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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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beugte sich vor und strich ihr über die Wange. Er berührte die Oberfläche ihrer Gedanken und erblickte darin den Schatten von Tanaros’ Gesicht. Er begriff ein wenig von dem, was dies bedeutete, und bedauerte sie deswegen. Was war die
Liebe anderes als ein kleines Stück Wahnsinn? »Alles ist gut. Ich vergebe dir.«
    Sie hielt den Atem an und stieß ein keuchendes Lachen aus. »Das solltet Ihr nicht tun. Ich habe sie dorthin gebracht. Wir sind schwach. Ich bin schwach.« Sie umschloss seine Hand und schaute auf zu ihm. »Wisst Ihr, Ihr solltet sie töten. Das wäre das Beste.«
    »Ja.« Uschahin wurde still, als er das Echo seiner eigenen Gedanken hörte. »Ich weiß.« Einen Augenblick lang verblieben sie in dieser Haltung. Dann machte sein Herz unter der versengten Haut, die es einschloss, einen Sprung. Wehmütig schüttelte er den Kopf und zog seine Hand zurück. »Aber ich kann es nicht, kleine Schwester. Ich bin dem Fürsten verschworen, und er will, dass sie lebt. Ich kann seinem Willen nicht widersprechen. Würdest du es anders machen?«
    »Nein.« Ungeweinte Tränen sammelten sich wie Diamanten in ihren Augen.
    »Vergiss nicht, was du bist«, sagte er sanft zu ihr, »und mach dir nicht zu viele Gedanken über das, was hätte sein können. Denk daran, dass ich dich für das liebe, was ist.«
    »Das werde ich!« Ihr Kopf hob und senkte sich, und die überfließenden Tränen schufen Rinnsale auf ihren fahlen Wangen. Meara schniefte und rieb sich die Tränen weg. »Ich will es versuchen, Fürst.«
    »Gut.« Uschahin schaute an ihr vorbei auf die Gesichter der Irrlinge, die noch seine Aufmerksamkeit erwarteten. »Gut gemacht, mein Kind.« Es waren so viele! Wie hatte ihre Zahl so rasch zunehmen können? Unter ihrem Schmerz krampfte sich sein Herz zusammen. Er verstand sie, verstand ihre Schwäche. Was hätte sein können! Ein Stein, umfasst von der Faust eines Jungen, niederfallend. Was wäre, wenn er nie gefallen wäre? Der Schatten eines Händlers, der die Gasse verdunkelte, bevor er sich zurückzog; sein Vater, ein großer Schatten, der das Gesicht abwandte und ging. Was wäre gewesen, wenn sich jemand – irgendjemand – eingemischt hätte? Es war ein Traum, ein süßer Traum, ein bittersüßer Traum.
    Er verstand sie.
    Und was das andere anging …
    Uschahin erbebte, als er daran dachte, wie die Fundamente von
Finsterflucht unter ihm allmählich nachgaben. Die Tunnel waren so schmal, dass die Steinmetze der Fjel sie nicht betreten konnten, und alle Flickarbeiten, die Vorax’ Stakkianer ausgeführt hatten, waren lediglich ein Notbehelf. Wenn die Fundamente bröckelten, dann war das ein Sinnbild des Kommenden. Nur der Fürst konnte diesen Verfall aufhalten – falls er noch den Willen und die Macht und die geistige Gesundheit dazu besaß. Uschahin würde mit ihm darüber sprechen. Er betete, dass der Fürst ihn anhören und handeln würde, denn wenn er es nicht tat …
    »Mag es eher später als früher kommen«, flüsterte er und breitete die Arme vor der Menge aus. »O bitte, mag es so sein!«

DREI
    A n ihrem zweiten Tag an Land verglichen Haomanes Verbündete ihre Aufzeichnungen, während sie die Küstenstraße entlangritten, die von der Harrington-Bucht, wo das Zwergenschiff Yrinnas Lohn sie abgesetzt hatte, bis zu der Riverlorn-Feste Meronil führte, die ihr Ziel war.
    Sie alle waren in der Nacht von seltsamen Visionen heimgesucht worden.
    Die Männer der Grenzwacht redeten im Flüsterton darüber. Sie verkrochen sich in ihren graubraunen Umhängen und steckten die gesenkten Köpfe zusammen. Sogar die Ellylon redeten darüber, während die verbliebenen Mitglieder von Malthus’ Truppe gemeinsam auf der breiten Straße dahinritten.
    »Es war, als ob ich geträumt hätte«, meinte Peldras nachdenklich, »oder so scheint es mir wenigstens, wenn ich nach dem urteile, was mir die Menschen darüber erzählt haben, denn wir verlieren uns ja nicht im Schlaf, so wie es Arahilas Kinder tun. Aber es war so, als ob ich darin umherwandern würde, denn ich habe zugesehen, wie sich vor mir eine Geschichte ausbreitete, die nicht von mir selbst stammte. Ein starker Wind blies mir entgegen, heiß und trocken wie der Atem der Wüste, und ich erkannte, dass er tatsächlich aus der Wüste kam. Es war so und auch wieder nicht so, denn der Weise Gesandte war irgendwie verändert .«
    »Ja!«, keuchte Fianna; ihr Gesicht glühte. »Das habe ich auch gesehen!«
    »Es wäre gut, wenn es so wäre«, sagte Lorenlasse von

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