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Electrica Lord des Lichts

Electrica Lord des Lichts

Titel: Electrica Lord des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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erwartete keine weiteren Erklärungen über Sinn und Zweck der Ladung, sondern folgte der schlichten Regel: liefern, kassieren, schweigen. Für Cayden hingegen war die Fracht von außergewöhnlichem Wert. Besonders Spiritus diente als Treibstoff für Maschinen, bei denen die Dampfkraft veraltet wirkte.
    „Was ist mit Eurer Mannschaft los?“ Schon während ihres Gesprächs war Cayden aufgefallen, dass die Seeleute kaum einen Fuß auf den Steg setzten, während sie die Kisten ausluden. Abgesehen von dem Zwischenfall verrichteten sie ihre Arbeit auffallend still. Nicht mal die üblichen derben Schimpfereien unterbrachen den routinierten Ablauf. Dabei richtete kaum einer der Männer seinen Blick zu ihm oder dem Captain, sodass es den Anschein erweckte, als wollte die Mannschaft möglichst schnell wieder ablegen.
    „Ach, das ...“ Smith winkte ab. „Sollte Euch nicht weiter kümmern. Die Burschen sind in letzter Zeit etwas angespannt.“ Er zuckte seine wuchtigen Schultern. „Hauptsache, sie machen ihre Arbeit.“
    „Hört sich an, als hättet Ihr Probleme gehabt.“ Stutzig geworden legte Cayden sein Paket auf eine der Kisten.
    Nach einem kurzen Zögern zog der Captain ihn ein Stück zur Seite. Smith neigte den Kopf. Sein Atem stank nach Tabak und fauligem Fisch. „Ehrlich gesagt konnte ich die Mannschaft nur unter der Androhung, ihre Heuer einzubehalten, dazu bewegen, überhaupt hier anzulegen. Ihr wisst doch, wie sie sind. Kerle wie Bäume haben aber beim kleinsten Ammenmärchen die Hosen voll.“ Smiths Lachen klang weniger unbefangen als beabsichtigt.
    „Was habt Ihr gehört?“ Eine dunkle Vorahnung beschlich Cayden.
    „Gerüchte.“
    Sofort wurde er hellhörig über die kurz angebundene Antwort des Seemanns, dem sonst das Spinnen von Seemannsgarn in Fleisch und Blut übergegangen war. Sonst scheute der Captain nicht davor zurück, ihre Treffen mit manch illustrer Geschichte zu untermalen. Cayden hatte schon lange aufgehört, die brisante Mischung aus Wahrheit, Halbwahrheit und Lüge zu unterschätzen. Für gewöhnlich hatten Gerüchte zumindest einen wahren Kern und er hatte gute Gründe, jeder noch so geringfügigen Information auf den Grund zu gehen.
    „Redet schon, Mann.“
    Smith zog die buschigen Augenbrauen zusammen und stieß ein pfeifendes Geräusch aus. „In London treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Vorzugsweise in den Elendsvierteln. Ziemlich garstige Angelegenheit. Die Opfer sollen bestialisch zugerichtet sein. Was der Polizei noch mehr Kopfzerbrechen bereitet, ist die zunehmende Anzahl an Vermissten.“
    Während Cayden zuhörte, wurde der Stapel mit Ware am Ende des Steges immer größer. Für gewöhnlich trugen Smiths Männer die Ladung bis zum Höhleneingang, wo sie von Waloja auf eine Karre geladen wurde. Bis zur Anlegestelle konnte sein Diener die Karre nicht ziehen.
    „Gewalt ist in Armenvierteln nichts Ungewöhnliches.“
    „Morde aber schon. Klingt seltsam, ist aber so. Mittlerweile gibt es Nachahmer in Edinburgh. Dort wurde bereits ein besonderer Trupp von Polizisten gegründet, um dem Verbrechen beizukommen. Die haben ganz neue Methoden, was die Aufklärungsrate deutlich erhöht. Natürlich ist unsereins beunruhigt über diese Entwicklung. Ihr versteht?“
    Cayden nickte, obwohl er nicht glaubte, dass moderne Aufklärungstechniken mittels Fingerabdrücken eingesetzt wurden, um Schmugglerbanden auszuheben. Dazu waren diese Verfahren zu kostspielig. Einen wahnsinnigen Serienmörder zu überführen dürfte oberste Priorität haben. Wenn es sich jedoch bei dem Verantwortlichen um denjenigen handelte, den er verdächtigte, konnten die noch so ausgefeilten kriminalistischen Ermittlungsmethoden kaum etwas ausrichten. Es waren nicht die grausamen Morde, sondern die Vermisstenfälle, die ihm Sorge bereiteten.
    Verflucht. Dabei hatte sich er beinahe in Sicherheit gewiegt. Nach Jahrhunderten gerieten die Dinge schon mal in Vergessenheit. Gewiss waren die Jahre für einen Unsterblichen kaum der Rede wert. Und Rache währte ewig.
    „London ist weit weg. Was hat das Ganze mit mir zu tun?“ Er verschränkte die Arme vor die Brust.
    Smith räusperte sich lautstark und spuckte hinter sich. „Wenn die Leute in Panik geraten, fangen sie an, Geschichten zu erfinden. Man erzählt sich, der Blutbaron sei zurückgekehrt. Ihr kennt doch die Legende um Luthias, den Zauberer.“
    „Das ist mir bekannt“, erwiderte er mit einem bewusst abschätzigen Tonfall. In Wahrheit löste der Name seines

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