Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
Vom Netzwerk:
der Letztgeborene verwundet hatte, bevor die Welt gespalten wurde, und die Finsternis im Innern des Helms war die Finsternis in seinem Herzen.
    Einst war der Helm Haomanes Waffe gewesen. Aber das war vorbei.
    Tanaros erhob sich. Vor ihm formierten sich die Geister des
Hauses Numireth zu einer Linie. Stille Krieger auf stillen Pferden. In der schattenhaften Sicht, die der Helm gewährte, hatten sie feste Gestalt angenommen, und er sah nun statt der Flammen bitteres Leid in ihren Augen und entdeckte die tödlichen Wunden auf ihrem alterslosen Fleisch.
    Auf der Ebene und überall in der Stadt fanden andere Kämpfe statt. Im Westen flohen die überlebenden Stakkianer in größtem Entsetzen, und nicht einmal die Pferde von Finsterflucht waren schneller als die Geister. Auf einem verlassenen Platz, auf dem einmal ein Springbrunnen gestanden hatte, kämpften Hyrgolfs Fjel gegen Schatten, und ihre gutturalen Schreie klangen heiser vor Erschöpfung und Angst. Hier und dort auf den Straßen lieferten sich die Kaldjager-Fjel Kämpfe mit den Toten.
    Und im Süden stob eine einzelne Reiterin wild und unverfolgt über das Land.
    »Numireth.« Tanaros blickte fest durch die Augenschlitze des Helms der Schatten. »Im Namen von Satoris dem Schöpfer erhebe ich Anspruch auf diese Stadt. Dieser Streit ist älter als Euer Verlust, und Eure Schatten haben keine Macht auf Urulat. Hebt Euch von dannen.«
    Der Fürst von Cuilos Tuillenrad, der Stadt des Hohen Grases, grinste dem düsteren Gesichtsfeld des Helms entgegen, hielt eine Hand hoch, wandte sich ab, und seine Gestalt verblasste, als er weiterritt. Einer nach dem anderen seiner Geisterschar folgte ihm; sie wurden undeutlicher und verschwanden schließlich ganz.
    »Gut gemacht.« Schwer atmend kam Uschahin wieder auf die Beine, den Mund vor Selbstkritik verzogen. »Ich muss mich entschuldigen, Schwarzschwert. Ich bin in den Träumen der Lebenden gewandert. Noch nie sind die Toten in die meinen eingezogen. Es war … schmerzhaft.«
    »Das spielt keine Rolle.« Tanaros setzte den Helm ab und blinzelte gegen die plötzliche Helligkeit. Der pulsierende Schmerz in seinen Lenden wich einem leichten Ziehen. »Kannst du ihr Pferd zurückrufen? Ich habe dazu nicht die Fähigkeiten.«
    »Ja.« Uschahin setzte sich den Schattenhelm erneut auf, sah nach
Süden und sandte den Peitschenhieb eines Gedankens in diese Richtung. In weiter Entfernung bäumte sich die kleine, nur schwach erkennbare Pferdegestalt auf. Es gab einen Willenskampf zwischen Pferd und Reiter, aber er währte nur kurz. Die Pferde von Finsterflucht hatten einen starken Willen. Dieses hier wandte sich in einem weiten Bogen um und galoppierte zurück in die verfallene Stadt, seine Reiterin noch auf dem Rücken.
    Tanaros sah lange genug zu, bis er sicher sein konnte, dass Cerelinde nicht aus dem Sattel sprang, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder seiner Truppe zu. Im Westen hatten sich die Stakkianer neu formiert und kehrten beschämt ob ihrer Flucht zurück. Allein oder zu zweit humpelten auch die Kaldjager-Fjel durch die Straßen, aufgebracht nach der falschen Jagd. Aber Hyrgolfs Fjeltrolle … oh nein!
    Sie kamen langsam heran und stützten dabei einen aus ihrer Mitte mit ungewöhnlicher Vorsicht.
    »Heerführer Tanaros.« Hyrgolfs Gruß klang ernst. »Mit großem Bedauern muss ich berichten …«
    »Jei morderran!« Es war ein junger Tungskulder-Fjel, einer der neuen Rekruten, der sich nun auf die gesprungenen Marmorsteine warf und seine blutbeschmierte Axt mit beiden Händen hochhielt. »Gojdta mahk åxrekke …«
    »Marschall!«, unterbrach Tanaros den Jungen. »Berichte.«
    »Jawohl, Heerführer.« Hyrgolf sah ihm in die Augen. »Bogvar ist verwundet. Ich glaube nicht, dass er durchkommen wird. Thorun bittet dich, als Sühne seine Axthand anzunehmen.«
    »Er bittet worum ? Nein, das ist nicht nötig.« Tanaros wandte sich dem verletzten Fjeltroll zu, den die vier Kameraden, die ihn gestützt hatten, nun sanft zu Boden sinken ließen. »Bogvar, kannst du mich hören?«
    »Heer…führer.« Bogvars ledrige Lippen teilten sich; sie waren blutbefleckt. Einer seiner Augenzähne war abgebrochen. Eine entsetzliche Wunde klaffte in seiner Brust; die Luft pfiff darin, als er nach Atem rang, und Blut blubberte und gurgelte, als er sprach. »Ihr … hattet … recht.« Die Klauen seiner linken Hand zogen sich
zusammen, und er zwang ein schreckliches Lächeln auf seine Lippen. »Ich hätte … meinen Schild höher halten

Weitere Kostenlose Bücher