Elefanten vergessen nicht
Garten.«
»Waren beide gesund?«
»Nun, sie haben ihr Alter ein bisschen gespürt, wie die meisten Leute. Der General hatte irgendeine Herzgeschichte oder einen leichten Schlaganfall gehabt. Er musste Pillen nehmen, wissen Sie, und sich immer wieder mal hinlegen.«
»Und Mrs Ravenscroft?«
»Ach, ich glaube, die vermisste das Leben im Ausland. Sie kannten hier nicht viele Leute, wenn sie auch eine ganze Anzahl Familien kennen lernten, natürlich, in ihren Kreisen! Aber es wird halt nicht so wie in Indien oder so gewesen sein. Wissen Sie, wo man einen Haufen Angestellte hat und es lustige Feste gibt und all so was.«
»Sie meinen, sie hat diese lustigen Feste vermisst?«
»Na ja, ganz genau weiß ich das nicht.«
»Irgendjemand hat mir erzählt, dass sie eine Perücke trug.«
»Sie hatte mehrere«, berichtete Mrs Buckle mit leichtem Lächeln. »Sehr schick und teuer. Wissen Sie, von Zeit zu Zeit schickte sie eine zum Auffrischen in das Geschäft nach London, wo sie sie gekauft hatte. Sie besaß alle Sorten. Da war eine mit rostbraunem Haar und eine mit lauter kleinen grauen Löckchen. In der sah sie besonders hübsch aus. Und zwei – nicht ganz so attraktive, aber sehr praktisch für windige Tage, wenn man was zum Aufsetzen brauchte. Sie hat sehr auf ihr Äußeres geachtet, wissen Sie, und eine Menge Geld für Kleider ausgegeben.«
»Was meinen Sie, was die Ursache der Tragödie war?«, fragte Mrs Oliver. »Sehen Sie, ich war so weit weg und traf damals keine Freunde, weil ich in Amerika war. Ich erfuhr überhaupt nichts und – nun – man stellt nicht gern Fragen oder schreibt deswegen Briefe. Es muss einen Grund gegeben haben! Es war doch General Ravenscrofts eigener Revolver, soviel ich weiß.«
»Ja, er besaß zwei. Er sagte, kein Haus sei sicher ohne Waffe. Vielleicht hatte er Recht. Nicht, dass sie vorher mal Schwierigkeiten gehabt hätten, soweit ich weiß. Einmal kam ein ziemlich ekliger Kerl an die Tür. Er gefiel mir gar nicht, wirklich nicht. Er wollte den General sprechen und behauptete, er wäre in seinem Regiment gewesen, als junger Mann. Der General stellte ihm ein paar Fragen, und ich glaube, er gefiel ihm nicht recht, er hielt ihn wohl für nicht sehr glaubwürdig. Er schickte ihn weg.«
»Glauben Sie, es könnte ein Außenstehender gewesen sein?«
»Nun, das nehme ich an, weil es die einzige Möglichkeit ist. Allerdings, den Mann, der ihren Garten in Ordnung hielt, konnte ich auch nicht leiden. Er hatte keinen besonders guten Ruf und angeblich ein paar Mal gesessen. Aber der General wollte ihm eine Chance geben.«
»Glauben Sie denn, dass der Gärtner sie getötet haben könnte?«
»Nun, ich – ich habe das immer angenommen. Aber da liege ich wahrscheinlich falsch. Aber was die Leute behaupten, dass es irgendeinen Skandal über sie oder ihn gab und entweder er sie oder sie ihn erschoss – das halte ich für Blödsinn. Jawohl. Nein, es war ein Außenstehender. Einer von denen, die – nun, schauen Sie nur, was man jeden Tag in der Zeitung liest. Junge Männer, praktisch noch Kinder, nehmen einen Haufen Drogen und spielen verrückt und erschießen Leute für nichts und wieder nichts, laden ein Mädchen in ein Lokal ein und bringen sie nachhause, und am nächsten Tag findet man sie tot in einer Kiesgrube. Stehlen den Müttern die Kinder aus dem Kinderwagen, gehen mit Mädchen zum Tanzen und erwürgen sie auf dem Heimweg. Heute ist wirklich alles möglich. Jedenfalls, da geht dieses nette Ehepaar, der General und seine Frau, auf einen netten Abendspaziergang, und da liegen sie, beide durch den Kopf geschossen.«
»Durch den Kopf?«
»Nun, ganz genau erinnere ich mich nicht mehr, und natürlich hab ich selbst überhaupt nichts gesehen. Jedenfalls, sie sind bloß spazieren gegangen, wie so häufig.«
»Sie hatten keinen Streit?«
»Na ja, hin und wieder gab es schon mal eine Auseinandersetzung, aber wo gibt’s die nicht?«
»Keinen Freund, keine Freundin?«
»Also, da gab’s schon ein bisschen Klatsch – da und dort –, aber es war alles Unsinn. Es steckte überhaupt nichts dahinter. Die Leute müssen immer reden.«
»Vielleicht war einer von ihnen krank?«
»Nun, Lady Ravenscroft war ein- oder zweimal in London bei einem Doktor wegen irgendwas, und ich bin ziemlich sicher, dass sie ins Krankenhaus gehen wollte, um sich irgendwas operieren zu lassen, doch sie hat mir nie gesagt, weswegen. Aber sie haben sie wieder zurechtgekriegt – sie war eine Zeit lang drin. Als sie
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