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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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zu.
    »Ich auch«, flüsterte Onkel Thulu zurück. »Sei still, Junge, und warte ab.«
    Das Tor wurde entriegelt und mit einem lauten Knall aufgerissen. Dani sprang zurück und spürte die Pfeilspitze in seinem Rücken. Die junge Bogenschützin wiederholte ihre Worte; sie sprach die Silben mit starkem Akzent aus. »Ihr geht da hin!«
    Sie betraten den Wohnturm.
    Im Inneren erwartete sie ein Dutzend Frauen, die unvertraute Waffen in den Händen hielten. Dani sah sich um. Frauen, überall
nur Frauen. Wo waren die Männer? Er wusste nicht viel über das Leben außerhalb der Wüste, aber ihm war bekannt, dass die Geschlechter hier wie dort nicht getrennt lebten. Auf allen Gesichtern bemerkte er die gleichen Gefühle: tiefe Wut, die ein wenig das Entsetzen und Grauen darunter verdeckte.
    Diese Blicke kannte er. Sie berührten eine Saite in ihm, die bereits bei den furchtbaren Worten des Fjeltrolls zum Schwingen gebracht worden war. Allmählich verband sich das alles in ihm zu einer schrecklichen Gewissheit. Irgendetwas Schlimmes, etwas sehr, sehr Schlimmes war hier geschehen.
    Die Anführerin war eine Frau mittleren Alters, die ein schweres Schwert mit beiden Händen hochhielt. Sie hatte braunes Haar, das in der Mitte gescheitelt und zurückgekämmt war, und ihr Gesicht war ein Abbild grimmiger Entschlossenheit.
    »Wer seid ihr?« Sie benutzte die Gemeinsame Sprache und spuckte die Worte voller Abscheu aus. »Was wollt ihr hier?«
    »Herrin«, erwiderte Onkel Thulu mit besänftigender Stimme, »vergebt uns. Wir sind Reisende und befinden uns fern der Heimat. Wo sind wir hier?«
    »In Gerflod«, sagte sie finster. »Das hier ist Gerflod, und ich bin Sorhild, die Coenred, den Grafen von Gerflod, heiraten sollte. Dunkelhäutige, ihr kommt nicht aus Stakkia, und ich glaube euch nicht, dass ihr euch verirrt habt. Was wollt ihr?« Während sie das Schwert hoch über ihrem Kopf hielt, knirschte sie mit den Zähnen. »Hat Finsterflucht euch geschickt?«
    »Nein, Herrin«, sagte Dani, bevor sein Onkel etwas erwidern konnte. Er begegnete dem Blick von Sorhilds blaugrauen Augen und hielt ihm stand. »Wir sind nach Finsterflucht unterwegs, aber wir wurden nicht von dort ausgesandt. Wir sind Yarru aus der Gegend, die ihr die Unbekannte Wüste nennt.«
    »Dani!« Onkel Thulus Protest kam zu spät. Der Schaden war angerichtet – falls es ein Schaden war.
    Sorhilds Augen weiteten sich, und etwas veränderte sich in ihrer Miene: Hoffnung, schmerzhaft und vorsichtig, kroch hinein. Das Schwert zitterte in ihren Händen. »Die Unbekannte Wüste?«

    Dani nickte; er traute seiner eigenen Stimme nicht mehr.
    »Wenn das Unbekannte einst bekannt ist …« Das waren die Worte von Haomanes Prophezeiung. Sie stieß ein ersticktes Lachen aus und bedeckte das Gesicht mit ihren schwieligen Händen. Das Schwert fiel klappernd auf die marmornen Bodenplatten. »Sie dürfen eintreten«, sagte sie halb erstickt. »Sie dienen dem Willen des Galäinridders.«
    Auf ihren Wunsch verbrachten Dani und Thulu die Nacht im Wohnturm von Gerflod und erfuhren, was sich hier ereignet hatte. Sie hörten die Geschichte des Galäinridders, der in Schrecken und Pracht gekleidet nach Gerflod gekommen war; sie hörten von seiner weißen Robe und seinem bleichen Pferd, von dem strahlenden Edelstein auf seiner Brust und der furchtbaren Warnung, die er ausgesprochen hatte. Es stand ein Krieg bevor, und Haomane würde in seinem Zorn über alle herfallen, die sich ihm entgegenstellten. Diejenigen, die dies tun wollten, waren bereits mit dem Zeichen des Todes versehen. Sie hörten, wie der Galäinridder, der Leuchtende Paladin, die Herzen der Stakkianer, die ihn vernommen hatten, verändert und ihren Geist mit Trotz gestärkt hatte.
    »War das Malthus?«, flüsterte Dani seinem Onkel zu. »Warum ist er nicht zu uns gekommen?«
    »Wer weiß das schon, Junge?« Thulu zuckte die Achseln. »Die Wege des Zauberers sind tief und unergründlich.«
    Sie erfuhren von dem Streit in Stakkia und hörten, dass sich die Herrscher entlang der Route des Galäinridders zum Krieg bereit gemacht und auf der Ebene von Curonan versammelt hatten, erfüllt vom Feuer ihrer gewandelten Herzen. Und sie erfuhren, dass Graf Coenred hier geblieben war, weil er die Ansicht gehegt hatte, dass er etwas noch viel Wichtigeres bewachte.
    Die Vesdarlig-Passage.
    Es war ein Tunnel, ein sehr alter Tunnel, der unmittelbar nach Finsterflucht führte. Seit unvordenklichen Zeiten benutzten ihn die Stakkianer und Fjel.

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