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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Flucht wandte und das Haar der Hohen Frau Cerelinde wie Maisfäden über seine Schenkel gefallen war. Die Graufrau der Wehre war an jenem Tag gefallen und hatte ihr Leben für eine größere Sache hingegeben.
    »Ah.«
    Uschahins Worte kamen ihm wieder in Erinnerung. Weißt du, Vetter, dass meine Graufrau dir eine Gabe verliehen hat? Du wirst es gewahr werden, bevor alles zu Ende ist.
    »Ja, Vetter«, flüsterte Tanaros. »Ich bin es gewahr geworden.« Und er strich über die Federn des Raben, bis Bring sich neben seinen Hals hockte und er sich an den Jungvogel mit dem gebrochenen Flügel erinnerte, den er aufgezogen hatte, an die Unordnung, die er in seinen Gemächern anrichtete, an die kleinen, schimmernden Dinge, die verschwunden waren. Dennoch hatte er bisher nie die Gedanken des Raben lesen können. Eine kleine Gabe, aber sie rettete Leben. Auf seiner Schulter gurrte Bring schläfrig. Tanaros ballte die Faust, drückte sie nach der alten Tradition an sein Herz und salutierte der Graufrau Sorasch. »Danke«, sagte er laut. »Danke, alte Mutter.«
    Rache. Treue. Opfer.
    Das waren die Magneten, auf die seine Existenz ausgerichtet war, und wenn es auch nicht die Antwort war, die er gesucht hatte, so war es doch Antwort genug. Er schob die Gedanken weg, die ihn quälten, und ging langsamen Schrittes zu den Durstlöschern zurück, den Raben zusammengekauert auf seiner Schulter.
    Es waren nicht genug Steine, um eine Grabkammer zu errichten, daher gruben die Fjel. Schatten sammelten sich in der Öffnung des Grabes. Die Gulnagel, dunkle Gestalten im Sternenlicht, sahen auf, als er sich dem Lager näherte, während sie weiterhin unaufhörlich gruben. Tanaros nickte ihnen anerkennend zu. Worte waren unnötig; er kannte ihre Bräuche.
    Der schwankende Umriss von Speros von Haimhault mühte sich ebenfalls an ihrer Seite ab. »Heerführer«, keuchte er und richtete sich auf, als Tanaros auf ihn zukam.

    »Speros.« Er sah in die fieberhellen Augen in dem ausgemergelten Gesicht und betrachtete die zitternden Hände mit ihren dreckigen, abgebrochenen Fingernägeln. »Das reicht jetzt. Du musst dich ausruhen.«
    Der Mittländer hielt sich trotzig schwankend auf den Beinen. »Sie auch. Und er ist gestorben, während er mich trug.«
    »Ja.« Tanaros seufzte. Der Rabe rührte sich und breitete die Flügel aus, um sich von seinem Sitzplatz zum nächsten Durstlöscher zu schwingen. »Ja, das tat er.« Dann sah er sich um und entdeckte zwischen den Überresten seiner Rüstung den Helm. Er würde nicht nur Wasser fassen, sondern auch Sand, und den Toten ebenso dienen wie den Lebenden. Einer der Gulnagel schnaufte und rückte zur Seite, um ihm Platz zu machen. »Dann los, Jungs«, sagte Tanaros und schaufelte an dem Grab, füllte den Helm und warf eine Ladung Sand über seine Schulter. »Lasst uns den armen Freg zur Ruhe betten.«
    Seite an Seite schufteten sie unter Arahilas Sternen, Menschen und Fjel.
     
    Es war an den Grenzen Pelmars, einen halben Tagesritt von Kranac entfernt, dass Wehre gesichtet wurden. Bis dahin war ihre Reise ohne besondere Ereignisse verlaufen.
    Obwohl sie sich in der Nähe einer der größeren Städte befanden, war der Wald hier kaum weniger dicht, aber die berittene Vorhut bewegte sich mit großer Geschwindigkeit, seit sie Martineks Fußtruppen hinter sich gelassen hatte, und schlängelte sich in einreihiger Kolonne zwischen den Bäumen hindurch. Hätte Lilias sie nicht so sehr verabscheut, wäre sie angesichts der Waldtauglichkeit der Grenzwächter beeindruckt gewesen. Sie mochten die freie Ebene gewohnt sein, aber sie fanden sich unter Bäumen bestens zurecht. Die Ellylon waren natürlich überall zu Hause, Haomanes Kinder, dazu geschaffen, über die anderen Geringeren Schöpfer zu herrschen. Obwohl sie ihn als kommenden König des Westens und demnächst auch als Verwandten anerkannten, behandelte sogar Aracus Altorus sie mit gewissem Respekt. Stets war eine gewisse Andersartigkeit an ihnen. Schmutz, der sich in die Kleider und in die Haut der Menschen
fraß, schien sie nicht zu berühren. Der Glanz ihrer Rüstungen ließ niemals nach, und stets war eine dienstbare Brise um sie, die ihre Standarten aufrichtete und die zarten Muster darauf entrollte. Unter dem Befehl von Lorenlasse von Valmaré ritten die Riverlorn unermüdlich voran, saßen leicht im Sattel, in schimmernde Rüstungen gehüllt, führten ihre Reittiere mit sanfter Berührung und sahen sich mit hell leuchtenden Augen um, als ob sie die Welt

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