Elegie - Herr der Dunkelheit

Ellylon.
    »… Cerelinde!«
    »Sie werden durchhalten«, sagte Peldras düster. »Für die Hohe Frau der Ellylon werden sie durchhalten.«
    Ein Lachen oder vielleicht auch ein Schluchzen drang aus Carfax’ Kehle. Er wiegte sich im Sattel vor und zurück, presste sich die Handrücken gegen die Augen und war nicht in der Lage auszusprechen,
wie nutzlos das alles war. So viele waren hier versammelt, so viele starben! Und welchen Sinn hatte es? Keinen. Es war nichts weiter als ein nutzloses Bauernopfer. Die quälenden Schreie der Verwundeten und Sterbenden auf beiden Seiten des Schlachtfelds bohrten sich in seine Seele. In größter Qual beging Carfax von Stakkia seinen endgültigen Verrat. »Sie ist nicht hier«, stieß er hervor. »Sie ist gar nicht hier !«
    Der Ellyl ergriff seinen Unterarm und runzelte die Stirn. »Was sagst du da?«
    »Oh Haomane!«, rief Fianna. »Nein!«
    Zu spät, zu spät für alles. Hoch über ihnen faltete der Drache die Flügel zusammen und ließ sich fallen wie eine Sternschnuppe. Sein Maul öffnete sich weit und zeigte einen riesigen Schlund. Rauch quoll aus seinen Nüstern. Flache Schuppen bedeckten seine Brust, eine Nickhaut schützte seine Augen, und die vorderen Klauen waren ausgestreckt, jede Kralle wie ein eiserner Stachel, der auf die Erde zuschoss.
    Die vage Hoffnung, die Aracus Altorus in Haomanes Verbündeten geweckt haben mochte, sie war dahin.
    Vor Angst aufschreiend flohen die pelmaranischen Soldaten in großer Zahl, wie Blätter, die der Sturmwind vor sich hertreibt, und rissen die schlecht vorbereiteten mittländischen Truppen mit sich. Hier und da sammelten sich vedasianische Ritter und versuchten, sich bei ihren Standarten zu sammeln, und die Bogenschützen der Riverlorn hielten ihre Linien aufrecht.
    Aber es war die Grenzwacht von Curonan, die inmitten des Durcheinanders standhaft blieb.
    Im letzten Augenblick klappten die Flügel des Drachen wieder auf, und die Flughäute breiteten sich wie Segel aus, um den Sturzflug abzubremsen. Pfeile und Speere prallten von der undurchdringlichen Haut ab. Sein Kopf schoss vor wie der einer riesenhaften Schlange, Feuer quoll aus seinem offenen Maul, als er auf das Feld herabstieß und eine Schneise in Haomanes Verbündete pflügte, ohne dabei auf Nationen oder Geschlechter zu achten. Überall zitterten und heulten Menschen und Ellylon, verkrochen sich unter ihren Schilden, starben
schreiend und verkohlt. Die Klauen des Drachen öffneten sich und griffen zu, und Körper zuckten im Griff seiner schimmernden Krallen, als er wieder aufstieg, zuckten und stürzten hinab wie leblose Puppen, als sich die Krallen wieder öffneten.
    Irgendwo auf dem Feld rief Aracus Altorus seine Befehle, und die überlebenden Grenzwächter antworteten ihm mit grimmiger Entschlossenheit und scharten sich eng um ihn. Im Rauch und Chaos, das der Drache hinterließ, schwärmten die Beschtanager aus und rückten vor, bedrängten die weit auseinanderlaufenden Flanken der Angreifer und trieben sie mit verzweifelter Kraft zur Mitte des Schlachtfeldes.
    Sie waren nur wenige, aber den Grenzwächtern waren sie doch zahlenmäßig überlegen.
    Eine einsame Gestalt trat unter der fahlgrauen Standarte vor, um sich dem Ansturm zu stellen.
    »Blaise!« Ohne nachzudenken, trieb Fianna ihr Pferd an, lenkte es mit dem Druck ihrer Schenkel, während ihre Bogenschützenhände nach ihren Waffen griffen und sie zwischen den unberittenen beschtanagischen Wachleuten über das Schlachtfeld preschte. Oronins Bogen war in ihrer Hand, und ihre Hand fasste über ihre Schulter. Licht drang aus ihrem Köcher, als sie einen Pfeil hervorzog, einen gewöhnlichen Pfeil, und ihn auf die Sehne legte. Der schwarze Hornbogen sang mit einem einzigen, tödlichen Ton, als sie den Pfeil davonschnellen ließ, und ein Wachmann stürzte zu Boden, die Hände dort auf die Brust gepresst, wo das Geschoss eingedrungen war. »Blaise!«
    »Fianna!« Carfax wollte ihr nacheilen, aber dann fühlte er die Hand des Ellyl auf seinem Unterarm. »Peldras, lass mich gehen«, sagte er und versuchte sich loszumachen. »Sie wird dort getötet werden, ohne Rüstung oder Schutz!«
    »Frieden, Kind Arahilas. Ich will nur die Wahrheit herausfinden.« Der Griff des Ellyl war sanft, aber erstaunlich fest. Sein tiefer Blick glitt prüfend über Carfax’ Gesicht. »Willst du sie mir vorenthalten, während hier umsonst gestorben wird?«
    Tief über dem Schlachtfeld kreiste der Drache und setzte erneut
zum Angriff an. Feuer