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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Oberfläche der Flasche zu schieben versuchte. »Blågen, Jungs … helft mir !«
    Sie alle kamen. Sie gehorchten seinem Befehl, versammelten sich um ihn und mühten sich ab, die Flasche von seiner Handfläche zu heben und ihn selbst auf die Beine zu stellen. Er blickte in vertraute und besorgte Fjel-Gesichter. Und überall um ihn herum wanden sich die Efeuranken wie Nester grüner Schlangen. Schösslinge brachen mit unglaublicher Geschwindigkeit hervor, legten sich dort um ein Fußgelenk, packten hier eine Hand. Die Fjel zogen ihre Äxte, fluchten und trennten die Ranken ab. Skragdal war gezwungen, in hockender Stellung zu bleiben, und spürte, wie die Ranken seinen breiten Körper umschlangen und sich zusammenzogen, bis ihm die Luft aus der Lunge gepresst wurde. Kriechende Stränge aus Grün drohten ihm den Blick zu nehmen. Wie schnell seine Kameraden sie auch zerhackten, die Ranken waren schneller.
    Unter großen Mühen drehte er den Kopf. Da stand der Junge aus dem kleinen Volk; die Verblüffung in seinem Blick machte einer finsteren Entschlossenheit Platz. Seine Lippen bewegten sich weiterhin, formten Worte, und er hielt beide Hände mit den Innenflächen nach oben ausgestreckt. In ihnen bildeten die Linien dort, wo sie zusammentrafen, die Strahlen eines Sterns.
    Anscheinend war der Träger doch nicht ganz so harmlos, wie er erschien.
    »Vergesst mich.« Skragdal konnte nicht mehr laut reden; er zischte die Worte durch die zusammengedrückte Kehle. » Tötet den Jungen !«
    Sie versuchten es.
    Sie waren Fjel; sie gehorchten seinen Befehlen. Aber da waren die Ranken. Der gesamte Grabhügel schien unter ihnen zu brodeln;
sie krochen umher, schlangen sich umeinander. Und der Ältere der kleinen Leute fand seinen Mut wieder. Er hatte einen Streitkolben aufgehoben, den einer der Nåltannen beiseitegeworfen hatte, und schlug damit schreiend um sich. Wenn die Ranken nicht gewesen wären, hätten Skragdals Jungs ihn dort erledigt, wo er stand, doch die Ranken breiteten sich überall in grünen Wellen aus.
    Es war nicht richtig, ganz und gar nicht richtig. Dieser Ort war den Toten der Fjel geweiht. Es war ein schrecklicher und zugleich heiliger Ort. Aber das Wasser des Lebens war älter als die Schlacht von Neherinach. Das, was aus dem Brunnen der Welt geschöpft wurde, war niemandem zur Treue verpflichtet.
    Der an den Boden gefesselte Skragdal musste alles tatenlos mit ansehen.
    Da war Thorun, der sich seinen Fehler auf der Ebene von Curonan nie vergeben hatte, wo er seinen Gefährten Bogvar getötet hatte. Grüne Ranken drangen ihm in den Mund, umschlangen ihn, bis er ganz unter ihnen verschwunden war. Da waren die Nåltannen, die ihre Äxte beiseitewarfen, weil sie mit ihren stahlartigen Klauen die Ranken besser zerteilen konnten. Sie waren erfüllt von der Wut instinktiven Entsetzens; ihr anschwellender Angstgestank wetteiferte mit dem Geruch des Wassers. Doch für jede abgetrennte und zu Boden fallende Ranke wuchsen zwei andere nach und brachten die Nåltannen schließlich zu Fall. Sie nahmen sie mit sich in die Erde, und ihre Bewegungen erlahmten. Der größte Grabhügel auf dem Schlachtfeld von Neherinach wurde noch größer, und die Ranken mästeten sich an den Toten.
    Da waren die ungläubigen Kaldjager. Nichts konnte diesen kalten Jägern widerstehen. Mit Abscheu in den gelben Augen starrten sie auf die herankriechende Welle der Ranken. Sie schüttelten die Köpfe und traten aus. Sie verachteten die grünen Fesseln und waren sicher, dass sie sich von ihnen befreien konnten.
    Doch sie waren im Irrtum.
    Die Ranken holten sie, wie sie die anderen geholt hatten.
    Skragdal wünschte, er wäre als Erster getötet worden. So hätte es sein müssen. Doch sie sparten ihn bis zum Schluss auf. Es wurde
still in Neherinach. Er hockte da, völlig eingesponnen, eine Statue in Grün, eine Hand gegen den Boden gepresst. Sie schmerzte unter dem schrecklichen Gewicht. Er rang nach Luft; sein Atem rasselte in der zerquetschten Lunge. Eine Efeuranke wand sich um seinen Kopf. Das lose Ende wuchs und wuchs und schwankte zitternd vor seinen Augen. Blasse Sprösslinge wurden dunkelgrün, trieben Blätter aus. Blüten öffneten sich, zart und blau. Die Ranke würde ihn bald töten.
    Eine dünne und dunkle Hand durchdrang das Blattwerk. Skragdal rollte die Augen unter seiner wulstigen Stirn und begegnete dem Blick des kleinen Jungen. Jetzt wünschte er sich, er hätte die Frage des Kindes beantwortet.
    »Es tut mir leid«, flüsterte

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