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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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den Dolch an die Kehle hielte? Es ist so lange her, so lange. Ich kenne mich selbst nicht mehr.« Dann erinnerte er sich an Vorax und sah über seine Schulter. »Hebe dich hinweg«, sagte er. »Ich werde bald wieder mit dir sprechen, mein Stakkianer. Wenn meine Drei wieder vereint sein werden.«
    »Jawohl, Herr.« Vorax kam unter Schwierigkeiten wieder auf die Beine und verneigte sich. »Ich werde warten, bis Ihr mich ruft.« Es kam keine Antwort. Vorax schnaufte vor Erleichterung und wandte sich um, dann stapfte er die Wendeltreppe hinauf. Er stützte sich mit einer behandschuhten Hand an der schimmernden schwarzen Wand ab, bis er die dreiteilige Tür oben an der Treppe erreicht hatte.
    Welchen Weg sollte er nun einschlagen? Der Stakkianer zögerte. Die Tür zur Rechten war seine Tür, die durch die verborgenen Gänge von Finsterflucht zu seinen eigenen Gemächern führte. Er dachte
sehnsuchtsvoll daran, an ihre reichhaltige Ausstattung, an Beutestücke, die er über die Jahrhunderte hatte ansammeln können. Dort gab es alles, jede Art von Luxus, wie er ihn liebte.
    Nein. Es war zu früh. Er stank nach Angst und war unter seiner Rüstung schweißnass, und diesen Geruch wollte er nicht in seine Gemächer tragen. Das war ein böser Patzer gewesen, dort unten in der Kammer. Er musste andere Wege einschlagen, um seine Gedanken wieder zu klären und sich abzukühlen.
    Dann war da die mittlere Tür. Tanaros’ Tür.
    Nein. Er wollte Tanaros Schwarzschwerts Fjelwachen nicht in die Arme laufen und sehen, wie sich ihre Nüstern angesichts seines Geruchs weiteten. Nicht jetzt.
    Vorax legte eine Hand auf die linke Tür, Uschahins Tür. Das Feuermark darin, das an seiner Berührung erkannte, dass einer der Drei Einlass begehrte, leuchtete auf. Die Tür schwang auf, und kaum dass er hindurchgeschritten war, schloss sie sich und versiegelte sich.
    Die Luft war hier wesentlich kühler, und er atmete sie dankbar ein, während er darauf wartete, dass sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Nur ein Hauch von Feuermark beleuchtete den Weg; die Adern waren hier tief im Stein vergraben. Geräusche erfüllten die dunklen Flure; Uschahins Irrlinge, die raschelten, plapperten, hin und her eilten. Vorax lächelte und hielt auf diese Geräusche zu.
    Das Volk des Traumspinners verstand Angst. Sie würden verzeihen.
    Wie viele Jahre war es her, seit er zum letzten Mal Uschahins Gänge betreten hatte? Er konnte sich nicht erinnern. Zehn? Eher fünfzig oder sogar hundert. Es hatte dafür keinen Grund gegeben, während der langen Friedensjahre – oder der Jahre des Waffenstillstands, die als Frieden durchgingen. Während Haomanes Verbündete vor sich hin schmollten und Fürst Satoris nicht weiter belästigten, hielten sich die Drei an ihre eigenen Wege, um Finsterfluchts Angelegenheiten zu bestellen. Vorax humpelte auf seinem verletzten Knie und zählte seine Schritte, eine Hand an den Schwertgriff gelegt. Nach hundert Schritten gabelte sich der Gang. Er hielt inne, lauschte und nahm dann den rechten Weg.

    Er gabelte sich wieder und wieder.
    Vorax folgte den Stimmen.
    Zwar waren es die Fjel gewesen, die Finsterflucht nach dem Entwurf des Fürsten erbaut hatten, aber diese Gänge hier waren nicht auf die Größe der Fjel zugeschnitten. Sie lagen hinter den Mauern und waren das Revier der Ratten und der huschenden Irrlinge. Ratten hatte Vorax erwartet. Er war jedoch überrascht von dem Fortschritt, den Uschahins Irrlinge gemacht hatten: Sie hatten Durchbrüche im Mauerwerk erweitert, um Verbindungen zwischen Gängen zu schaffen, die nicht vorgesehen gewesen waren, und sie hatten Ein-und Ausgänge gebaut, die es nicht hätte geben dürfen. Davon ging natürlich keine Gefahr für den Fürsten aus, denn kein Irrling hätte es gewagt, die dreiteilige Tür zu berühren und Satoris’ Zorn herauszufordern. Dennoch spürte Vorax Unruhe, als er sah, wie sehr sie die Festung untertunnelt hatten. Er fragte sich, ob Uschahin davon wusste.
    Einmal kam er an einem der Durchgänge plötzlich an einen tiefen Abgrund, und er musste sich an dessen Rand auf den Absätzen entlangmanövrieren, beide Hände ausgestreckt, um sich an den dunkel geäderten Mauern voranzutasten. Als er es geschafft hatte, hielt er inne, um seine angespannten Nerven zu beruhigen, und sah an seinen Stiefelspitzen vorbei nach unten. Eine Säule trockener Hitze stieg auf.
    Der Abgrund war tief, sehr tief, tiefer als ein Minenschacht. Irgendwo weit unten war ein flackerndes Licht von

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