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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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berichtigte Lilias ihn. »Ich habe ihn nicht gekannt .«
    »Und?« Er hob die Brauen.
    »Was soll ich Eurer Meinung nach tun?«, fragte sie gereizt. »Ihr seid ein sehr höflicher Wärter, Blaise, aber ich bin hier eine Gefangene. Soll ich Euch etwa helfen, Herr? Nachdem Ihr mein Leben zerstört und mir das hier « – Lilias hob die vom Wind rissig gewordenen und geröteten Hände – »gegeben habt?«
    »Wie bitte?« Blaise beugte sich im Sattel vor und packte ihr Handgelenk mit festem Griff. Ihre Pferde hielten an und rieben die Flanken aneinander. »Sterblich? Eine Menschenfrau?« Seine Stimme wurde sanfter. »Es ist das Schicksal, für das Ihr seit eurer Geburt ausersehen seid, Lilias von Beschtanag. Nicht mehr und nicht weniger. Ist das so grausam?«
    Vor ihnen ritten die Riverlorn in ihren glitzernden Rüstungen – alterslose, scharf sich abzeichnende Gestalten unter ihren flatternden Bannern. »Ja«, flüsterte Lilias. »Das ist es.«
    Blaise ließ sie los, nahm seine heruntergefallenen Zügel wieder auf und ritt weiter. »Ich verstehe Euch nicht«, sagte er offen heraus.
    »Das erwarte ich auch nicht«, gab sie zurück und rieb sich das Handgelenk.
    Er schaute hinüber zu ihr. »Haben wir Euch nicht Gnade erwiesen ?«
    Widerwilliges Gelächter drang aus ihrer Kehle. »O ja«, keuchte Lilias. »Weil es Euch so gepasst hat. Glaubt mir, das werdet Ihr noch bereuen, Herr!« Sie lachte erneut, nun klang es rau. »Und das Komische daran ist, dass ich jetzt, wo ich zum Weiterleben gezwungen
bin, kein Verlangen mehr nach dem Tod habe. Ich habe Angst zu sterben, Blaise.«
    Er wandte den Blick ab. »Ihr, die Ihr so viele in den Tod geschickt habt?«
    »Nicht so viele.« Sie betrachtete sein ernstes und hageres Profil. »Beschtanag wurde zum größten Teil in Ruhe gelassen. Die Regenten hatten Angst vor Calandor. Haltet Ihr mich für ein Ungeheuer?«
    »Ich weiß es nicht.« Blaise schüttelte den Kopf. »Um Euch zu zitieren: Ich bin Euch begegnet , Zauberin. Das heißt nicht, dass ich Euch kenne . Und sicherlich stimmen wir in einem Punkt überein: Ich verstehe Euch nicht.« Er ritt eine Weile schweigend dahin, dann fragte er: »Wie war er?«
    »Calandor?« Ihre Stimme klang wehmütig.
    »Nein.« Er warf ihr einen raschen Blick zu. »Uschahin.«
    »Ah.« Lilias schenkte ihm ihr bitteres Lächeln und beobachtete, wie sich die Ohren ihres Pferdes aufstellten und zuckten. »Ihr möchtet also meine Gedanken wie einen Knochenhaufen durchstöbern und nach Wissensbröckchen suchen.«
    Er beachtete ihre Bemerkung nicht. »Stimmt es, dass jeder wahnsinnig wird, der ihm in die Augen sieht?«
    »Nein.« Lilias dachte an ihre Begegnung mit ihm auf dem Balkon. Der Soumanië hatte schwer gegen ihre Stirn gedrückt, und sie hatte das Verlangen gespürt, den Träumer zu einem gesunden Mann umzuformen und ihm seine bis in die Knochen reichenden Schmerzen zu nehmen. Sie erinnerte sich daran, wie er sie angesehen hatte, und ihre dunkelsten Ängste hatten sich in seinen verschiedenfarbigen Augen widergespiegelt. Alles, was er gesehen hatte, war geschehen. Ein weiteres hysterisches Lachen drohte in ihr aufzusteigen. »Ja, vielleicht. Vielleicht stimmt es doch.«
    Blaise beobachtete sie. »Seid Ihr auch den anderen der Drei begegnet? «
    »Dem Krieger.« Als sie erkannte, dass er nicht begriff, erklärte sie: »Tanaros Königsmörder. Aus dem gleichen Volk wie Ihr, Grenzwächter. «
    »Und?« Er biss die Zähne zusammen.

    »Was soll ich Euch sagen, Herr?« Lilias sah ihn eingehend an. »Er ist ein Mensch. Zwar unsterblich, aber doch ein Mensch. Nicht mehr und nicht weniger. Ich glaube, seine Loyalität ist uneingeschränkt, und Verrat nimmt er nur sehr schwer hin.« Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Fianna die Bogenschützin sie beide mit Abscheu beobachtete, und sie lächelte. »Außerdem versteht er die Frauen nicht. Ihr ähnelt ihm, Blaise Caveros.«
    Blaise atmete tief durch und wollte eine Erwiderung geben, während er unbewusst an den Zügeln zerrte. Sein Pferd hob den Kopf und tänzelte seitwärts.
    Doch bevor er die Worte aussprechen konnte, zerriss das Gewebe der Welt.
    Ein heißer Wind blies über die Küstenstraße und wirbelte Sand und Staub auf. Haomanes Verbündete hielten an; ihre Reittiere erstarrten unter ihnen und richteten die Ohren auf. Die Grenzwächter beschirmten ihre Augen mit den Händen; die Ellylon blinzelten. Am Kopf der Kolonne hob Aracus Altorus das Kinn.
    Ein Lichtblitz überstrahlte die Mittagssonne.
    Aus

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