Elegie - Fluch der Götter
machten sich bereit, zu den anderen zu stoßen. Viele von ihnen kamen mit Versorgungswagen – mit allem, was man bei der Herbsternte entbehren konnte.
Auch die Freien Fischer waren da, lakonisch und wettergegerbt. Ein Trupp arduanischer Bogenschützen war eingetroffen; der Stolz auf die Tat ihrer Landsfrau, die den Drachen von Beschtanag erlegt hatte, feuerte sie an. Auch wenn keine dieser Gruppen die Oberhoheit von Aracus Altorus über ihre jeweiligen Länder anerkennen wollte, waren sie doch bestrebt, an seiner Seite zu kämpfen, denn sie stellten die Freiheit über alles andere. Als verbannter König des Westens achtete Aracus ihre Unabhängigkeit. Sie waren sicher, dass der Weltenspalter dies nicht tun würde. Hatte er das nicht bereits bewiesen, indem er seine Falle in Beschtanag gestellt hatte?
Aber das Herz der Armee bildeten diejenigen, die aus Meronil hergekommen waren: die Gruppe der Riverlorn und die Grenzwacht von Curonan. Es waren ihre Befehlshaber, die sich zu einem eilig einberufenen Treffen im Zelt von Ingolin dem Weisen versammelt hatten – ihre Befehlshaber und jene, die aus der Truppe übrig geblieben waren, welche mit Malthus geritten war.
Es war ein geräumiges Zelt aus Seide, die durch die Künste der Ellylon wetterfest gemacht war. Drei Banner flatterten an seiner Spitze. Das niedrigste war die silberne Schriftrolle des Hauses Ingolin. Darüber kam das goldäugige Schwert von Altorus dem Weitsichtigen. Und darüber hing die Krone und Souma des Hauses von Elterrion in trotzigem Tribut an die Hohe Frau Cerelinde und in der festen Hoffnung, dass sie noch lebte.
Drinnen war es still; Ellylon-Lampen verbreiteten schwaches Licht.
Die Anwesenden hatten sich um den Tisch versammelt und betrachteten die geschlossene Truhe, die darauf stand. Sie trug goldene
Verzierungen und das Wappen aus Krone und Souma. Die verkrümmten Hände von Malthus dem Gesandten ruhten auf ihrem Deckel. So war es bisher bei jeder Versammlung seit der ersten in Meronil gewesen. Gleich würde er die Truhe öffnen.
In der Truhe befand sich ein Turmalin. Früher einmal hatte er im Einklang mit Malthus’ Soumanië geleuchtet. Doch nun war er auf den Träger und dessen Last eingestellt. Das war eine von Malthus’ letzten Taten gewesen, als er den Jungen und seinen Onkel in den Marasoumië geworfen und sie mit dem Zauber der Geheimhaltung gebunden hatte.
Malthus der Gesandte hatte seinen Zauber geschickt gewirkt. Da sich sein Soumanië verändert hatte, konnte nicht einmal er diesen Zauber brechen. Doch der Edelstein würde ihnen verraten, ob der Träger noch lebte.
»Haomane gebe, dass es so ist«, sagte Malthus und öffnete die Truhe.
Blassblaues Licht ergoss sich in das Zelt. Dort auf dem mit Samt ausgeschlagenen Boden der Truhe leuchtete der Turmalin noch und verstrahlte sein Licht tief aus seinem blaugrünen Innern. Das kühle Licht war wie Wasser in der Wüste, und die Anwesenden tranken es, als würden sie danach dürsten. Zunächst sprach niemand; die Atmosphäre war noch sehr angespannt. Ingolin hob den Blick und sah Malthus an. Der Gesandte schüttelte den Kopf; die Sorgenfalten in seinem Gesicht wurden tiefer.
Schließlich durchbrach Aracus Altorus die Stille. »Das Licht wird schwächer.« Er sah sich im Zelt um und versuchte die Helligkeit abzuschätzen. »Es ist nur noch halb so stark wie gestern Abend.«
»Ich fürchte, das stimmt«, erwiderte Malthus ernst.
»Warum?«
Malthus seufzte. »Wenn ich das wüsste, Aracus!«
»Ich wollte ihn beschützen.« Blaises Stimme klang harsch. »Sogar der alte Mann bei den Yarru hat es gesagt. Wächter hat er mich genannt. « Er starrte auf den Turmalinsplitter, ballte die Fäuste, öffnete sie wieder. »Was bedeutet das?« Er sah Malthus fragend an. »Heißt das, dass Dani verletzt ist? Oder dass er stirbt?«
Malthus und Ingolin tauschten einen raschen Blick, und der Fürst der Riverlorn antwortete: »Wir wissen es nicht, Blaise Caveros. Nie zuvor hat ein Träger das Wasser des Lebens aus der Unbekannten Wüste herausgebracht.« Ingolin schüttelte den Kopf. »Welches Band fesselt ihn an das, was er trägt? Das wissen nur die Yarru, und vielleicht nicht einmal sie. Wir können es nicht sagen.«
»Dieser arme Junge«, murmelte die Bogenschützin Fianna. »Ah, Haomane!«
»Betrauere ihn nicht zu schnell.« Malthus’ Stimme wurde tiefer und wohltönender. Er zwang sich zu einem Lächeln, auch wenn ein Schatten des Kummers noch darunterlag. In den Tiefen seines
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