Elegie - Herr der Dunkelheit
dachte, es könnte vielleicht auch hier von Nutzen sein. Zuvor hat mir niemand die Möglichkeit gegeben, so etwas zu versuchen. Ich denke, es wird recht hilfreich sein. Es ist keine leichte Aufgabe, ein solches Heer auszurüsten.« Seine Augen ruhten nun auf Tanaros. »Wir ziehen doch in den Krieg, nicht wahr, Heerführer?«
»Ja.« Tanaros bedeutete ihm mit einer Handbewegung, ihm nach draußen vor die Schmelze zu folgen. Dort war das Gras vertrocknet, und eine ekelhaft riechende Wolke aus Rauch und schwefligen Gasen hing schwer unter dem niedrigen Himmel, aber zumindest biss die Luft hier nicht in seine Lungen. »Einige von uns ziehen in den Krieg, Mittländer.«
»Ich möchte mit Euch reiten«, sagte Speros von Haimhault offen und selbstbewusst. »Ihr habt mir ein Pferd versprochen, eines, wie Ihr selbst es reitet, Heerführer. Habe ich nicht all das gehalten, was ich versprochen habe, und noch mehr?«
Das hatte er tatsächlich, daran war nicht zu rütteln. Seine Erfindungen waren für die Kriegsvorbereitungen unschätzbar wertvoll gewesen. Mithilfe seines Wasserrades wurde in den Öfen von Finsterflucht doppelt so viel Eisen geschmolzen wie zuvor. Es war das erste Mal, dass sich Tanaros persönlich davon überzeugen konnte, aber es hieß, Fürst Satoris sei sehr zufrieden.
»Ja.« Tanaros verdrängte seine eigenen Befürchtungen und klopfte dem jungen Mann auf die Schulter. »Das hast du. Du sollst dein Ross bekommen, mein Junge, und deinen Platz in unseren Reihen.«
Speros lächelte mit wilder, unverbrämter Freude.
Es war nicht so, dass sich Tanaros’ Vertrauen als falsch erwiesen hatte, ganz im Gegenteil. In kurzer Zeit hatte sich Speros von Haimhault in Finsterflucht seinen Platz erkämpft. Die Fjel vertrauten ihm. Hyrgolf sprach gut von ihm, und Tanaros schätzte die Meinung seines Marschalls mehr als die aller anderen. Die Tatkraft und der Ehrgeiz des jungen Mannes – Eigenschaften, die er in den Mittlanden nicht hatte ausleben können – erblühten nun in Finsterflucht. Er war nicht nachtragend, was die Behandlung betraf, die er zu Beginn erfahren hatte; für ihn war es die Sache wert gewesen. Wider besseres Wissen mochte Tanaros den jungen Mann.
Darin lag das Problem.
Wie lange war es her, dass Tanaros den Schattenhelm aufgesetzt und die Heere angeführt hatte, die dann Altoria zerstörten? Achthundert Jahre vielleicht. Dennoch hatte er nicht vergessen, dass er damals unter dem glühenden Hass in seinem Herzen einen Hauch von Trauer gespürt hatte. Denn sosehr er auch verletzt und betrogen, gehasst und gejagt worden sein mochte, es war doch immer noch sein Volk. Und er hatte es vernichtet, das ganze Reich zerstört; die herrschende Familie war zu einem Schatten ihrer früheren Größe geschrumpft.
»Es mag sein, dass du Verwandte unter unseren Feinden hast«, sagte er nun zu Speros. »Vielleicht wirst du einem Vetter oder Bruder
im Kampf gegenüberstehen. Und dieser Krieg wird keiner von der Art sein, wie ihn die Dichter besingen. Wir werden sie hinterrücks überfallen und keine Gnade walten lassen, bis die Bedrohung vernichtet ist. Das ist keine ruhmreiche Sache.«
Der Mittländer sah voll Stolz auf seinen Schmelzofen und zuckte die Achseln. »Du hast sie überlistet, Heerführer. Liegt darin nicht schon Ruhm genug?«
»Wir kämpfen nicht um des Ruhmes willen. Nur für den Sieg.«
»Sieg.« Speros fuhr sich mit der Hand durch das rußige, struppige braune Haar. »Eine Gespaltene Welt, in der Fürst Satoris siegreich herrscht. Was wird dann geschehen?«
»Dann«, sagte Tanaros langsam und spielte mit dem Rhios in seiner Tasche, »dann mag es sein, dass die Sechs Schöpfer aufgeben und zu einem Friedensschluss bereit sind. Oder vielleicht auch nicht. So oder so, Fürst Satoris wird Urulat besitzen, ebenso wie den Gottestöter und zwei der drei Soumanië. Und es mag sogar sein, dass der dritte, Dergails Soumanië, nicht länger unerreichbar ist.«
Speros holte hastig Luft, sodass sein Atem zischend durch seine Zähne fuhr, und seine Augen leuchteten angesichts dieser Aussichten. »Mit alldem könnte er Haomane selbst herausfordern!«
»Ja«, sagte Tanaros, »das könnte er.«
»Und wenn er gewinnt?«, fragte Speros. »Würde er die Sechs erschlagen?«
»Nein.« Tanaros schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Er liebte seine Schwester Arahila einst sehr, und ich glaube, er liebt sie immer noch. Obwohl sie sich gegen ihn auf Haomanes Seite stellte, war sie es, die der Hand des
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