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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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zu Hilfe zu eilen, es sei denn, Haomane hat etwas davon.«
    Die Küche explodierte in rasender Wut. Uschahin ritt auf ihrem Zorn wie auf einer Woge und ließ sie schäumen und toben, bis sie wieder ruhiger wurden, ihn erwartungsvoll ansahen und auf das warteten, was er ihnen als Nächstes zu sagen hatte. Seine Irrlinge
kannten ihn. Sie verstanden ihn. Er war gebrochen worden und dennoch im Triumph auferstanden. Er trug die Zeichen seiner Niederlage – das unebene Gesicht, die verzerrten Glieder – in schmerzhafter Solidarität mit ihrem verkümmerten Leben und ihrem zerschmetterten Verstand. Aus diesem Grunde liebten sie ihn.
    Eine gewaltige Zärtlichkeit erfüllte sein Herz, und er fragte sich, ob so die Schöpfer für ihre Kinder empfanden. So könnte es sein.
    »Es ist gut, wenn ihr euch immer daran erinnert«, sagte er zu ihnen, »denn ein Krieg kommt auf uns zu. Wir mögen jenen Feinden, die wir kennen, Gesichter geben, aber es ist schwerer, den Feinden in unseren eigenen Reihen ein Gesicht zu geben. Wer von euch würde Fürst Satoris verraten?«
    Niemand, niemand , riefen sie; es war gleichzeitig wahr und unwahr. Irgendwo hatte die Saat des Verrats bereits Wurzeln geschlagen. Während Uschahin dem Protestgeheul der Irrlinge zuhörte, dachte er an Calanthrag die Älteste und an die Dinge, von denen sie gesprochen hatte. Ein Schatten des Kummers legte sich über die Zärtlichkeit in seinem Herzen. Es war immer das Gleiche, starr und unausweichlich. Er konnte seinem Fürsten nur so gut wie möglich dienen und darum beten, dass diese sprießenden Wurzeln erst in vielen Generationen Früchte trugen. Die Älteste selbst hatte ebenfalls diese Hoffnung gehegt. Er erinnerte sich an ihre Worte, die sie in ihrem wissenden, zischenden Singsang gesprochen hatte: Dennoch mag es für jemanden wie dich oder mich eher später als früher so weit sein .
    »Gut gemacht, meine Kinder«, sagte Uschahin zu seinen Irrlingen. »Behaltet euren Glauben und eure Hoffnung. Denkt immer daran, dass es die Gnade des Fürsten ist, die uns hier beschützt.« Er hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen, und sagte mit fester Stimme: »Wer will mir von dem Loch erzählen, das die Eingeweide von Finsterflucht durchbohrt? Wie kommt es, dass sich eine Spalte bis hinein ins Feuermark geöffnet hat?«
    Diesmal war das Schweigen anders.
    »Wir haben es nicht getan, Fürst!« Es war einer der Stallburschen nahe beim Eingang, der gesprochen hatte. Er senkte den Kopf und errötete verstohlen. »Es war einfach da .«

    Die Irrlinge sahen einander an, fingen den Blick des anderen auf. Die Frage war gestellt und beantwortet. Überall wurde genickt und gemurmelt. Jedes Mal war es das Gleiche. Sie hatten nichts damit zu tun.
    Ein kalter Finger der Angst fuhr an Uschahins Rückgrat entlang. Er dachte daran, wie Finsterflucht erbaut worden war, wie Fürst Satoris die Macht des Gottestöters dazu benutzt hatte, die Berge zu vergrößern, die das Tal von Gorgantum umgaben, und wie er den Grundstein für Finsterflucht selbst gelegt hatte. Was bedeutete es, wenn die Fundamente zerbröckelten? Was bedeutete es, wenn Fürst Satoris persönlich zugelassen hatte, dass dies geschah – oder, schlimmer noch, wenn er es gar nicht wusste?
    Alle Dinge müssen so sein, wie sie sind .
    »Nein.« Er ertappte sich dabei, wie er den Kopf schüttelte und das Wort laut aussprach. Angestrengt bemühte sich Uschahin, langsam zu atmen. Die Irrlinge beobachteten ihn bestürzt. »Nein, macht euch keine Sorgen, es ist in Ordnung.« Er zwang sich zu einem schiefen Lächeln. »Ihr habt nichts Falsches getan. Es ist nichts, das nicht wieder zurechtgebogen werden könnte. Alles ist gut.«
    Ein allgemeines Seufzen der Erleichterung lief durch seine Irrlinge. Uschahin entließ sie mit einem letzten Nicken und erlaubte ihnen fortzutrotten – ein Meer aus Leibern, welches gegen das kleine Eiland seines Holzblocks anbrandete. Er streckte ihnen seine gebrochenen Hände entgegen, damit sie diese packen und streicheln konnten. Er machte ihnen keine falschen Versprechungen und gab ihnen keinen trügerischen Trost, sondern bot ihnen nur den schützenden Schild seines hartnäckigen, beständigen Schmerzes.
    »O Herr!« Es war eine junge Frau, die diese Worte ausgesprochen hatte; ihre Augen leuchteten. Sie küsste seine Fingerspitzen und drückte seine Hand gegen ihre Wange. »Ich habe es versucht, Herr, ich habe es wirklich versucht. Vergebt mir meine Schwachheit.«
    »Ah, Meara.« Uschahin

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