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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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wir?«
    »Unter der Erde, Chef«, grollte die tiefe Stimme eines Fjel.
    Ein Arm berührte seinen eigenen und bot ihm eine Stütze. Unsicher schwankend ergriff Speros ihn und hatte das Gefühl, als läge Fels unter der stoppeligen Haut. »Wo?«
    »Weiß nicht.«
    »Wo ist der Heerführer?«
    »Weiß nicht!«
    »Schon gut, sei still.« Speros kniff die Augen zusammen und bemühte sich um einen klaren Blick. Sie waren in einem riesenhaften Raum. Das erkannte er an der Art, wie ihre Stimmen widerhallten. Irgendwo tröpfelte Wasser. Tropfen für Tropfen, langsam und stetig, schwer wie ein fallender Stein. Der bloße Geruch weckte in ihm das quälende Verlangen, es zu schmecken. »Wie tief?«
    Er hörte das verlegene Scharren horniger Füße. »Tief«, bot schließlich einer der Fjel an.
    Dort war ein kleiner See. Wenn er die Augen sehr anstrengte, konnte er ihn erkennen. Ein kleiner See, tief unter der Erde. Und darüber – oh, so hoch darüber! – ein Stückchen Himmel. Das musste so sein, denn der tiefe See spiegelte einen kleinen blauen Fleck. Als er sich darüberbeugte, konnte er das schattenhafte Abbild seines eigenen Gesichts erkennen, bleich und mit geweiteten Augen. »Wasser«, murmelte er und tauchte die hohle Hand hinein.
    Das Wasser kräuselte sich nicht einmal. Als hätte er in einen Barren Blei gefasst, versank seine beschwerte Hand und riss ihn nach vorn. Er keuchte, seine Lippen drängten durch die Oberfläche dieses unnatürlichen Wassers, und er begriff, dass ihn der Tod an unerwarteter Stelle ereilte. Wie dumm, dachte er und versuchte erfolglos, sich wieder aus dem See zu ziehen.

    Ein Atemzug, und seine Lungen würden voll Wasser sein.
    Ein nasser Tod auf trockenem Land.
    Dann ein Ruck; eine raue, krallenbewehrte Hand fasste in sein Haar und riss seinen Kopf aus dem tödlichen See zurück. Er kam prustend wieder hoch, den Nacken verrenkt und den Mund schwer, benetzt von diesem seltsamen Wasser.
    »Vorsichtig, Anführer.«
    Es waren Gulnagel-Fjel, Flachlandbewohner, schnelle Läufer mit graubrauner Haut, schlanken Schenkeln und gelblichen Krallen. Sie konnten dem Rotwild nachsetzen und es, von Berg zu Berg springend, einholen, um es zu erlegen. Es waren vier, und sie sahen ihn an. Nachdem sie sein Leben gerettet hatten, erwarteten sie nun von ihm, dass er sie führte. Von den Geringeren Schöpfern hatten nur die Menschen und die Ellylon Haomanes Gabe erhalten, die Gabe des Denkens. Speros kauerte an dem kleinen See, wischte sich energisch die tauben Lippen und achtete vorsichtig darauf, dass kein Tropfen Wasser in seinen Mund rann. So durstig er auch sein mochte, er wagte es nicht darüber nachzudenken, was dieses Wasser in ihm anrichten mochte. Eins war sicher, er würde es nicht noch einmal anrühren.
    »Nun denn.« Er sah auf die blaue Spiegelung in dem See, reckte dann den Hals und kniff die Augen zusammen. Es schmerzte, in den Himmel zu blicken, obwohl nur ein kleines Stück zu sehen war. Der Schacht über ihm ragte in schwindelerregende Höhen auf, aber oben erwarteten sie der weite Himmel und die Freiheit. »Nach oben. Wir müssen nach oben.«
    Es war ein Gedanke, der einen verzweifeln lassen konnte, hier unten in den Tiefen der Erde. Zu seiner Überraschung grinste einer der Gulnagel und streckte seine Krallen aus.
    »Kein Problem, Anführer«, sagte er gut gelaunt. »Dann gehen wir nach oben.«
     
    Überall.
    Nirgendwo.
    Es war dunkel, dort, wo er war, und er war nicht tot. Zumindest glaubte er das nicht. In der Dunkelheit streckte Tanaros seine Finger
und Hände. Er hatte Hände, er fühlte sie. Die Finger seiner rechten Hand schlossen sich um etwas Hartes.
    Ein Schwertgriff, dachte er.
    Und ich bin verloren im Marasoumië.
    Was geschah mit Menschen, die hier verloren gingen? Manchmal spuckten die Bahnen sie wieder aus, an irgendeinem unbekannten Ort, tief unter der Erde. Manchmal aber auch nicht. Und dann starben sie natürlich.
    Es sei denn, sie waren unsterblich.
    Das hier war Malthus’ Schuld, mochte er mit demselben Schicksal geschlagen werden! In der Dunkelheit lächelte Tanaros bitter. Es war am Schluss sehr knapp gewesen. Er hatte gezögert, als er den Jungen sah. Das hätte er nicht tun sollen. Dadurch hatte der Gesandte Zeit gewonnen, einen kurzen Augenblick, der gereicht hatte, um die Kraft des Marasoumië zu beschwören und den Jungen und seinen Beschützer in die verschlungenen, gebogenen Bahnen zu schleudern, geschützt durch seinen Zauberspruch.
    Eine Schande war das. Aber

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