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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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erwartete.
    Wieso lächelst du, Stakkianer?
    Um mich mit dem Tod anzufreunden.
     
    Ein kalter Morgen dämmerte über der Ebene von Rukhar.
    Uschahin lag zusammengekrümmt zwischen den Felsen, zu denen er sich geschleppt hatte, und seine Knochen schmerzten, seine Zähne klapperten. Hinter ihm, in der Höhle des Marasoumië waren die Lichter des Knotens so tot und grau wie erkaltete Asche. Unfähig, den Kopf zu heben, starrte er auf das zernarbte Gesicht eines Sandsteinblocks, bis das immer heller werdende Licht ihm unerträgliche Kopfschmerzen verursachte und er die Augen schloss.
    Er hatte es nicht geschafft, die Bahnen offen zu halten.
    Es waren Schritte zu hören, und er blinzelte durch geschwollene Lider. Ein Paar Stiefel kam in Sichtweite, rukharische Arbeit, mit weichen Ledersohlen und bestickten Schnürsenkeln. Einer der
Stiefel stieß mit der Spitze gegen seine Rippen. Kindheitserinnerungen, halb vergessen, schlugen wie eine Welle über ihm zusammen und hinterließen einen bitteren Geschmack in seinem Mund.
    »Traumjäger.« Über ihm stand Makneen, der Befehlshaber der Rukhari. Die aufgehende Sonne hinter ihm ließ seinen Kopf als dunklen Schattenriss erscheinen. »Wo ist dein Heer?«
    »Verloren«, krächzte Uschahin, blinzelte nach oben und zuckte vor der Helligkeit zurück.
    Der Rukhari nickte; er hatte verstanden. Irgendwo in der Nähe stampften Pferde, und Männer unterhielten sich leise in ihrer eigenen Sprache. Gestern hatten sie ihn gefürchtet. Heute wollten sie ihn tot sehen. Makneens Hand glitt zum Griff seines Krummsäbels, der mit hellem Kupferdraht umwickelt war. »Unsere Vereinbarung ist also gebrochen.«
    »Nein.« Er spuckte aus und reinigte seinen Mund von der Galle. »Warte …«
    »Gebrochen.« Der Rukhari beobachtete ihn wie ein aufmerksamer Falke, hob eine Hand, dann wandte er sich ab und warf die letzten Worte nachlässig über seine Schulter. »Sag dem Vielfraß, wir haben vertraut. Ihr seid es, die haben versagt. Jetzt, wir gehen.«
    Das taten sie, noch während er versuchte, sich aufrecht hinzusetzen und die schmerzende Last seines Kopfes zu heben. Auf beiden Seiten schossen Pferde an ihm vorüber, die mit lauten Schreien angetrieben wurden. Hufe dröhnten und wirbelten kleine Sandsteinbrocken auf. Uschahin hob eine Hand, um sein Gesicht vor Verletzungen zu schützen. Was auch immer Vorax ihnen versprochen hatte, es war alles weg, alles verloren. Und es lag keine Befriedigung, überhaupt keine, in dem Wissen, dass er recht gehabt hatte.
    Das alles war Malthus zuzuschreiben.
    Er hatte es gefühlt, hatte es gewusst von dem Augenblick an, als der Gesandte in die Bahnen eingedrungen war, die Herrschaft über den Marasoumië an sich riss und ihn für seine eigenen Zwecke verwendete, wobei er Uschahins Einfluss mit einer Beschwörung des Soumanië hinwegfegte. Und der Traumspinner erfuhr in diesem Augenblick das Gefühl völliger Hilflosigkeit.

    Es hätte nicht geschehen dürfen.
    Irgendetwas war furchtbar schiefgegangen.
    Erschöpft und besiegt begrub Uschahin das Gesicht in seinen Händen und fand Trost in der vertrauten Dunkelheit und den missgestalteten Knochen unter seinen Fingerspitzen. Herr, dachte er, ich habe Euch im Stich gelassen! Gleich, in wenigen Augenblicken, würde er die nötige Anstrengung auf sich nehmen und seinen Verstand von dem befreien, was die Menschen Vernunft nannten, um dann durch ihre Träume zu streifen. Jetzt …
    Er hörte das Scharren von Krallen auf Sandstein.
    Uschahin, der noch auf dem nackten Stein saß, hob den müden Kopf aus den schützenden Händen. Ein grauer Schatten bewegte sich auf den Felsen, hob den Kopf ins Blickfeld, die Schnauze zuckte. Er war jung, dieser hier, und er war ausgesandt worden, um eine unangenehme Botschaft zu überbringen. Schmerzerfüllt und bis ins Mark erschöpft, wie er war, wahrte Uschahin die alte Höflichkeit, indem er in der Sprache seines Gegenübers fragte: »Wie ging es auf Oronins Jagd?«
    Der junge Wehr heulte.
    Dann sprang er von der Felskante, um mit einem einzigen Satz vor Uschahin zu landen. Schmerz lag in seinen Bernsteinaugen, die im Sonnenlicht leuchteten. Eine Vorderpfote schlug nach ihm, und Uschahin zuckte zurück, als die Krallen seine missgestaltete Wange berührten. Blind nach innerer Kraft suchend, besann er sich auf das Brandzeichen, das sein Herz umgab, erinnerte sich an den Gottestöter und das Feuermark und an das lange Leiden seines Gebieters. »Das reicht!«, rief er hart und spürte jetzt

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