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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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die Hohe Frau Cerelinde. Ihr eskortiert uns jetzt zum Rabenhorst.«
    »Hohe Frau«, brummte Krognar und neigte seinen gewaltigen Kopf.
    »Krognar, mein Herr.« Sie sah ihn höflich und zugleich mit der Faszination des Grauens an.
    Tanaros spürte das Zittern, das sie durchlief. »Hier entlang, Hohe Frau«, sagte er.
    Das Quartett der Mørkhar-Fjel folgte ihnen, als er Cerelinde durch die gewundenen Korridore von Finsterflucht führte. Die marmornen Gänge hallten von dem schweren Tritt der Fjel und dem Kratzen ihrer krallenbewehrten und mit dicker Hornhaut überzogenen Füße wider, das von dem leisen Klirren der Waffen begleitet wurde.
    »Ihr brauchtet keine Wache in der Nacht, in der Ihr mir Fürst Satoris’ Garten gezeigt habt«, sagte Cerelinde schließlich. Obwohl ihre Stimme gefasst klang, zeugten ihre um seinen Unterarm geklammerten Finger von großer Angst.
    »Der Mondgarten liegt innerhalb der Mauern von Finsterflucht«, erklärte Tanaros. »Der Rabenhorst hingegen nicht. Ich bin schließlich für Eure Sicherheit verantwortlich, Herrin Cerelinde.«
    Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. Trotz ihrer Angst legte sich ein leises Lächeln auf ihre Lippen. »Befürchtet Ihr, ich könnte Ellyl-Magie einsetzen und fliehen?«
    »Ja«, sagte er ehrlich. »Ich befürchte Zaubereien wie die, welche Ihr in Cuilos Tuillenrad benutzt habt. Und ich befürchte …« Tanaros holte tief Luft. »Ich befürchte, eurem Flehen nicht widerstehen zu können, falls Ihr versuchen solltet, mich zu verführen. Es ist gut, dass die Wächter hier sind.«
    Ihre Wangen röteten sich, und ihre Antwort war ungewöhnlich scharf. »Ich habe Euch nicht angefleht , das hier zu tun, Tanaros!«

    »Das ist wahr.« Er machte seinen Arm frei. »Sollen wir zurückgehen? «
    Cerelinde zögerte und betrachtete eindringlich sein Gesicht. »Liegt es wirklich draußen ?«
    »Ja.« Er antwortete, ohne zu zögern, ohne über das Vergnügen nachzudenken, das ihm seine ehrliche Antwort schenkte. »Es liegt draußen. Wirklich und ehrlich, Cerelinde.«
    Sie wandte den Blick von ihm ab. Haarsträhnen, so blass wie helle Seide, hafteten an seiner samtbekleideten Schulter. »In diesem Fall würde ich es gern sehen, Fürst Schwarzschwert«, murmelte sie. »Ich würde gern unter dem Licht von Haomanes Sonne wandeln.«
    Tanaros verneigte sich. »Dann soll es so sein.«
    Sie verließen Finsterflucht durch das nördliche Portal mit seinen gewaltigen Toren, welche den Rat der Sechs Stämme versinnbildlichten, durch den die Fjeltroll-Ältesten Fürst Satoris ihrer Unterstützung versichert hatten – ihm, der ihnen Schutz gewährt und jene Gaben geschenkt hatte, die Haomane ihnen verwehrt hatte.
    Tanaros wünschte, Cerelinde hätte die Darstellung wahrgenommen und ihn danach gefragt. Es gab vieles, worüber er gern mit ihr geredet hätte, einschließlich der sagenhaften Natur von Haomanes Gabe, der Gabe des Geistes , den nur Arahilas Kinder miteinander teilten.
    Doch hinter diesen Toren lag das Tageslicht.
    »Ah, Haomane !« Cerelinde atmete das Wort aus wie ein Gebet. Sie ließ seinen Arm los und rannte mit leichten, raschen Schritten voran in das Tageslicht, an die frische Luft. Obwohl der Himmel grau und wolkenverhangen war, streckte sie ihm die Arme entgegen und hielt das Gesicht wie eine Sonnenblume nach oben. Und da war tatsächlich die Sonne zu sehen, eine blasse Scheibe hinter den Wolken, die über dem Tal von Gorgantum hingen. »Tanaros!«, rief sie. »Die Sonne !«
    »Ja, Hohe Frau.« Es gelang ihm nicht, ein Lächeln zu unterdrücken. »Genau da, wo Ihr sie zurückgelassen habt.«
    Ihr Gesicht leuchtete vor Freude. »Ihr könnt mich ruhig verspotten, Tanaros, aber das Licht der Sonne kommt der Gegenwart Haomanes
am nächsten, ohne den die Riverlorn dahinsiechen und verblassen. Verachtet mich nicht, weil ich Freude darüber empfinde.«
    »Das tue ich nicht, Hohe Frau.« In diesem Augenblick hatte er den Eindruck, dass er sie niemals würde verachten können. »Sollen wir weitergehen?«
    Er geleitete sie den Pfad hinunter in ein Buchenwäldchen. Sobald sie unter das Blätterdach getreten waren, ging Tanaros voraus und erlaubte Cerelinde, ihm zu folgen und ungehindert über den Pfad zu schreiten. Die Mørkhar bildeten die Nachhut; ihre Schritte knirschten schwer auf dem Buchenmulch. Der Herbst nahte, und die Blätter färbten sich allmählich. Überall sonst hätten sie nun einen goldenen Ton angenommen, doch hier in Finsterflucht blühte ein Fleck aus tiefstem

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