Elegie - Herr der Dunkelheit
klaffte weit auseinander und trennte Fürst Satoris von den Sechs Schöpfern. Dahinter lag ein Mahlstrom aus Dunkelheit und einem pulsierenden roten Licht, die Quelle des infernalischen Ziehens, das ihn wie ein Magnet zu sich rief.
Der Gottestöter, dachte Vorax, und sein Mund wurde trocken. Er hat ihn aus dem Brunnen genommen.
Die diensthabenden Fjel der Finsterflucht-Wacht salutierten, die Hände fest um die Griffe ihrer Streitäxte gelegt. Fjel sahen selten beunruhigt aus, aber bei diesen hier war das der Fall. »Fürst Vorax«, raunte ihm einer der beiden zu, und die tiefliegenden Augen schimmerten im Licht des Feuermarks. »Seid wachsam. Er ist erzürnt.«
»Ich weiß.« Vorax wischte sich über die schweißnasse, blasenbedeckte Stirn und seufzte. »Danke, Jungs«, sagte er und trat über die Schwelle. Innen entzündeten sich sofort Fackeln mit Feuermark. Er kniff die Augen gegen die blauweiße Helligkeit zusammen, und der Schatten seines eigenen Körpers lauerte in den Ecken des Saales. Schöne Arahila, dachte er, man sagt, du seiest voller Gnade, selbst der Fürst hat das bestätigt. Was würde ich jetzt nicht für all das geben, was ich sonst für selbstverständlich hielt? Ein Mahl, das eines Königs würdig wäre, eines hungrigen Königs. Ein warmes Bad und ein süßes Mädel, das meine schmerzenden Schultern mit Öl massiert. Ist das zu viel verlangt? Das rote Licht des Gottestöters flackerte und unterbrach seine Gedanken. Schmerz ergriff seine Brust und ließ ihn auf die Knie sinken.
»Töte sie!« Die Stimme Fürst Satoris’ hallte wie der Donner, bis die Mauern knirschten und protestierend erzitterten. »Hast du verstanden? Ich gebe diesen Befehl. Töte sie! Töte sie ALLE!«
»Herr!« Vorax lag auf dem Teppich und keuchte. Seine Trommelfelle dehnten sich unter dem Druck, und sein Herz schlug so schnell, dass es seine Brust zu sprengen drohte. Ich bin zu alt für so etwas, dachte er, und zu dick. »Wie Ihr befehlt, es soll geschehen!«
Dann folgte Stille, und der Druck ließ nach. »Vorax. Meine Worte waren für einen anderen bestimmt. Tanaros Schwarzschwert lebt. Er hat sich aus dem Marasoumië befreit.«
»Das sind gute Nachrichten, Herr.« Dankbar mühte er sich wieder auf die Beine. Jetzt konnte er auch sehen. Der schwarze Teppich erstreckte sich vor ihm bis zu der Gestalt auf dem Thron, eingerahmt von Dunkelheit. Vorax setzte seine Füße in Bewegung. Es war gar nicht so schwer. Das, was ihm diesen Zwang auferlegte, lag in den
Händen seines Fürsten, eine Scherbe roten Lichts, das wie Lebensblut pulsierte. Es zog ihn nach vorn wie ein Haken, der in sein Herz geschlagen worden war, und er setzte einen Fuß vor den anderen, bis er vor dem Thron stand und Satoris’ Gesicht ansah, das hinter der schmerzenden Leere des Schattenhelms verborgen blieb. »Ihr habt mich gerufen?«
»Mein Stakkianer.« Der Schöpfer neigte den Kopf. »Ja. Wir haben Nachricht über einige … Geschehnisse erhalten.«
»Jawohl, mein Fürst.« Es war heiß im Thronsaal, verflucht heiß. Die Nachricht von Tanaros’ Schicksal war eine gute. Die anderen würden sicher nicht gut sein. Vorax sah den Dolch auf den Handflächen des Schöpfers pulsieren, wo er wie eine Opfergabe lag. Der Schlag seines eigenen vernarbten Herzens entsprach seinem Rhythmus. »Welche Geschehnisse?«
Die Scherbe flackerte in Satoris’ Händen auf. »Einer der Ältesten ist gefallen.«
Vorax schluckte schwer. »Der Drache von Beschtanag?«
»Ja.« Durch die Augenschlitze des Schattenhelms starrte ihn der Schöpfer an, ohne mit der Wimper zu zucken. »Sein Name war Calandor, und er war schon alt, als ich auf der Erde zu wandeln begann; der Älteste von allen, von einem abgesehen. Er war mein Freund vor vielen Zeitaltern.«
Das war eine wirklich schlimme Nachricht. Die Ellylon hatten in alter Zeit Drachen erschlagen, aber niemals einen der Urältesten, einen Ältesten. Nur im Krieg der Schöpfer war so etwas geschehen. Unter dem hohläugigen Blick des Helms musste Vorax die Augen abwenden. »Wie kam es dazu?«
Fürst Satoris lachte freudlos. »Mit dem Pfeil des Feuers.«
In der sengenden Hitze des Thronsaals wurde Vorax’ Haut kalt und klamm. Haomanes Prophezeiung hallte wie eine Litanei in seinem Schädel wider. »Sie haben es geschafft«, sagte er und zwang die Worte an dem Kloß aus Angst vorbei, der in seiner Kehle steckte. »Sie haben die verlorene Waffe gefunden.«
»Ja.« Der Schöpfer betrachtete den Dolch in seinen Händen. Die
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