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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Topf in eine Tonschüssel. Sie war nach Art der Zwerge zubereitet: einfach und köstlich. Bei der Suppe handelte es sich um eine klare Brühe mit süßen Kräutern. Sie dampfte unschuldig vor sich hin, bis Meara einen Deckel auf die Schüssel legte und damit die Hitze am
Entweichen hinderte. Sie wählte drei Stücke Weißbrot aus, wickelte sie in ein Leinentuch und eilte aus der Küche.
    In ihrer Eile wäre sie fast mit Fürst Uschahin zusammengestoßen.
    »Meara!« Er hielt sie fest. »Ist dein Botengang so wichtig, mein Kind?«
    »Ich weiß nicht, mein Fürst.« Sie hob den Blick und sah ihm in die Augen – das eine mit seiner blassen, gesplitterten Iris, das andere mit einer starren Pupille. In ihrer weiten Schwärze lag ein Begreifen aller Zwischenräume und der darin verlorenen Seelen, das weit über das übliche Verständnis hinausging. Für sie war sein Blick wundervoll und beruhigend. »Ist er das?«
    Er sah das Tablett und verstand. Uschahin Traumspinner schüttelte sanft den Kopf und ließ sie los. »Sage mir nicht, was du da trägst, Meara. Was immer es ist, ich will es nicht genau wissen.«
    »Ich … ich bin mir nicht sicher, Fürst. Aber was immer es ist, ist es wert, dass …« Sie schluckte und kostete den bitteren Geschmack. »Dass der Fürst dadurch hintergangen wird?«
    »Aus Treue, ja.« Ein ernster Ausdruck legte sich über das ungleichmäßige Gesicht Uschahins. »Habe keine Angst. Was immer du tust, ich werde dich beschützen. Manchmal kommt es dem Wahnsinn zu, die geistige Gesundheit zu schützen, Kind. Zu vieles hat sich ereignet, und jetzt ist da noch diese Sache in Neherinach. Eine ganze Fjel-Kompanie wird vermisst.« Er schüttelte abermals den Kopf und richtete den dunklen Blick in unsichtbare Fernen. »Ich habe meine Raben zu weit ausgesandt, damit sie den Träger suchen, und sie haben nichts gesehen. Es war ein Irrtum. Doch sie sind zu wenige; sie können nicht alle marschierenden Verbündeten Haomanes im Blick behalten, und der Träger ist schneller, als ich vermutet hatte. Woher sollte ich es wissen?«
    »Mein Fürst?« Meara war verwirrt.
    »Es ist unwichtig.« Fürst Uschahin lächelte sie an. »Bring der Hohen Dame das Abendessen, Meara.«
    Die Korridore waren ihr noch nie so lang erschienen. Sie hätte die geheimen Wege genommen, aber Heerführer Tanaros hatte die Eingänge, die zu den Gemächern der Hohen Frau führten, von innen
versperrt. Mearas rasche Schritte riefen Echos hervor und pflanzten sich in endlosem Widerhall fort. Sie erhaschte kurze Blicke auf ihr Spiegelbild in dem glänzenden schwarzen Marmor mit seinen glimmenden Adern aus Feuermark – sie sah eine gebeugte, huschende und ängstliche Gestalt. Sie erinnerte sich an das, was die Hohe Frau Cerelinde ihr gezeigt hatte – an das, was hätte sein können: eine hübsche Frau in einer Schürze, die Teig knetete und deren Hände staubig vom Mehl waren. Ein Mann hatte die Küche betreten, sie von hinten umarmt und ihr etwas ins Ohr geflüstert, das sie zum Lachen gebracht hatte. Er war groß und schön gewesen und hatte dunkles Haar gehabt.
    Es tat sehr weh, sich daran zu erinnern. Die Hohe Frau Cerelinde hätte ihr nie etwas so Schönes zeigen dürfen. Es schmerzte einfach zu sehr. Eine erwiesene Wohltat tat nicht immer wohl, auch wenn man so sehr darum gebeten hatte.
    Einige Finsterflucht-Wächter waren vor der Tür der Hohen Frau postiert. Es waren schwarze, struppige Mørkhar-Fjel, Heerführer Tanaros treu ergeben. Meara hielt den Atem an, als sie ihr Tablett untersuchten, die massigen Köpfe senkten und mit geblähten Nüstern schnüffelten. Sie hielt den Kopf geneigt; die verfilzten Haare verbargen ihr Gesicht. Meara wusste, dass sie Angst riechen konnten, aber dieses Gefühl empfanden die Fjel nicht als seltsam, nicht bei einer Irrlingsfrau, die allen möglichen Schrecken ausgesetzt war. Sie wusste nicht, ob diese Geschöpfe auch Gift erschnüffeln konnten oder ob sich in diesem Essen überhaupt Gift befand.
    Es musste Gift darin sein.
    Wenn es so war, dann war es nichts, was die Fjel entdecken konnten; nichts, das für sie tödlich war. Die Gesundheit eines Fjeltrolls konnte nur wenig erschüttern. Sie sperrten die Tür auf und gewährten ihr Einlass in das Gemach der Hohen Frau.
    Vielleicht war doch kein Gift darin.
    Vor ihr stand die Hohe Frau Cerelinde, groß und strahlend. Alles Licht im Raum schien sich um sie versammelt zu haben, als ob es sie liebte. Es schimmerte in ihren goldenen Haaren, klammerte

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