Elegie - Herr der Dunkelheit
bezahlt, mit dem Leben einer, die ich liebte. Was weißt du von Güte und Mitleid? Dein Volk überließ mich dem Tod, da es sich für mich schämte, da ich eine Erinnerung an die dunklen Untiefen jener Gabe war, die man ihm vorenthalten hatte, Fürst Satoris’ Gabe, die Haomane verschmähte. Und nun verlangt er nach ihr, zu seinen eigenen Bedingungen. Glaubst du wirklich, deine Nachkommen wären so viel anders als ich? Ich wäre anders, wenn dein Volk mich gewollt hätte.
Auf einer hohen Bergspitze kauerte sich nun einer der Tordenstem-Fjel nieder. Als der Letzte der Reisenden die Weberkluft verließ, kündigte er sie an, füllte seine mächtigen Lungen bis zum Bersten mit Luft und stieß dann mit Donnerstimme die entsprechenden Worte hervor. Felsblöcke erbebten auf ihren steinernen Sockeln. Grußgebrüll erscholl von den Wachtürmen, und Tanaros ritt voran, um die Wächter zu grüßen und das Passwort zu nennen.
Das Verderbnistor stand offen für ihre siegreiche Heimkehr.
»Traumspinner.« Es war einer der Kaldjager, der gelbäugig auf die dunklen Flecken deutete, die um die Turmspitzen kreisten. »Die Raben sind unruhig.«
Siegesrufe ertönten von den Wachtürmen und Mauern, als sie Finsterflucht erreichten. Die Hohe Frau Cerelinde hielt das Kinn erhoben und zeigte nichts von dem Schrecken, der wohl durch ihre Adern strömte. Sie hatte Mut, das musste Uschahin ihr lassen. Tanaros hielt sich eng an ihrer Seite, offenbar hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, seinen Triumph auszukosten, und der Pflicht, seine Trophäe zu beschützen. Warum auch nicht? Hätte er den Mut dazu besessen, dann hätte Uschahin den Aberwitz an der Sache zu schätzen gewusst. Die Hohe Frau der Riverlorn hatte ihre Liebe einem Sohn des Altorus geschenkt, ebenso wie Tanaros’ Ehefrau vor langer Zeit. Es musste den mächtigen Heerführer hart ankommen.
Armer Tanaros.
Sie mussten etwas an sich haben, diese Altorussöhne, dass sie solche Leidenschaften weckten.
Diese Sache, die schließlich Teil der Prophezeiung war und die
Vereinigung von Menschen und Ellylon betraf, hätte Uschahin noch mehr interessiert, wenn die Raben von Finsterflucht nicht ihre Kreise gezogen hätten. Als der Beifallssturm auf sie herabregnete, hielt er den kleinen Koffer mit dem Schattenhelm fest an sich gepresst und wünschte sich nur einen ruhigen Ort, wo er seinen Verstand frei über ganz Urulat würde wandern lassen können.
Wenn ihnen der Sieg gehörte, wieso waren die Raben so unruhig?
»Das also ist es.« Lilias hielt den Spiegel in beiden Händen. Er war klein und fleckig und glänzte schwach im Schein der kleinen Fackelflammen, die das diffuse Licht des Morgengrauens verstärkten. Der Drache schätzte es nicht, wenn ein anderes Feuer als sein eigenes seine Höhle erhellte. »Dann tun wir es jetzt?«
»Esss issst an der Zeit, Liliasss.« Calandors Klauen zogen sich zusammen und fuhren durch Goldmünzen und juwelenbesetzte Kelche. Hoch über ihr schimmerten seine Augen wie Smaragde im Fackelschein. »Elterrionsss Enkeltochter issst in Finsterflucht angekommen.«
»Wie kannst du da so sicher sein?«
Die Smaragdaugen sahen sie an, ohne zu blinzeln. »Ich bin sicher.«
Vor der Öffnung zur Höhle standen eine Einheit von Gergons Wächtern und eine Gruppe ihrer persönlichen Bediensteten aneinandergedrängt und warteten. Das, was Lilias an diesem Morgen versuchen würde, würde sie sehr viel Kraft kosten, selbst mit der Unterstützung des Soumanië. Es war ellylische Zauberkunst, nicht für eine Menschentochter gedacht. »Wenn wir nur die Augen verwendeten, wenn wir ihnen länger zusehen würden, dann könnten wir vielleicht mehr über ihre Pläne erfahren.«
Calandor stieß Rauch aus, als er lachte. »Kannssst du die Worte von ihren Lippen lesen, kleine Schwessster? Ich nicht.«
»Ich weiß.« Lilias gab dem Spiegel mit dem Fingernagel einen kleinen, verärgerten Schubs. »Haergan der Meisterwerker hätte seiner Arbeit vielleicht lieber ein paar Ohren verleihen sollen statt Augen und einem Mund, das wäre nützlicher gewesen.«
»In der Tat.« Die Nickhaut wischte kurz über die Drachenaugen. »Vielleicht hätte ich ihn nicht aufgefressssen, wenn er nützlicher gewesen wäre.«
»Ich würde mich besser fühlen, wenn Fürst Satoris’ Köder schon in Beschtanag angekommen wäre.«
»Das geht mir genauso, kleine Schwesster.« Calandor klang bedauernd. »Aber esss issst rissskant, zu lange zu warten. Hättessst du esss gewünscht, wäre ich
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