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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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flammte auf und Schmerzensschreie erklangen, der Lärm verriet Chaos und höchste Pein. Von irgendwoher drang immer wieder der einzelne Ton von Oronins Bogen. Am Rande des Geschehens stellte sich Carfax Peldras’ Blick. »Könntest du die Schlacht beenden, wenn ich es dir sagte?«
    »Ich weiß es nicht, Carfax von Stakkia.« Der Ellyl verzog keine Miene. »Ich fürchte, es könnte zu spät sein, um einen Waffenstillstand auszuhandeln. Aber wenn Frau Cerelinde nicht hier ist, dann will ich mein Bestes tun, diese Nachricht zu überbringen. Vielleicht können doch noch Leben gerettet werden, auch das von Fianna der Bogenschützin.«
    Es war zu spät, so oder so. Zu spät für alles.
    »Sie ist in Finsterflucht«, sagte Carfax schlicht. Mit diesen wenigen Worten befreite er sich von der lang ertragenen Last seiner Treue, und er wusste, dass er damit seinem Tod entgegensah. Doch letztlich war es eine Erleichterung, eine unaussprechliche Erleichterung. Er hätte mit seinen Männern sterben sollen. Er wünschte, dass es so gekommen wäre. Im Leben eines Eidbrüchigen war kein Platz für Ehre. Es würde gut sein, wenn es vorüber war. »Eure Frau Cerelinde ist in Finsterflucht. Sie war niemals hier. Es war ein Trick, nur ein Trick. Heerführer Tanaros sollte sein Heer durch die Bahnen führen und euch von hinten in den Rücken fallen. Irgendetwas ging dann schief. Was, weiß ich nicht.«
    Peldras nickte. »Danke.«
    »Kann ich jetzt gehen?« Der Ellyl nahm seine Hand vom Arm des Stakkianers und zog sein Schwert. Er ergriff es an der Klinge und hielt Carfax den Griff hin. »Nimm meine Waffe und meinen Segen. Mag Arahila die Schöne dir ihre Gnade erweisen, Carfax von Stakkia.«
    Carfax nahm das Schwert. Es lag gut in seiner Hand. Fest. Er hob es hoch. Die Klinge fühlte sich leicht an, die Schneide schimmerte kühn und silbrig hell, perfekt ausbalanciert. Ellylische Handwerkskunst. »Danke, Peldras.«
    Noch einmal nickte der Ellyl. »Leb wohl, mein Freund.«

     
    Auf dem Schlachtfeld herrschte das Chaos.
    Die pelmaranischen Truppen waren bis auf den letzten Mann geflohen. Sie waren als Letzte zum Bündnis gestoßen, und sie gaben als Erste auf. Carfax musste ihnen ausweichen, und die Hufe seines Pferdes klapperten über den Schotter am Fuße des Beschtanag. Hier und dort waren beschtanagische Soldaten den Pelmaranern auf den Fersen. Es war schwer, die einen von den anderen zu unterscheiden, denn sie waren beide in Lederrüstungen mit Stahlringen gekleidet, und ihre Farben gingen in den Rauchschwaden unter.
    Es war egal. Er war nicht hier, um den Krieg anderer auszufechten.
    Eine Rauchwolke hing über dem Schlachtfeld, die nach Brand und Schwefel roch, nach versengtem Fleisch und vergossenem Blut und nach dem unausweichlichen Gestank von im Todeskampf entleerten Gedärmen. Carfax achtete nicht darauf, er lenkte sein Pferd mit geübter Hand an den Toten und Sterbenden vorbei, an Fliehenden und Verfolgern, wich ihnen aus und dachte an andere Zeiten.
    Er hatte einmal ein Mädchen gehabt, in Stakkia. Mit den Blüten der Goldrute hatte er über ihre Haut gestreichelt und ihre Sommersprossen bestäubt. Und er hatte sich so vieles vorgestellt! Dass er als Held nach Hause zurückkehren würde, um seiner Mutter die Tränen zu trocknen, die sie geweint hatte, als er ging; um seinem Mädchen lächelnd in die Augen zu sehen, in ihr die erwachsene Frau zu entdecken und ihr den Blütenstaub der Erinnerung von der weichen Haut zu wischen.
    Blaise hatte ihn gefragt: Wieso lächelst du, Stakkianer?
    Um mich mit dem Tod anzufreunden.
    Der Rauch wurde dichter und brannte in seinen Augen. Er kniff sie zusammen und hielt stand.
    Fianna hatte ihn angelächelt, als er ihr Kiefernharz für ihren Bogen gebracht hatte. Für ihren arduanischen Bogen, aus gewöhnlichem Holz und sterblicher Sehne gefertigt. Nicht für diesen, geschnitzt aus schwarzem Horn und bespannt mit einer Sehne aus … ja, woraus? Aus den Haaren vom Kopfe Oronins des Letztgeborenen vielleicht, oder einer Sehne von der ersten Jagdbeute des Frohen
Jägers; einer Sehne, die nun den Schlachtruf eines Schöpfers ausstieß. Der Bogen hatte sich in ihren Händen gewunden, als sie gegen die Wehre kämpfte, und sich geweigert, die Kinder seines Schöpfers zu töten.
    Aber jetzt war es anders. Oronins Bogen sang in ihren Händen, sang und nannte seine Opfer, eines nach dem anderen. Sie hatte ihn angelächelt, und er … er hatte sich mit dem Tod angefreundet. Hier, am Ende, streckte sich

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