Unwillen auf sich ziehen würde. Dies war ihm jedoch im Moment vollkommen gleichgültig, da er gegenüber Elea seine Rolle gut spielen wollte.
„ Genug mit dem Geplänkel. Maél, du wirst Elea unverzüglich zu ihrem Zimmer geleiten“, schaltete sich Roghan gebieterisch ein. Zu Elea gewandt sagte er: „In Anbetracht der Tatsache, dass Ihr morgen sehr früh aufbrechen werdet, solltet Ihr Euch ausruhen. Der gestrige Tag ist offensichtlich nicht spurlos an Euch vorübergegangen.“ Er nickte Mael zu. Daraufhin ergriff Elea betont langsam ihren Stab und versicherte noch ihren beiden Tischnachbarn, dass sie Maél nicht fürchtete und dass sie sich keine Sorgen machen bräuchten. Dann erhob sie sich und schloss sich Maél an, der in der Zwischenzeit aufgestanden war und am anderen Ende der Tafel auf sie wartete. Kaum waren sie in dem Gang verschwunden, beschleunigte Maél sein Tempo, sodass Elea Mühe hatte ihm zu folgen. Keiner wagte zu sprechen. Sie sah ihn immer wieder von der Seite an, während er starr geradeaus blickte. Im Schlosshof herrschte im Vergleich zum Vorabend nur wenig Betriebsamkeit. Sie überquerten eilig den Hof zu dem Gebäude, in dem sich Eleas Zimmer befand. Er öffnete die Tür und trat vor Elea in das Gebäude, um seine schnellen und ausladenden Schritte drinnen fortzusetzen. Nur noch das Labyrinth aus Gängen und Treppen trennte sie von der rettenden Zuflucht in Eleas Zimmer. Durch das schnelle Gehen – für Elea war es schon fast ein Traben, da ihre Schritte wesentlich kleiner waren als Maéls – wuchs der Schmerz auf ihrem Brustbein ins Unerträgliche. Sie biss jedoch die Zähne zusammen. Tränen vor Schmerz, Erleichterung und Freude darüber, dass sie es geschafft hatte, mit Maél alleine zu sein, liefen bereits ihre Wangen hinunter. Endlich standen sie vor ihrer Tür. Bevor Maél sie öffnete, schaute er nochmals nach links und rechts, um sich zu vergewissern, dass sie niemand beobachtete. Dann öffnete er die Tür, nahm Elea an die Hand und zog sie mit sich hinein. Nachdem er die Tür halbwegs geräuschlos geschlossen hatte, drehte er sich zu ihr herum und zog sie vorsichtig an sich. Seine Stimme war leise und rau, als er zu ihr sprach: „Was hat er dir angetan, Elea? Sag es mir!“ Mit nicht enden wollendem Tränenstrom begann die junge Frau, aufgeregt zu erzählen. „Ich war so dumm, Maél. Ich trug meinen Stein direkt auf der Haut und dachte er würde mich vor Darrachs Magie schützen. Aber Darrach kam immer näher zu mir, bis seine Hände auf meinen Schultern lagen. Der Stein leuchtete immer schneller und wurde immer heißer - heißer als damals im Stall. Als ich ihn von meiner Haut wegreißen wollte, hielt er meine Arme fest. Er hat mich unter Druck gesetzt. Er hätte niemals meine Arme losgelassen, wenn ich ihm nicht irgendeine meiner Gaben gestanden hätte. Selbst als ich ihm das mit den Tieren verraten hatte, wollte er meine Arme erst nicht frei lassen. Er hatte so lange gewartet, bis ich anfing zu schreien.“ Die letzten Worte wurden von lauten Schluchzern begleitet. Maél drückte behutsam Eleas Kopf an seine Brust und streichelte tröstend ihren Rücken und ihr Haar. Am liebsten wäre er sofort in die Thronhalle gerannt, um Darrach sein Messer in sein schwarzes Herz zu stoßen. Mit seinem Mund an Eleas Ohr sagte er mit gepresster Stimme: „Nur noch die eine Nacht, Elea, dann verschwinden wir von hier.
Weitere Kostenlose Bücher