Elegie - Herr der Dunkelheit
Gedankenfürsten Einhalt gebot, als sein Zorn die Erde versengte, und sie war es, die den roten Stern als Warnung aufgehen ließ. Fürst Satoris ist seine Ehre sehr wichtig. Es mag gut sein, dass sie ihn dazu überreden könnte, Gnade walten zu lassen.«
Speros sah nach Westen. »Welche Art von Welt würde der Fürst erschaffen, was meint Ihr?«
»Das weiß nur er allein«, sagte Tanaros. »Aber ich stelle mir eine Welt vor, in der nicht die Tyrannei eines Schöpfers alle Dinge beherrschte. Und das«, setzte er hinzu, »genügt mir.«
»Es wäre ein Anfang«, nickte Speros. Er sah Tanaros neugierig an. »Was würdet Ihr in einer solchen Welt tun, Heerführer?«
Unerklärlicherweise stellte sich Tanaros Cerelindes Gesicht vor. »Ich weiß es nicht«, murmelte er. »Aber ich würde es gern herausfinden. Vielleicht würde ich ein besserer Mensch werden, als ich es in dieser gewesen bin.« Er gab sich einen Ruck und übersah den fragenden Gesichtsausdruck des Mittländers. »Komm, mein Junge. Wir suchen ein Pferd für dich aus.«
Die verwirrte Miene wich einem Grinsen. »Jawohl, Heerführer!«
In der Brunnenkammer brannte das Feuermark unaufhörlich, eine blauweiße Flammensäule erhob sich aus ihren Tiefen, so hell, dass sie in den Augen brannte. Und in ihrer Mitte hing der Soumasplitter, der Gottestöter, und pulsierte wie ein Herz in einem unsichtbaren Rhythmus.
»Herr.« Cerelinde von den Ellylon hatte ihre Hände vor sich ineinander verschränkt, um zu verbergen, dass sie zitterte. So mutig sie auch war, stets überfiel sie große Furcht, wenn in ihren Gemächern der Wandteppich zurückgeschlagen wurde, der die Geheimtür verdeckte, und ein wachsamer Irrling heraustrat, der sie dann durch die gewundenen Gänge hinter den Mauern führte, bis sie die dreigeteilte Tür und die Wendeltreppe erreichten und dem Fürst von Finsterflucht, der sie zu sich gerufen hatte, gegenüberstanden. »Ihr habt nach mir geschickt?«
»Ja.« Die Stimme des Schöpfers war sanft. Er bewegte sich in den Schatten am Rande des Raums, und seine Umrisse verschmolzen mit der Dunkelheit. Nur die roten, glühenden Augen waren klar auszumachen. »Macht es Euch bequem, Hohe Frau.«
Cerelinde setzte sich angstvoll und mit geradem Rücken auf die Kante des Stuhles, auf den er deutete.
Er lachte tief und grollend. »Jetzt seid Ihr schon seit Wochen mein Gast. Meint Ihr immer noch, ich wollte Euch etwas Böses?«
»Ihr haltet mich hier gegen meinen Willen fest.« Sie richtete ihren Blick fest auf das schlagende Herz des Gottestöters im Feuermark. »Ist das nichts Böses, Herr?«
»Wille«, überlegte Satoris, und die Steine von Finsterflucht erschauerten unter seinem mächtigen, geräuschlosen Schritt. Der Ichorgestank, süß und kupferartig, verstärkte sich, als er sich näherte. »Was wisst Ihr vom Willen, kleine Ellylfrau?«
»Ich weiß, dass ich ihn besitze, um Euch zu widerstehen.« Die Worte klangen hart, härter, als sie selbst gedacht hatte. Es war hier, an diesem Ort, sehr schwer, an all dem festzuhalten, von dem sie wusste, dass es wahr war.
Finger strichen über ihr Haar. »Und wenn ich Euch ein Königreich anböte?«
Cerelinde schloss die Augen und erschauerte unter der Berührung eines Schöpfers. Mit dem Gottestöter in der Hand konnte er, wenn er wollte, ihrem ganzen Körper eine neue Gestalt geben. »Das tätet Ihr nicht, Weltenspalter«, antwortete sie. »Solange ich lebe, bin ich für Euch eine Bedrohung, und ich glaube nicht, dass Ihr mich lange am Leben lassen werdet, und Macht werdet Ihr mir schon gar nicht anbieten. Ich bin keine Närrin, Herr. Ich habe meinen Frieden damit gemacht. Ich habe keine Angst zu sterben.«
»Nein.« Der Schöpfer zog sich wieder etwas zurück, und Verachtung schwang in seiner Stimme mit. »Aber zu leben . Wollt Ihr an jener Prophezeiung festhalten, mit der mein Bruder Haomane die Welt gestaltet? Denn dies kann ich Euch sagen: Ihr seid nicht die Einzige, Tochter der Erilonde.«
»Was?« Cerelinde öffnete die Augen. »Was sagt Ihr da?«
»Oh ja.« Fürst Satoris lächelte, ein furchterregender Anblick. »Elterrion der Kühne hatte eine zweite Tochter aus einer illegitimen Verbindung. Irgendwo unter den Riverlorn geht Eure Linie weiter. Dachtet Ihr, dass solche Dinge bei den Ellylon nie geschehen?«
»Das ist nicht möglich.« Cerelinde richtete sich kerzengerade auf.
»Sie geschehen sehr selten, aber sie geschehen.« Die Augen des Schöpfers glitzerten boshaft rot. »Es ist
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