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Electrica Lord des Lichts

Electrica Lord des Lichts

Titel: Electrica Lord des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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ihren Blick abwendete, nachdem sie ihm ihr kleines Geheimnis offenbarte. Für sie war es eins, denn das einfältige Volk von Lochdon dürfte nicht viel übrig haben für Dinge, die über Tierzucht und Ernte hinausgingen. Daran hatte sich in den vergangenen Jahrhunderten nicht viel geändert.
    „Mit diesem Gerät könnt Ihr die Buchstaben direkt auf Papier bringen“, entgegnete er.
    „Ihr meint, ich kann das Geschriebene sofort so sehen, wie es in Büchern steht? Das kann ich kaum glauben.“ Wieder huschte ihr Blick über den Typomat.
    „Zweifel sind hier nicht angebracht. Ihr seht es vor Euch. Fortschritt ist der einzige Glaube, der zählt.“ Er strich eine widerspenstige Locke hinter ihr Ohr, was sie kaum wahrnahm, so vertieft war sie in ihrer Entdeckung. „Ihr könnt das Geschriebene in dieser Maschinerie verwahren und später erweitern.“
    Es wäre zu viel des Guten, ihr einen Vortrag über Datenverarbeitung mit Lochkartensystem zu halten. Wenn sie möglicherweise von automatisierten Webstühlen in den Großstädten gehört hatte, dürfte dennoch eine ausführliche Erläuterung dieses Systems zu weit führen.
    Ihr Blick schweifte suchend durch den Raum. „Aber wo ist das Papier?“
    „Im Nebenraum. Die dampfgetriebene Setzmaschine macht viel Lärm und Dreck.“
    „Ich verstehe.“
    Tat sie das wirklich? Wohl eher nicht, aber sie versuchte es, was ihrem leicht geröteten Gesicht auf faszinierende Weise anzusehen war. Kenntnisse über neuartige Techniken und Entdeckungen drangen selten bis ins schottische Hochland vor und wenn, umgab sie eine alberne Aura des Geheimnisvollen. Unwissenheit trug entscheidend dazu bei, eine sture Eigenschaft. Gut, eine gewisse Ehrfurcht lag durchaus in Sues Verhalten. Doch im Gegensatz zu den meisten Menschen reagierte sie auf Unbekanntes, dessen Logik nicht sofort ersichtlich war, mit offenem Interesse. Anstatt sich verängstigt abzuwenden oder Teufelswerk in allem zu vermuten, wie es der Klerus dem einfachen Volk gerne weismachte, versuchte sie, den Dingen auf den Grund zu gehen. Bei dem Gedanken kroch Widerwille in seiner Brust hoch. Erfreulicherweise hatte Sue ihr goldenes Kreuz nicht angelegt. Christliche Symbole erzeugten in ihm eine unüberwindbare Abneigung, weil dieser Glaube der Wissenschaft im Wege stand. Eine nicht akzeptable Tatsache in einer Welt, die endlich damit angefangen hatte sich weiterzuentwickeln. Vor zweihundert Jahren war daran noch kaum zu denken. Damals galt es als Meilenstein, eine Inhaltsberechnung von Weinfässern vornehmen zu können.
    „Ihr solltet es versuchen“, schlug er vor und rückte ihr den Lehnstuhl zurecht.
    „Nein“, hauchte sie.
    In Wahrheit schien sie nicht zu wagen, sein Angebot anzunehmen. Hinreißend, wie sich ihre kleinen Ohren rot färbten.
    „Das ist ... das alles erinnert mich ...“ Sie stockte.
    „Es hat nichts mit Zauberei zu tun“, vollendete er ihren Satz mit einem leichten Anflug von Enttäuschung.
    Ihr Blick fuhr zu ihm auf. „Das wollte ich nicht sagen. Es erinnert mich an meine Spieluhr. Als Kind hielt ich die Pirouetten der Tänzerin zum Klang der Melodie tatsächlich für Magie.“ Ihr Finger fuhr über die reich verzierte Rücktaste. „Nachdem ich die Spieluhr auseinandergenommen hatte, fand ich heraus, dass sich dahinter ein einfacher Mechanismus verbarg.“
    Cayden lachte auf. „Ihr habt aber nicht vor, den Typomat in seine Einzelteile zu zerlegen?“
    „Oh nein, Sir, dazu ist er viel zu großartig.“
    „Es ist nur der Anfang einer Entwicklung. In Zukunft wird unsere Welt zunehmend automatisiert werden. Mir ist lediglich daran gelegen, von Anfang an darüber informiert zu sein.“
    „Und warum steht dieses schwarze Bild dahinter?“ Sie begutachtete den Monitor von allen Seiten.
    „Dort erscheint ein Fotogramm von dem geschriebenen Text, bis er gespeichert oder gedruckt wird.“
    Sie runzelte die Stirn. Er konnte ihre Gedanken dahinter vorbeirasen sehen. „Eine Kontrollmaschine“, flüsterte sie.
    Er hätte ihr noch stundenlang zusehen können, wie sie sich an dem vergleichsweise einfachen Schreibapparat erfreute, doch es war an der Zeit, sich zurückzuziehen. Nicht zum ersten Mal verfluchte er diesen Umstand, der ihn zwang, bei Tage in seine Gruft hinabzusteigen. Er spürte den Sonnenaufgang wie eine herannahende Krankheit. Eine Uhr warnicht notwendig.
    „Ich muss Euch jetzt verlassen, der Tag bricht an. Ich muss mich meinen Geschäften widmen. Ihr könnt Euch in Ruhe umschauen. Dort hinten

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