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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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blähte die Nüstern und schnaubte sanft zurück.
    »Du musst nicht lange mit ihm gehen«, sagte Tanaros in der Gemeinsamen Sprache und legte die Hand auf das glänzende Fell des Hengstes. Es war kühl. »Er hatte seit dem Kampf seine Ruhe.«
    Der Irrling deutete eine zweite Verbeugung an und seine Augen glänzten wissend.
    Was hat er wohl gehört, fragte sich Tanaros, und was hat er verstanden? Das wusste man bei den Findelkindern des Traumspinners nie. Dieser hier verstand die Gemeinsame Sprache, dessen war er sicher. Die meisten taten das. Einige aber auch nicht. Der Irrling führte sein Ross davon und raunte ihm immer noch etwas zu; der Hengst beugte den Kopf, als ob er zuhörte, und sein glänzendes schwarzes Fell schimmerte im Licht der aufgehenden Sterne. Dieser hier, dachte Tanaros, liebt Pferde. So viel wusste er, mehr aber auch nicht. Nur Uschahin, der durch ihre Träume wanderte, kannte sie alle.
    Mit steifen Fingern löste Tanaros die Riemen seines Helms und ging zum Hintereingang der Burg hinüber.
    »Heerführer Tanaros!« Die zwei diensthabenden Fjeltrolle grüßten aufmerksam und klopften mit dem Schaft ihrer Speere auf die Marmortreppe. »Wir haben gehört, dass die Übung gut verlaufen
ist«, setzte der eine hinzu. »Nur schade, dass die Finsterfluchter Wacht nicht mit dabei war, was?«
    Tanaros klemmte sich den Helm unter den Arm und musste angesichts des kleinen Schachzugs lächeln. »Ich mache euch dasselbe Angebot wie Vorax, Jungs. Ein Maß Svartblod für alle, die Dienst hatten, und sorgt dafür, dass die Posten auf der Wehrmauer auch etwas bekommen; jeder Wachposten einen vollen Lederschlauch. Dem Quartiermeister könnt ihr sagen, dies sei mein Befehl.«
    Die beiden Wächter brüllten begeistert und traten beiseite, um ihn passieren zu lassen. In gewisser Hinsicht waren die Fjel wie Kinder, schlicht und leicht glücklich zu machen. Sie gaben ihre Treue, und diese Treue wurde belohnt. Mehr konnte man nicht verlangen, und mehr brauchte es auch nicht.
    Und was sonst sollte es auch noch geben, dachte Tanaros, als er weiter ins Innere von Finsterflucht vordrang. Er fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar, das unter dem gepolsterten Helm verschwitzt war. Auch er hatte einst seine Treue dem gegeben, der sie verlangte. Er hatte sie Roscus Altorus gegeben, seinem durch Blutsschwur verbundenen Kameraden, dem Lehnsherrn mit dem rotgoldenen Haar, dem freundlichen Grinsen und der ausgestreckten Hand.
    Und auch Calista hatte er sie gegeben, seiner Frau, deren Kehle weiß gewesen war wie die eines Schwans, der am Ende die Rehaugen aus dem Gesicht hervorgetreten waren und die ihn bekniet hatte: Vergib mir, Liebster, vergib mir!
    Wachsame Irrlinge huschten durch die Flure, stoben auseinander, wenn er sich näherte, und glitten, wenn er vorüber war, wieder aufeinander zu. Tanaros, in Erinnerungen versunken, schwenkte den Helm an seinem Lederriemen hin und her und beachtete sie nicht. In den großen Küchen Finsterfluchts wurde gekocht, und verlockende Gerüche zogen durch die Flure. Auch sie beachtete er nicht. Das Essen war für die Lager bestimmt, in die man zahllose Platten mit Hammelfleisch in großen, grauen Stücken bringen würde. Was Fürst Vorax sich in seinen eigenen Gemächern auftragen ließ, das konnte man nur vermuten. Tanaros war es egal.

    Die Fjeltrolle sind einander ein Leben lang treu, hatte Hyrgolf ihm einmal gesagt. Immer.
    Darüber dachte er manchmal nach.
    »Heerführer, Herr Heerführer!«
    Eine Irrlingsfrau, mutiger als die anderen, näherte sich ihm vor der Tür zu seinem Gemach. Struppiges Haar fiel ihr ins Gesicht, und dort, wo die vor Arbeit rot gescheuerten Hände es wegschoben, blickte ein hin und her huschendes Auge hervor.
    »Ja, Meara?« Tanaros kannte sie und sprach daher besonders sanft.
    Sie zuckte dennoch zurück und spannte dann jeden Muskel ihres Körpers an. »Heerführer«, fragte sie dann voller Befriedigung, »werdet Ihr heute zu Abend essen? Es gibt Hammelfleisch und Wurzeln, und Fürst Vorax hat nach Wein aus Pelmar geschickt.«
    Die Irrlinge hinter ihr seufzten und beneideten sie um ihre Kühnheit.
    »Das wäre sehr schön«, sagte er und neigte den Kopf. »Ich danke dir.«
    »Wurzeln!«, rief einer der Irrlinge, ein großer, breiter Kerl mit unschuldigen Kinderaugen, die aus einem schlichten Männergesicht herausschauten, und er sprang in die Höhe. »Wurzeln!«
    Meara verzog den Mund zu einem gekünstelten Lächeln und warf ihr verfilztes Haar zurück.

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