Elegie - Herr der Dunkelheit
Erste seit über tausend Jahren, der das uralte Misstrauen gegen die Familie Caveros abgelegt hatte, und Blaise war bereit, sein Leben lang für die Verfehlung seines Vorfahren zu sühnen. An seiner entschlossenen, leidenschaftlichen Treue bestand kein Zweifel, und Aracus hätte nie auf ihn verzichtet, wenn nicht beunruhigende Entwicklungen seine Anwesenheit an anderer Stelle erfordert hätten.
»Welche Pläne schmiedet Malthus?«, fragte sie.
»Cerelinde.« Aracus beugte sich zu ihr hinüber und berührte ihren Arm. »Es ist noch nichts sicher, und vieles liegt noch im Dunkeln. Ich bitte dich, stelle mir keine Fragen, die ich nicht beantworten kann. Malthus hat mich gebeten, über seinen Entschluss zu schweigen, bis wir verheiratet sind.«
»Sogar mir gegenüber?« Zorn stieg in ihr auf. »Bin ich nicht die Hohe Frau der Ellylon? Glaubt der weise Gesandte, ich sei seines Vertrauens nicht würdig?«
»Nein«, antwortete nun auch Blaise, der den Kopf schüttelte. »Hohe Frau, ich weiß nicht, wohin ich bestellt werde, und auch Aracus weiß es nicht. Es ist Malthus, der uns darum bittet, dass wir ihm vertrauen.«
»Malthus«, seufzte Cerelinde. »Haomanes Waffe hält seine Beschlüsse gern zurück, vielleicht zu sehr. Haomanes Kinder werden nicht gern in Unwissenheit gelassen.«
»Es ist nur für kurze Zeit, Hohe Frau. Malthus weiß, was er tut.« Aracus sah sie an. Seine Augen waren blau wie der Sturm, offen und ehrlich, und erfüllt von der Leidenschaft, mit der er glaubte und vertraute. »Willst du dich dem nicht fügen?«
Cerelinde dachte an all das, was sie aufs Spiel setzten, und an das Leid, das ihnen beiden bevorstand. Die Zeit würde ihn von ihrer Seite reißen, sie jedoch unberührt lassen. Sie würden übergenug Leid
erfahren, und es bestand keine Veranlassung, jetzt noch mehr auf sie zu häufen, gleich am Anfang. Um des kurzen Glückes willen, das sie würden genießen können, war sie bereit, ihren Stolz zu vergessen.
»Dann sei es so«, sagte sie. »Ich werde mich fügen.«
Die Gebäude von Finsterflucht erstreckten sich über das gesamte Tal von Gorgantum.
Die Festung selbst ragte in seiner Mitte auf, schwarz und glänzend und von den Adern des Feuermarks durchzogen. Ihre hohen Mauern und makellosen Adern besaßen eine strenge Schönheit, die hier und da von einem unerwarteten Türmchen aufgelockert wurde, von einem versteckten Garten oder einem verzierten Giebel. Nach Westen hin erhob sich der Turm der Sternwarte, wo Satoris sich mit den Dreien getroffen hatte. Nach Osten hin erhob sich der Rabenturm, der selten benutzt wurde, aber wenn, dann stets höchst eindrucksvoll.
Dazwischen in der Tiefe lag die Brunnenkammer, und in ihr der Gottestöter. Hier wohnte Fürst Satoris.
Und noch weiter in der Tiefe lag die Quelle.
Von ihr wurde niemals gesprochen.
Tanaros war einmal dort gewesen, in der Brunnenkammer. Er war des Gottestöters ansichtig geworden, der wie ein Herz inmitten der blauweißen Flammen pulsierte. Niederkniedend und keuchend hatte er den Treueid geleistet, als Fürst Satoris in das Feuermark griff, den Gottestöter herausnahm, umdrehte, Tanaros mit dem Griff voran über dem Herzen berührte und mit jenem Dolch, jenem Soumasplitter sein sterbliches Fleisch versengte.
Was lag unter dem Brunnen?
Die Quelle.
Niemand sprach je von dem, was vielleicht einmal zum Verlöschen gebracht werden konnte.
Ausgehend von der Quelle breitete sich Finsterflucht wie eine Spirale bis zum Rande des Tales aus, eine Doppelspirale, deren zwei entgegengesetzte Pole die beiden Türme waren. An ihrem äußersten Rand wanden sich schwarze Mauern an den Bergen entlang, hier
und dort von Wachposten unterbrochen, deren Feuer als Lichtpunkte in der Dämmerung leuchteten. Dort im Osten, an jener Lücke, an der die Wachtürme die Verderbte Schlucht flankierten, brannten kleine, stetige Signalfeuer. Tanaros sah auf seinem Ritt zu ihnen hinüber und zählte sie durch, wie ein Kaufmann, der seine Münzen zusammenrechnet. Alles war so, wie es im Reich von Fürst Satoris sein sollte.
Innerhalb der Mauern der Fluchtburg angekommen, hielt Tanaros auf die Ställe zu und stieg ächzend ab. Er war im Sattel steif geworden, steif im Dienste seines Herrn. Ein junger Stallbursche nahm den Hengst mit flinken Bewegungen, und seine Augen leuchteten unter dem dichten Stirnhaar hervor. Einer von Uschahins Irrlingen. Der Junge verbeugte sich ungelenk und raunte dem Hengst etwas zu. Das Tier beugte seinen schönen Hals,
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