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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Vorax achselzuckend. »Vielleicht ist die Zeit dafür reif. Damit wären viele Probleme gelöst.«
    Die Worte kamen aus seinem Mund, bevor er wusste, dass er sie aussprechen wollte. In der kurzen, schockierten Stille, die folgte, wusste er, dass es ein Fehler gewesen war. Bestimmte Dinge konnte man vielleicht denken, aber sie sollten besser nie ausgesprochen werden, noch nicht einmal von einem der Drei.
    »Was?« Fürst Satoris hob den Kopf, und er schien in der siedend heißen Kammer an Höhe und Massigkeit zu gewinnen. Er machte einen Schritt nach vorn und ballte die Fäuste. Die Fliesen erbebten unter seinen Füßen. Über ihnen knarrten die dicken Dachbalken. Schatten ringelten sich um Satoris’ Schultern, und rote Wut erhellte seine Augen. »Was?«
    »Herr!« Vorax wich immer weiter zurück und hob seine behandschuhten Hände, halb bittend, halb beschwichtigend. »Vergebt mir! Ich dachte an uns, an uns alle … an Euch, Herr! Wenn der Gottestöter
zerstört wäre, wenn man ihn in harmlose Stücke zerschlüge … nun, dann wäre er doch keine Bedrohung mehr, und die Prophezeiung könnte nicht mehr erfüllt werden!«
    »Glaubst du das?« Der Schöpfer kam näher, einen donnernden Schritt nach dem anderen.
    »Ich, nein … ja, Herr!« Vorax spürte, wie seine Ferse gegen eine Stufe der Wendeltreppe stieß. Rückwärts trat er erst eine, dann noch eine und noch eine hinauf. Er schwitzte in seiner Rüstung, und der Schweiß rann ihm in kleinen Bächen den Körper hinunter. »Es könnte doch wie bei den Soumanië sein!«, hauchte er und klammerte sich an der Idee fest. »Ein Stück für jeden von uns, für jeden der Drei, und dann könnten wir sie zu Eurer Verteidigung einsetzen, und der größte wäre natürlich für Euch! Wir hätten mehr als sie, aber keinen Dolch, kein Stück mehr, das groß genug wäre, um, um …« Er verstummte, als Fürst Satoris das Ende der Treppe erreichte, sich vorbeugte und seine riesenhaften Hände auf beiden Seiten abstützte. Sein dunkles Gesicht war mit dem von Vorax auf gleicher Höhe, und seine Augen glühten wie Kohlen. Der Gestank seines Blutes hing schwer in der stickigen Luft.
    »Um einen Schöpfer zu ermorden«, vollendete Fürst Satoris den Satz. »Ist es das? Nur Stücke, zerbrochene Stücke der Souma. Ist es das, was du vorschlägst, mein Stakkianer?«
    »Ja!« Vorax lachte beinahe vor Erleichterung und wischte sich die Stirn. »Ja, mein Fürst.«
    »Narr!«
    Für einen langen Moment blickten die Augen des Fürsten in die seinen und prüften seine Treue auf ihre Größe und Tiefe. Ein Schwall Hitze ging von seinem Körper aus, als ob der Zorn Haomanes ihn immer noch versengte. Vorax kam es vor wie eine Ewigkeit, bis der Schöpfer sich abwandte und wieder zur Fontäne zurückschritt. Er ließ sich auf die Wendeltreppe sinken, schweißnass und erschöpft.
    »Es ist der Gottestöter, der meinen Älteren Bruder in Schach hält«, sagte Satoris, ohne ihn anzusehen. »Hast du das nie begriffen, Stakkianer? Gerade weil er in der Lage ist, einen Schöpfer zu ermorden. Das, was mich verletzlich macht, ist der Schild, der ganz Finsterflucht
beschützt. Ohne ihn hätte Haomane es gar nicht nötig, mit dieser Prophezeiung zu arbeiten und sterbliche Hände als Waffe zu verwenden.« Seine Stimme nahm einen grimmigen Ton an. »Glaubst du, die Kluft, die unsere Welt spaltet, ist so groß? Sie ist gar nichts. Der Gedankenfürst könnte Torath verlassen und sie binnen eines Augenblicks überwinden, um mitsamt all meinen Geschwistern den Boden Urulats zu betreten. Aber das wird er nicht«, setzte er hinzu und streckte eine geöffnete Hand in die Fontäne, um sie von den blauweißen Flammen des Feuermarks liebkosen zu lassen. »Und sie auch nicht, solange ich das hier in meinem Besitz habe.«
    Seine Hand schloss sich um den Griff des Gottestöters. Vorax’ Herz zog sich innerhalb des Brandmals zusammen und ließ eine Welle ekstatischen Schmerzes durch seinen Körper fahren. Auf halber Höhe der Wendeltreppe fiel er schwer auf ein Knie und fühlte den Aufschlag durch die Rüstung hindurch. »Ja, Herr«, sagte er dumpf. »Ich bin ein Narr.«
    »Ja«, murmelte Satoris und betrachtete den Dolch. »Aber ein treuer, jedenfalls soweit ich das beurteilen kann.« Er ließ den Griff wieder los; der Splitter blieb in der Fontäne. »Ach, Haomane!«, grübelte er. »Würde ich dich töten, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte? Oder würde ich versuchen, über Frieden zu verhandeln, während ich dir

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